Hannibal DuMont Schütte ist Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens BD Apartment, das unter der Marke STAYERY Serviced Apartments betreibt. Im Interview mit IMMOBILIEN AKTUELL spricht er über die Folgen der Pandemie, die Expansion nach Köln, Mönchengladbach, Frankfurt am Main, Stuttgart und Dresden sowie über die Verbindungen zur Bundesliga und Mixed Use-Immobilien.
STAYERY und die Corona-Krise
IMMOBILIEN AKTUELL: Wie ist die derzeitige Situation durch die Pandemie?
Hannibal DuMont Schütte: STAYERY ist momentan mit zwei Häusern auf dem Markt, es hat uns also zu einem eher günstigen Moment getroffen. Wenn es 20 Häuser wären, könnte ich wahrscheinlich nicht so entspannt sein. Der März war noch zufriedenstellend, wir hatten viele Longstay-Gäste. In den weiteren Monaten kamen fast keine neuen Buchungen mehr dazu. Wir haben von einem Grundrauschen gelebt, ab Pfingsten ging es aber wieder los. Juli und August waren überraschend sehr gut. In Berlin sind wir nun wieder bei 90 Prozent Auslastung.
IMMOBILIEN AKTUELL: Reisen wird zur Zeit wieder eingeschränkt. Welchen Stellenwert rechnen Sie dem zu?
Hannibal DuMont Schütte: In Berlin hatten wir viele Geschäftsreisende, im August dann mehr Touristen. Hier kamen viele der Buchungen zum Beispiel über Airbnb. In Bielefeld profitieren wir von den mittelständischen Unternehmen, bei denen noch Geschäftsreisen stattfinden. Allen ist die Hygiene-Thematik bewusst, aber nicht alle können und wollen Zuhause bleiben.
IMMOBILIEN AKTUELL: Wie geht es dem Team, und hatten Sie Kurzarbeit?
Hannibal DuMont Schütte: Wir verfolgen einen sehr kostenminimierten und zentralisierten Ansatz, was die Overhead-Funktionen angeht. Die Mitarbeiter von Vermarktung, Buchhaltung und Personal sitzen in Berlin. In den Häusern haben wir die Gastgeber. Im Overhead hatten wir keine Kurzarbeit, sondern konnten die Zeit nutzen, um uns als Unternehmen weiter zu entwickeln. An den Standorten selbst mussten wir natürlich Einschränkungen vornehmen. Die Kurzarbeit war dort für uns dabei ein sehr hilfreiches und notwendiges Mittel. Wir konnten die Kostenblöcke, außer die Miete, innerhalb von sehr kurzer Zeit gut nach unten drehen.
Droht eine Marktbereinigung bei Serviced Apartments durch Corona?
IMMOBILIEN AKTUELL: Longstay scheint das Mittel der Wahl zu sein: Wie lautet die Prognose?
Hannibal DuMont Schütte: Das ist ein wenig Glaskugel lesen. Wir gehen von Monat zu Monat, haben verschiedene Szenarien für unterschiedliche Anforderungen. Wichtig ist, dass wir jederzeit flexibel reagieren können. Erste Gruppen-Buchungen gibt es. Wir bieten geschlossene Räumlichkeiten mit Kitchenette, das ist ein großer Vorteil. Es gibt bei uns also Frühstück in Selbstversorgung, auch das spielt uns momentan in die Karten.
IMMOBILIEN AKTUELL: Wird es eine Marktbereinigung geben?
Hannibal DuMont Schütte: Wenn wir auf den rein gewerblichen Serviced-Apartment-Markt schauen, ist dieser Markt bisher ja sehr übersichtlich. Ich bezweifle, dass es in diesem Segment eine Konsolidierung geben wird, sondern eher eine Professionalisierung. In der Hotellerie hingegen sieht das anders aus.
Der Weg zu STAYERY
IMMOBILIEN AKTUELL: Wie kam es zu der Idee mit Serviced Apartments?
Hannibal DuMont Schütte: Ich hatte mit der Immobilienbranche vor STAYERY herzlich wenig zu tun. Wir haben Anfang 2016 die Gesellschaft gegründet und 2019 das erste Haus in Berlin eröffnet. Vorher studierte ich BWL an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar, die für eine hohe Gründeraffinität bekannt ist. Ich habe nach dem Studium in der Beratung gearbeitet und war viel auf Reisen. Irgendwann fand ich den Hotelalltag anstrengend. Darüber habe ich mir Gedanken gemacht, am Anfang nicht mit dem klaren Ziel, das zu einem Konzept zu entwickeln. Das war eher ein glückliches Gefüge. Ich lernte einen Projektentwickler kennen, der Studentenwohnheime baute. Dem erzählte ich von meinen Ideen, entwickelte mit meinem Mitgründer Robert Grüschow ein Konzept. Der Projektentwickler war zugleich ein Investor der ersten Stunde. Es war also eher ein Zufall.
IMMOBILIEN AKTUELL: Im kommenden Jahr eröffnet STAYERY in Frankfurt am Main ein Haus, ausgerechnet in der Stadt, der im Bereich Serviced Apartments eine Überhitzung nachgesagt wird.
