Am 25. Februar 2020 hat der Berliner Senat ein Hochhausleitbild für die Bundeshauptstadt beschlossen. Dieses stellt verbindliche Regeln für den Hochhausneubau in Berlin auf und soll ihn eigentlich vereinfachen. Doch schon kurz nach der Veröffentlichung regt sich Widerstand...
Was sind die Absichten hinter dem Hochhausleitbild Berlin?
Eigentlich sollte das neue Hochhausleitbild für klare Regeln sorgen und gleichzeitig das Gesamtkonzept für eine dynamische stadtplanerische Entwicklung Berlins positiv stützen. Bei der Entwicklung dieses Leitbildes sollten die Wünsche der Investoren des Immobilienmarkts ebenso Berücksichtigung finden, wie die Bedürfnisse der Berliner Bürger. Die Prozesse im Vorfeld der Planung neuer Hochhausprojekte sollten deutlich vereinfacht und vereinheitlicht werden. Immer wieder auftretende Fragen sollten klare und eindeutige Antworten finden.
Welche Regeln etabliert das Hochhausleitbild für die Hauptstadt?
- Grundsätzlich gilt die Hochhausleitlinie für alle Neubauten, die in ihrer Umgebung den Höhenmaßstab mehr als 50 Prozent überschreiten. Für die Berliner Innenstadt, die „Berliner Traufe“, trifft das schon auf Gebäude ab einer Höhe von 35 Metern zu.
- Um den angedachten Bau von multifunktionalen Hochhäusern zu forcieren, wurde eine Begrenzung in der Höhe festgelegt. Wenn Neubauten diese Höhe von 60 Metern überschreiten, dürfen nur noch maximal 70 Prozent der nutzbaren Fläche des Gebäudes als Hotel- oder Bürofläche ausgewiesen werden. Mindestens 30 Prozent sollen als Wohnraum zur Verfügung stehen. Das Erdgeschoss und die Dachterrasse sollen grundsätzlich für die Öffentlichkeit zugänglich sein und Platz für Cafés oder Geschäfte bieten.
- Neben Vorgaben zur Aufteilung von Wohn- und Büroflächen und einzuhaltenden architektonischen Standards finden sich Vorgaben zur städtebaulichen Verträglichkeit eines Standorts im Hochhausleitbild Berlin wieder.
- Ausgenommen von der Regel sind zum Beispiel solche Gebiete, die auch bisher durch eine Hochhausbebauung geprägt wurden und demzufolge die Höhe des geplanten Projekts nicht erheblich von umliegenden Gebäuden abweicht. Ebenso unberücksichtigt bleiben Projekte, welche unterhalb der bauordnungsrechtlichen „Hochhausgrenze“ (§ 2 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 2 BauO Bln) liegen oder für die bereits vor Veröffentlichung des Leitbilds eine rechtskräftige Baugenehmigung oder ein verbindliches Bauplanungsrecht vorlag.
- Als Standort für ein Hochhaus ausgeschlossen werden grundsätzlich Stadtgebiete mit Einfamilienhäusern.
- Ein weiteres Ausschlusskriterium ist zum Beispiel auch ein bestehendes Denkmal mit seiner Umgebung. Das Erscheinungsbild des Denkmals darf nämlich unter keinen Umständen durch einen Neubau beeinflusst werden.
- Im Vorfeld der Planung für ein Hochhausprojekt muss sichergestellt werden, dass es sich mit dem Flächennutzungsplan in Einklang bringen lässt und den Anforderungen, die aus diesem hervorgehen entspricht. Bestehende Zentren sollen funktional gestärkt und gleichzeitig die polyzentrale Struktur Berlins gefördert werden. Der Fokus muss auf Funktionsmischung und Angebotsvielfalt liegen, ermöglicht durch multifunktionalen Hochhausbau.
Behindert das neue Leitbild die Stadtentwicklung?
Jetzt, nachdem der Berliner Senat für Stadtentwicklung und Wohnen das Hochhausleitbild am 25.02.2020 beschlossen und öffentlich gemacht hat, wird von verschiedenen Seiten der Politik und Wirtschaft die Kritik lauter und Zweifel an der Sinnhaftigkeit und Umsetzbarkeit des Hochhausleitbilds werden geäußert. So wird von den Kritikern zum Beispiel der Grundsatzgedanke der multifunktionalen Hochhausnutzung durchaus befürwortet und mitgetragen, andererseits jedoch auf die Komplexität beim Thema Hochhausbau verwiesen. Die Einhaltung starrer Vorgaben könnte, wenn die Kritiker des Hochhausleitbildes mit ihren Befürchtungen richtig liegen, die dynamische Stadtentwicklung eher behindern als vereinfachen und beschleunigen.