mrp hotels analysiert die aktuellen Zahlen des Hotelmarktes. Warum die Experten die kommende Saison sehr kritisch sehen und wieso vor allem das Segment der Ferienimmobilien bei Investoren wieder beliebter wird.
Die aktuelle Situation der Hotellerie ist angespannt. „Die Preissteigerungen bei Energie und Nahrungsmitteln, Personalengpässe und -kostenerhöhungen lassen die Gewinne von Hotelbetreibern auf ein Minimum schrumpfen“, sagt Martin Schaffer, Geschäftsführender Partner bei mrp hotels. „Um das abfedern zu können und um 2019er Werte zu erreichen, müssten Zimmerpreissteigerungen oder Auslastungssteigerungen von über 20 Prozent erzielt werden.“ Hier bedarf es keines Betriebswirtschaftsstudiums um zu erkennen, dass das wohl nicht flächendeckend möglich sein wird.
Performance der Luxushotels bleibt stark
Laut dem Experten werden Luxusprodukte kaum einen Nachfrageverlust erleiden. Bei Mittelkasse-Hotels im Segment der klassischen Vier-Sterne-Hotels könne das durchaus anders aussehen. Häuser mit hohem Vertragsgeschäft – also durch Reiseveranstalter und Corporate-Verträge – sind besonders betroffen, da sie „häufig ihre Verkaufspreise unterjährig nicht ändern können“. Rückläufige Zahlen sieht mrp hotels im Segment der Business-Reisen, da Unternehmen verstärkt auf die Kosten achten und die Anzahl von Dienstreisen, Fortbildungen oder Seminaren zurückgehen.
Ferienhotellerie schneidet besser ab als Stadtdestinationen
Besonders Feriendestinationen schneiden im Durchschnitt besser ab als die Stadt. Insbesondere erhöht die Ferienhotellerie ihre ADR (Average Daily Rate), teilweise bis zu einem Viertel über dem 2019er Niveau. Zudem landeten die Auslastungen im Sommer auf dem Niveau von 2019, auch wenn die Rekordwerte aus 2020 und 2021 nicht zu übertreffen waren. Es ist zu erwarten, dass die gestiegene Relevanz für die Ferienhotellerie und die positive Entwicklung ihrer Performance in Zukunft gehalten werden kann, so mrp hotels. Hier müssen Betriebe ihr Angebot entsprechend anpassen, um die Nachfrage langfristig zu stabilisieren und Alternativen für ungünstige Zeiten zu bieten.
Andreas Löcher, Leiter Investment Management Hospitality bei Union Investment, ist überzeugt, dass das Interesse für Ferienimmobilien von Investorenseite weiter steigen wird. „Im Zuge dieser Entwicklung sehen wir gerade für die Märkte im deutschsprachigen Raum einen kompetitiven Vorteil. Die Saisons verlängern oder verlagern sich: in den Alpen in den Sommer hinein. Und an der See werden die Hotels auch in den graueren Monaten deutlich häufiger besucht als in der Vergangenheit.“
Resorts eignen sich grundsätzlich durch ihre Krisenresilienz als Portfoliodiversifikation. „Auch wenn der Markt bisher kaum einen Ankauf eines klassischen Resort-Hotels durch einen großen institutionellen Investmentmanager gesehen hat, interessiert sich institutionelles Kapital zunehmend für diese Asset-Klasse.“
In der DACH-Region erfolgte die Preisfindung in der Vergangenheit meist auf Basis eines Risikoaufschlages auf Renditen von Vergleichstransaktionen der Stadthotellerie. „Während in den letzten Jahren bei Resort-Hotels eher noch von 100 bis 200 Basispunkten Aufschlag auf die Bruttoanfangsrendite der Stadthotellerie auszugehen war, haben sich die Renditen – auch infolge der Pandemie – aktuell nahezu angeglichen“, so Andreas Löcher. Bei Top-Immobilien in etablierten Ferien-Destinationen wie Sylt, Travemünde oder Warnemünde kann von ähnlichen Renditeanforderungen wie bei Core-Assets in Märkten wie München, Hamburg oder Berlin ausgegangen werden.