Hannibal DuMont Schütte: Das STAYERY Frankfurt liegt am Rande von Sachsenhausen und ist ein Single-Tenant-Objekt mit 139 Einheiten und damit unser bisher größtes Haus. Es ist sehr gut durch den ÖPNV zur Innenstadt, zum Bahnhof und zum Flughafen angebunden sowie nur fünf Minuten vom angesagten Brückenviertel entfernt. Wir wissen, dass der Frankfurter Markt sehr schwierig ist. Trotzdem sehen wir für uns zwei Vorteile: Zum einen sind das die bereits bestehenden Häuser, wir erhoffen uns einen Effekt durch die Bekanntheit der Marke. Und zweitens haben wir das Projekt zu einem sehr fairen Mietpreis gezeichnet.
Der Serviced-Apartments-Expansionskurs von STAYERY
IMMOBILIEN AKTUELL: Wie geht der Expansionskurs weiter?
Hannibal DuMont Schütte: In Köln wird es ein sehr kleines Haus in Ehrenfeld mit 30 Einheiten geben. Das Projekt ist dreigeteilt: Lebensmittel-Einzelhandel, Studentenwohnen und STAYERY. Dazu gibt es noch ein paar kleine Gewerbeflächen, bei denen ich guter Hoffnung bin, dass sich dort noch ein Bäcker ansiedelt. Wir hoffen, dass wir noch im kommenden Jahr öffnen können. Der Markt in Köln hat trotz seiner Größe kein wahnsinnig breites Angebot in unserem Segment. In Mönchengladbach wird unser Haus etwas mehr als 50 Einheiten haben: Das ist ein ähnlicher Markt wie in Bielefeld. Wir entscheiden uns bewusst für Städte, in denen der Hotelmarkt nicht von großen Ketten dominiert wird. Dort sind wir auch deutlich shortstay-lastiger. Zalando kommt mit einem großen Logistikzentrum nach Mönchengladbach, es gibt viel Textilindustrie. Alles Faktoren, die für uns überzeugend sind.
Kleine Anmerkung am Rand: Wir merken, dass sich auch Fußball gut auf uns auswirkt. Bielefeld ist in die erste Liga aufgestiegen, hat neue Spieler verpflichtet, die nicht gleich eine Wohnung haben. Mit dem Verein Mönchengladbach gab es ebenfalls bereits Kontakt.
IMMOBILIEN AKTUELL: Damit ist die Pipeline aber noch nicht ausgeschöpft.
Hannibal DuMont Schütte: Richtig, in Dresden werden wir in direkter Nachbarschaft von einem prizeotel sein. Wir haben den Markt in der Landeshauptstadt sehr gut analysiert, rechnen damit, dass die Raten Luft nach oben haben. In Stuttgart haben wir dann unser größtes Projekt mit 153 Einheiten. Es ist architektonisch sehr anspruchsvoll: vorn Bestand, hinten Neubau. Der Altbau hat einen ungeheuren Charme, wir können die Lobbyflächen über zwei Etagen spielen, arbeiten mit Durchbrüchen.
Im Bereich der Serviced Apartments gilt es, flexibel auf den Markt zu reagieren
IMMOBILIEN AKTUELL: Was muss ein Konzept haben, damit es Bestand hat?
Hannibal DuMont Schütte: Ich bin davon überzeugt, dass durch Mixed Use-Nutzung in einem Komplex sich alle Partner beflügeln können. Wir behindern uns nicht. In Dresden zum Beispiel gehen wir stark in den Longstay-Bereich, da es ein sehr großes Hotelangebot gibt. Wichtig ist, dass man immer flexibel auf den jeweiligen Markt reagieren kann. Die große Lehre ist, nicht nur in Pandemie-Zeiten, dass man niemals sein Produkt vernachlässigen darf – auch, wenn es sehr gut läuft.
IMMOBILIEN AKTUELL: Noch einmal die Nachfrage: Wie sieht die perfekte Kombination aus, damit STAYERY sich für ein Projekt entscheidet?
Hannibal DuMont Schütte: Eigentlich wie in Bielefeld. Dort sind wir in einem Multi Tenant-Objekt. Es gibt dort uns, einen Bäcker und einen Anbieter von flexbiler Officefläche mit Tagungsmöglichkeiten. Der Bäcker versorgt uns mit Frühstück, wir brauchen kein eigenes F&B-Konzept. Wenn wir Tagungsanfragen haben, schicken wir diese nach oben, wenn oben Übernachtungsanfragen kommen, werden diese an uns weitergegeben. Das ist eine perfekte Symbiose. Auch spannend ist für uns die Paarung mit Lebensmittel-Einzelhandel.
IMMOBILIEN AKTUELL: STAYERY ist dann deutschlandweit aufgestellt. Welche Synergien will das Unternehmen daraus ziehen?
Hannibal DuMont Schütte: Unser Ziel sind natürlich Kooperationen mit großen Unternehmen. Wenn man mehrere Häuser hat, generiert man Aufmerksamkeit von national tätigen Firmen. In Berlin arbeiten wir schon seit einer Weile mit den schnell wachsenden Startups zusammen, in Bielefeld mit einigen Mittelständlern. Wir erhoffen uns, dass der Markenkern eine stärkere Strahlkraft bekommt.