Der Freistaat will künftig ein eigenes Modell bei der Berechnung der Grundsteuer anwenden. Bei den wohnungswirtschaftlichen Verbänden sorgt das geplante Gesetz jedoch für große Enttäuschung. Was kritisiert wird.
Am 13. November findet im Haushalts- und Finanzausschuss des Sächsischen Landtages eine Anhörung zum Gesetzentwurf zur Grundsteuerreform statt. Der Präsident des sächsischen Landesverbandes von Haus & Grund, der Leipziger Rechtsanwalt René Hobusch, wird in der Ausschusssitzung als Sachkundiger der Wohnungswirtschaft angehört werden. Vorab haben die wohnungswirtschaftlichen Verbände – BFW Landesverband Mitteldeutschland, Verband Wohneigentum Sachsen e.V., Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V., vdw Sachsen sowie Haus & Grund Sachsen – im Freistaat noch einmal Stellung zum Entwurf bezogen. Sie bemängeln vor allem, dass die Reform nur mit einem wertorientierten Modell umgesetzt werden soll.
„Versprechen einer Aufkommensneutralität nicht haltbar“
Wie die fünf Verbände in einer gemeinsamen Mitteilung darlegen, bleibe es trotz ihrer kritischen wie konstruktiven Hinweise bei der Vorlage, die im Sommer durch das Finanzministerium vorgestellt worden war. Die einzige Änderung gegenüber dem Scholz-Modell bestehe demnach in der Korrektur der Grundsteuermesszahl für das Wohnen. Alle anderen Probleme des durch Ende 2019 verabschiedeten Modells des Bundes kämen damit bei einer Umsetzung auch auf den Freistaat zu, heißt es.
Sachsens Wohnungswirtschaft sieht damit das Versprechen einer Aufkommensneutralität als nicht haltbar. Stichprobenartige Vergleichsrechnungen der „aktuellen Grundsteuerberechnung“ im Vergleich zum neuen Berechnungsmodell führen im Mietwohnungsbereich in Groß- und Mittelstädten zu einer drastischen Erhöhung der Grundsteuer, prognostizieren die Verbände. Bereits unter der Annahme, dass die Gemeinden ab 2025 ihre Hebesätze an das neue Modell anpassen, erwarte der Freistaat in seinen Modellrechnungen Steuererhöhungen vor allem bei selbstgenutztem Wohneigentum. Ob aber die Gemeinden angesichts wegbrechender Einnahmen aufgrund der Corona-Pandemie und steigender Ausgaben tatsächlich ihre Hebesätze korrigieren und so zur Aufkommensneutralität beitragen, sei ungewiss.
„Starre und fiktive“ Mietstufen angeprangert
Mit dem vorgelegten Modell, so ist in der Mitteilung weiter zu lesen, sei nach wie vor eine Anpassung der Wertansätze alle sieben Jahre erforderlich. Genau dies habe zur Verwerfung der alten Praxis durch das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr 2018 geführt, da die erforderliche Fortschreibung der Grundstückswerte nach dem alten Modell über Jahrzehnte nicht erfolgt ist. Wolle der Freistaat hieran nicht erneut scheitern, sei ein regelmäßig wiederkehrender bürokratischer Aufwand und eine erstmalige Neuerhebung für rund zwei Millionen Grundstücke im Freistaat erforderlich, so die Verbände. Zugleich herrsche ihrer Ansicht nach bei den Bürgern Unsicherheit darüber, ob und wann veränderte Besteuerungsgrundlagen angezeigt werden müssen, damit sie sich selbst nicht strafbar machen.
Darüber hinaus üben die fünf Verbände Kritik an den angeblich starren und fiktiven Mietstufen, die Teil des künftigen Berechnungsmodells seien. Sie würden zu einem ungleichen Proporz zwischen tatsächlichen und angenommenen Mieten führen. Hier werde deutlich, dass es dem Gesetzgeber im Ergebnis darum gehe, die Substanz, und damit das vermeintliche Vermögen, zu besteuern. Dies wäre eine Abkehr vom Modell einer Grundsteuer, die an den Kosten der solidarischen Mitfinanzierung öffentlicher Infrastruktur anknüpft. Außerdem wehren sich die Verbände dagegen, dass einzelne Eigentümergruppen durch eine verringerte Grundsteuermesszahl bevorzugt werden sollen, da die Kriterien hierfür völlig willkürlich seien. Maßgeblich könne für eine solche Besserstellung nur sein, ob sich die Vermieter sozial verantwortlich verhalten.
Hintergrund zur geplante Reform der Grundsteuer
Die Grundsteuer muss nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 neu geregelt werden. Die bisherigen, jahrzehntelang unveränderten Einheitswerte von 1935 (Länder der ehemaligen DDR) bzw. 1964 (Länder der ehemaligen BRD) müssen ab 2025 durch neue Bemessungsgrundlagen ersetzt werden. Eine landesgesetzliche Regelung zur Grundsteuer wurde durch die Grundgesetzänderung Ende 2019 möglich. Bundesweit sind in dem Zuge 36 Millionen Grundstücke neu zu bewerten, davon rund 2,5 Millionen in Sachsen. Das jährliche Grundsteueraufkommen beträgt bundesweit rund 14 Milliarden Euro. In Sachsen werden jährlich etwa 500 Millionen Euro über die Grundsteuer eingenommen.