Neben dem geänderten Reiseverhalten durch die Pandemie beeinflussen nun auch noch die geopolitischen Ereignisse sehr stark die Assetklasse Hotel. Während die einen skeptisch auf die Entwicklung schauen, kommen neue Investoren in den Markt und auch die Hoteliers reagieren.
Die beste Prognose ist nicht viel wert, wenn sich alles so schnell verändert wie gegenwärtig. Selbst erfahrenen Beratungsunternehmen wie mrp hotels geht es so: „Wir befinden uns in einer Phase, in der der Blick in die Zukunft eher kurzfristig als langfristig möglich, aber auch sinnvoll ist”, sagt Martin Schaffner, geschäftsführender Partner des Unternehmens. Erst war es die Pandemie, dann kamen geopolitische Ereignisse wie der Ukraine-Krieg und wirtschaftliche Bedingungen wie die Steigerung der Baukosten und Zinserhöhungen dazu. Bedeutet: Neuentwicklungen werden gebremst, Renovierungen nicht durchgeführt, die Profitabilität vieler Unternehmen sinkt.
„Wir sehen heute bei den etablierten Investoren vielfach noch Zurückhaltung“, fasst Martin Schaffer die Lage zusammen. „Dafür kommen allerdings immer mehr Investoren, die man früher nicht auf dem Radar hatte, auf die Hotelimmobilienwelt zu.“ In solchen Phasen externer Schocks seien Konjunkturprognosen laut Monika Rosen, Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft, mit hohen Unsicherheiten behaftet: „Die schwierig gewordene Lageeinschätzung erinnert mich ein wenig an die Zeit der Finanzkrise der Jahre 2008 / 2009. Es wird auch bei Unternehmen etwas dauern, bis Klarheit über die weitere Entwicklung herrschen wird.“
Eine von dem globalen Immobiliendienstleister CBRE unter deutschen Hotelinvestoren durchgeführte Befragung zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Investoren positiv auf die weitere Marktentwicklung blickt. Demnach gehen sieben von zehn Investoren davon aus, dass der Hotelmarkt Deutschland bereits zwischen 2023 und 2024 wieder sein Niveau von vor der Coronapandemie erreichen wird.
Dennoch sind die Investoren vorsichtiger geworden: 43 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass sie von Betreibern höhere Mietabdeckungsfaktoren erwarten als vor der Pandemie. Als größte Herausforderungen für die Betreiber wurden steigende Personalkosten (25 Prozent der Befragten) und der Fachkräftemangel (24 Prozent) angegeben. Als Investmentstandorte präferierten die befragten Investoren die Top-7-Märkte (44 Prozent), Freizeitdestinationen (31 Prozent) und B-Städte und andere regionale Zentren (23 Prozent).
Die Rolle von ESG und Nachhaltigkeit wird immer zentraler: 87 Prozent bauen laut der Umfrage ESG-Kriterien bereits in ihre Entscheidungsprozesse ein oder werden dies in den kommenden fünf Jahren umsetzen. 59 Prozent der Befragten sind gar bereit, für Hotels, die ESG-Kriterien erfüllen, einen höheren Kaufpreis zu zahlen oder in Modernisierungen zu investieren, wenn die betroffenen Hotels dadurch Nachhaltigkeitszertifikate erhalten.
Hotels als Teil von Erlebniswelten
Korbinian Kohler hat seine Pläne konsequent umgesetzt. Der Hotelier und Inhaber von mehreren Häusern, zu denen neben dem Fünf-Sterne-Haus Spa & Resort Bachmair Weissach auch das Berghotel Altes Wallberghaus, das Hotel Bussi Baby, das Resort Wildbad Kreuth, das Clubhaus Bachmair Weissach in Tegernsee und die neuen Bachmair Weissach See-Apartments in Rottach-Egern gehören, widmete sich sehr unterschiedlichen Projekten. Das Bussi Baby präsentiert sich in einem neuen Look – als Lifestyle-Hotel mit Infinity Pool und Roof Top Spa, einem südost-asiatischen Restaurant und hipper Bar mit Modern Asian Style Drinks. „Wir sind nicht nur ein Resort, wir sind auch die Destination Tegernsee – die Gäste können durch unsere Hotels, Apartments und Restaurants den kompletten Tegernsee erleben“, so Korbinian Kohler über die Erweiterung seiner Betriebe.