Aktuelle Fakten zum Hotelmarkt im Überblick:
- Inländische Übernachtungen sind auf das Niveau von 2019 zurückgekehrt, fehlende ausländische Übernachtungen lassen das Volumen von 2019 noch nicht erreichen und sind im Wesentlichen für die fehlenden vier Prozent bei den Übernachtungen insgesamt verantwortlich.
- Im Zeitraum Mai bis Juli 2022 fehlten insbesondere asiatische Gäste.
- Der Anteil der Assetklasse Hotel am gesamten gewerblichen Transaktionsvolumen liegt weiter stabil bei drei Prozent.
- Hamburg gewinnt im Gesamtmarkt vier Prozent bei den Übernachtungen. Düsseldorf kommt auf Platz zwei.
- Stuttgart und Berlin heißen die Verlierer - mit einem Rückgang im Vergleich zu 2019 von jeweils etwa elf Prozent.
- Die B-Städte entwickeln sich weiter gut: Münster legt beispielsweise um acht Prozent zu im Vergleich zu Mai bis Juli 2019.
- Mitte Oktober vermeldete Colliers: Im bisherigen Jahresverlauf lag das Investitionsvolumen in Deutschland bei fast 1,4 Milliarden. Das ist das niedrigste seit 2013. Grund hierfür ist vor allem das schwache erste Halbjahr.
- Die Bruttoanfangsrenditen von Hotelinvestitionen sind weiter angestiegen. Die durchschnittliche Bruttospitzenrendite betrug Ende September 2022 4,40 Prozent. Seit Anfang des Jahres ist sie dementsprechend um 40 Basispunkte gestiegen. Das entspricht ungefähr dem Anstieg in den Assetklassen Büro sowie Industrie und Logistik.
Investmentvolumen der Hotellerie insgesamt solide
Mit 573 Millionen Euro zeigte sich der Hotelinvestmentmarkt nicht in allerbester, aber solider Verfassung. So lautet die Analyse des Immobilienberatungsunternehmens Colliers. „Grund dafür ist zum einen die generell positive Einschätzung für Hotelinvestments, die am anhaltenden Anstieg des Reiseaufkommens und der guten Auslastungsquoten sowie der hohen Durchschnittspreise der Hotels liegt“, sagt René Schappner, Head of Hotel bei Colliers. „Zum anderen hat sich die wirtschaftliche Situation und Bonität vieler Betreiber weiter stabilisiert oder wurde durch zu erwartende Beteiligungen verstärkt.“
Positive Aspekte können aber die aktuell eher schwierigen Variablen nur zum Teil abfedern. „Hinter den zuletzt erfolgreich abgeschlossenen Transaktionen stehen in der Regel sehr lange Transaktionsprozesse, sodass der ausschließliche Blick auf die Transaktionsvolumina der letzten Monate nicht das ganze Bild zeigt. Insgesamt ist die Aktivität derzeit verhalten und es werden weniger Prozesse gestartet.“
Value Add-Immobilien verlieren an Attraktivität
Die Investitionen in Value Add-Projekte sanken laut Colliers kontinuierlich und liegen bei 15 Prozent. Der Anteil an Core-Investitionen hingegen stieg zuletzt an und machte rund 41 Prozent des bisherigen Investitionsvolumen aus. Der Markt sei weiterhin liquide. „Nichtsdestotrotz wird vor allem das schwierige Finanzierungsumfeld Transaktionen im vierten Quartal erschweren. Hinzu kommt das sich eintrübende konjunkturelle Umfeld und steigende Inflation, die das Reiseverhalten negativ beeinflussen können“, so René Schappner. „Entsprechend rechnen wir nicht mit einer Jahresendrally wie im vergangenen Jahr. Dennoch ist ein Transaktionsvolumen von rund zwei Milliarden Euro zum Jahresende möglich.“