Die letzten Jahre waren Höhenflüge angesagt: Ein Rekord jagte den nächsten. Manch einer raunte schon von einer Hotel-Blase, von Überangeboten in einigen Städten, von der Unschärfe zwischen einzelnen Brands. Dann kam Corona, und nun ist alles anders.
„Wenngleich Deutschland europaweit der aktivste Hotelinvestmentmarkt ist, bleibt die Assetklasse Ende September 2020 eines der größten Sorgenkinder am deutschen Immobilienmarkt. In den anderen großen etablierten Märkten Europas ist die Situation noch angespannter. Die Hotellerie musste gravierende Einbußen hinnehmen, die Belegungsraten sind bei vielen Hotels existenzgefährdend. Dies spiegelt sich nun zunehmend auch im Transaktionsgeschehen wider“, so Heidi Schmidtke, Managing Director der JLL Hotels & Hospitality Group. Dazu kommt der Fakt, dass viele Transaktionen bereits vor der Pandemie eingetütet waren.
Hotel-Verkäufe in Dresden, Berlin, Düsseldorf und Sylt
Im dritten Quartal wurden beispielsweise das Innside by Meliá Dresden an die Eastern Property Holdings (EPH) verkauft. Oder die Projektentwicklung Ruby Luna Düsseldorf als Teil des Medicus Portfolios, das von Union Investment für einen kürzlich neu aufgelegten Spezialfonds erworben wurde. Das Portfolio enthält insgesamt sechs gemischt genutzte Immobilien in Düsseldorf und Berlin. Die Land Union Gruppe erwarb das Dorfhotel Sylt. Und Art-Invest sicherte sich das Leonardo Royal Berlin Alexanderplatz. Bei dieser Transaktion handelte es sich um den ersten, während der Pandemie gestarteten und auch abgeschlossenen Verkauf.
Art-Invest legt einen Post-Corona-Hotelfonds auf
Dazu passt auch die Meldung, dass Art-Invest Real Estate einen weiteren Hotelimmobilienfonds mit einem Volumen in Höhe von 200 Millionen Euro Eigenkapital bei institutionellen Investoren platzieren will. Der neue Post-Corona-Hotelfonds fokussiert sich zyklusgerecht auf Investitionen in Hotelimmobilien, bei denen auch die Übernahme des operativen Managements möglich oder notwendig ist. Gegenüber IMMOBILIEN AKTUELL sagt Dr. Peter Ebertz, Geschäftsführer und Head of Hotels bei Art-Invest Real Estate: „Es ist noch keine nachhaltige Trendveränderung erkennbar. Die Menschen werden weiter Geschäftsreisen machen, Events besuchen und Urlaub machen. Dabei wird mehr auf Hygiene geachtet. Konferenzräume müssen eine verbesserte digitale Technik aufweisen.“
Glaube in Erholung des Marktes ist da
Heißt: Der Glaube an die Erholung des Marktes ist da, trotz steigender Corona-Zahlen. Dr. Peter Ebertz wagt einen Blick in die Zukunft: „Wir sind davon überzeugt, dass sich der Hotelsektor innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre erholen wird. Angesichts der derzeitigen Marktverfassung benötigt der Markt aber eine neue Investment-Strategie, die auch in pächterfreie Hotels investieren kann.“
Den Fokus legen er und sein Team auf deutsche A-, B- und C-Städte sowie auf Häuser in Österreich und Benelux. Bei den Kriterien zeigt sich Art-Invest flexibel: „Ein Hotel sollte jedoch mindestens über 100 Zimmer verfügen.“ Gearbeitet wird mit verschiedenen Betreibergesellschaften. Die eigene, die Ghotel Hotel Group, gibt es seit 15 Jahren. Sie betreibt aktuell 21 Hotels in Deutschland und Österreich. „Kurzfristig werden sich aufgrund der schwierigen Marktsituation auf dem Hotelmarkt attraktive Investitionsgelegenheiten ergeben, bei denen insbesondere das operative Hotel-Management neu aufgestellt werden muss. Mit unserer Betreibergesellschaft können wir die Übernahme des Betriebes sicherstellen und die Verbesserung der operativen Performance in den Häusern managen“, so Dr. Peter Ebertz.
Schwierige Finanzierungskonditionen dank Corona
Heidi Schmidtke von JLL weist noch auf einen anderen Punkt hin: Es gibt keine klare Einschätzung, wie das Ausmaß an notgedrungenen Verkäufen sich darstellt. Die Preisvorstellungen auf Verkäufer- und Käuferseite passten noch nicht zusammen. „Von den schwierigen Finanzierungskonditionen seitens der Banken und der allgemeinen Marktunsicherheit motivierte Preisnachlässe auf Käuferseite lassen sich auf Verkäuferseite dennoch nur akzeptieren, wenn es überhaupt keine andere Möglichkeit gibt, ein Objekt zu veräußern. Noch scheint es allerdings in vielen Fällen zumindest vorerst noch alternative Wege zu geben“, so Heidi Schmidtke.
Die Einzeltransaktionen summierten sich in den neun Monaten des laufenden Jahres auf ein Volumen von knapp einer Milliarde Euro, verteilt auf 41 Transaktionen. Dies entspricht im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einem Rückgang von 28 Prozent. Die durchschnittliche Größe der Einzeltransaktionen reduzierte sich dabei von 30 auf 24 Millionen Euro. Damit verfestigt sich die im zweiten Quartal andeutende Tendenz in Richtung kleinerer Transaktionsvolumina. Auf Portfolios entfiel zwischen Januar und Ende September ein Transaktionsvolumen von knapp 700 Millionen Euro. Auch hier schlug im Jahresvergleich ein deutlich zweistelliger Rückgang (24 Prozent) zu Buche. Die durchschnittliche Portfoliogröße lag knapp unter 100 Millionen Euro und damit um etwa 14 Millionen Euro niedriger als 2019. Wie im zweiten Quartal gab es auch im dritten nur einen Portfolioverkauf. Im dritten Quartal zeigte sich, dass fast überwiegend deutsche Investoren am Markt aktiv waren.
„Sie fokussieren sich mehr auf zentrale Lagen, die eine Erholung der Märkte zuerst spüren. Auch spielt die Überlegung eine Rolle, welches Produkt im Zweifel am besten umnutzbar ist“, sagt Heidi Schmidtke. „Das letzte Quartal 2020 wird bei weitem nicht an die ersten drei Monate dieses Jahres heranreichen. Wenn es gut läuft, dürfte das Transaktionsvolumen in etwa die Hälfte des herausragenden Vorjahresergebnis erreichen. Damit müsste dann eines der schwächsten Jahre seit 2013 bilanziert werden.“