Eine multimediale Erlebniswelt namens Tegernsee Phantastisch soll das Angebot abrunden. Auf 2.700 Quadratmetern Indoor-Fläche plant Korbinian Kohler zwei Spiel- und Unterhaltungswelten: Tegernsee World und Tegernsee Magic. „Beide Bereiche vereinen Wissensvermittlung mit Spiel und Sport auf kreative Weise“, erklärt der Hotelier. „Es dreht sich alles um den Tegernsee, die Umwelt, das Tal und dessen Traditionen. Jede Experience ist speziell auf unsere Heimat zugeschnitten.“
Instgramable Beherbungsbetriebe fokussieren auf Digitalisierung und neue Zielgruppen
Die Primestar Group investiert ebenfalls: In Berlin-Charlottendorf eröffnete das June Six Hotel Berlin City West, das erste Haus der neuen Eigenmarke. Das Boutique-Hotel mit 84 Zimmern kommt instagramable daher, mit eigens produzierten Möbeln und Artwork. Mit viel Design also, viel Farbe, mit hochwertiger Ausstattung unter anderem in Form von extragroßen Boxspringbetten, Nespresso-Kaffeemaschine oder Bademantel.
Vom Eingangsbereich bis in die Zimmer schmücken Kunstwerke der Wiener Designerin Sara Prosenik die Wände. „Unser Haus soll sowohl Kurzaufenthaltern als auch geschäftlichen Langzeitgästen einen Rückzugsort im Herzen der Stadt bieten“, sagt Hendrik Engel, Director of Operations der June Six Hotels. Oliver Kupka, Geschäftsführer bei Primestar, ergänzt: „Die Pandemie hat den Kulturwandel und die Bedeutung der Veränderung in der Hotellerie mit einem stärkeren Fokus auf Digitalisierung und Technologie sowie auf neue Zielgruppen beschleunigt. Daher ist die neue Eigenmarke mit neuesten Technologielösungen ausgestattet.“
ESG als Unterscheidungsmerkmal
Einen anderen Trend befeuert Coros: Das Unternehmen erwarb für den Fonds Commodus Deutschland Fund II SCSp, RAIF, (Fonds II), eine Hotelimmobilie in Friedrichshain-Kreuzberg. Das Objekt verfügt über eine Gesamtmietfläche von etwa 4.000 Quadratmetern und befindet sich in einem guten Zustand, da es erst kürzlich renoviert wurde. Nun soll es in ein digital verwaltetes Apartmenthaus umgewandelt werden. Dafür wurde bereits ein langfristiger Mietvertrag abgeschlossen. Darüber hinaus soll der niedrige CO2-Fußabdruck des Objektes verbessert werden. Coros strebt für die Immobilie eine BREEAM-Zertifizierung mit dem Prädikat sehr gut an.
„Wir sind der festen Überzeugung, dass ESG das Unterscheidungsmerkmal im heutigen Immobilienumfeld ist“, sagt Leonhard Sachsenhauser, Founding Partner bei Coros. „Refurbishments und die Nachrüstung von Objekten, wie sie insbesondere der Fonds II verfolgte, sind der nachhaltigste Ansatz, da sie den Lebenszyklus bestehender Gebäude verlängern.“ Dabei setze der Fonds auf einen Bottom-up-Ansatz mit spezialisierten Teams für das Off-Market-Sourcing solcher Objekte. Mit diesem Ankauf hat der Fonds II seine Kapitalzusagen in Höhe von circa 200 Millionen Euro mit neun Akquisitionen in ganz Deutschland seit seiner Auflegung im Jahr 2019 erfolgreich ausgeschöpft.