Hybrides Arbeiten: Chance für die Büroimmobilie?

Hybrides Arbeiten: Chance für die Büroimmobilie?

Hybrides Arbeiten: Chance für die Büroimmobilie?
Elena Graf-Burgstaller über Hybrides Arbeiten. Copyright: (li) Free-Photos auf Pixabay; (re) PwC

Elena Graf-Burgstaller, Head of Real Estate bei der Dean Capital Strategies GmbH, hat sich für IMMOBILIEN AKTUELL Gedanken zum Thema Homeoffice und zu den Konsequenzen für Eigentümer von Bürogebäuden gemacht.

Agentur

Unsere Vorstellung von der Arbeitswelt hat sich seit der Corona-Pandemie gravierend geändert: Hybrid hat sie Einzug in unseren Alltag genommen und damit sind neue Konzepte für die Innengestaltung der Bürogebäude entstanden. Die Nachfrage nach mehr Konferenzräumen und Begegnungszonen, nach Zonen zum Telefonieren, Räume für das Team und für konzentriertes Denken muss befriedigt werden. Trotz Veränderungen bleibt die Auslastung kurz- bis mittelfristig relativ stabil. Zu den Gründen dafür gehören die bestehenden Mietverträge und die Mieter, die mit der Strategieänderung noch abwarten. Die Tatsache, dass sich moderne Gebäude leicht auf neue Konzepte umbauen lassen, trägt auch dazu bei. Das bedeutet nicht zwingend, dass die Firmen weniger Fläche brauchen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese anders aufgeteilt und bepreist werden.

Hybrides Arbeiten bringt Job und Freizeit leichter unter einen Hut

Nicht nur für junge Menschen, sondern für alle ist die hybride Arbeitswelt ein wichtiger Faktor, weil dadurch Karriere, Freizeit und Familie leichter unter einen Hut zu bringen sind. Die Tatsache, dass die Bürogebäude nicht zu den krisengebeutelten Assetklassen der Immobilien gehören, beweist auch das Verhalten der Banken, die diese nach wie vor gerne finanzieren.

Das steht im Kontrast zu anderen Asset Klassen, von denen die Banken eindeutig Abstand nehmen, wie Städtehotels und Retail. Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit verlangen die Banken derzeit nur eine vergleichsweise höhere Vorvermietung bei Neubauten und flexible Umbaumöglichkeiten im Bestand, also variable Strukturen mit flexiblen Trennwänden beispielsweise.

Remote First: Wie sieht die neue Arbeitswelt aus?

Aus zahlreichen Umfragen der letzten Zeit geht hervor, dass sich die meisten Mitarbeiter in Europa zwei bis drei Tage pro Woche Homeoffice dauerhaft wünschen und mehr Infrastruktur im Bürogebäude verlangen, wie Kantine, Kindergarten, Autoelektroladestation, Einkaufsmöglichkeiten. Einige der größten Konzerne der Welt – Facebook, Twitter, Microsoft, Spotify, Slack und Dropbox – haben erklärt, dass sie als Reaktion auf die veränderte Geschäftswelt nach der Pandemie Remote-First gehen.

Das bedeutet, dass ein Prozentsatz der Arbeitnehmer – oder in einigen Fällen alle – jetzt täglich zuhause sind – wenn sie es wollen. Siemens hat weltweit für etwa 300.000 Mitarbeiter zwei bis drei Tage Homeoffice eingeführt. Inzwischen haben die Banken in Europa die Möglichkeit gegeben, ein bis zwei Tage in den eigenen vier Wänden zu bleiben.

Um diesen Änderungen gerecht zu werden, hat man mit dem Umbau angefangen: Kompaktere Arbeitsplätze mit mehr Möglichkeiten für Besprechungen und Community-Spaces werden geplant. Mit dem Modell Activity Based Working will man sich von den fixen Plätzen lösen und immer mehr flexibel sein. Die Pandemie hat den Impuls gegeben, neue Landschaften zu gestalten, die für unterschiedliche Aktivitäten das ideale Umfeld bieten werden – vom kreativen Miteinander bis zum fokussierten Arbeiten.

Homeoffice als Vorteil für Arbeitgeber?

Die Bereitschaft der Arbeitgeber hängt davon ab, ob sie einen Vorteil darin sehen. Das können beispielsweise geringere Kosten für Miete sein. Dieser Anreiz ist in Städten mit extrem hohen Mietpreisen wie New York und London sicher stärker ausgeprägt als anderswo. Ein anderer Einflussfaktor wäre der Umstand, ob die Firma Mieter oder Eigentümer des Bürogebäudes ist. Als Eigentümer würde die Unternehmensleitung das möglicherweise als weniger attraktiv sehen.

Andere Aspekte sind Alter und Qualifikation der Belegschaft. Junge Menschen, die noch nicht ganz selbständig im Job sind und das soziale Leben am Arbeitsplatz suchen, würden weniger Tage in der Woche Homeoffice verlangen als Seniors mit Familien und Häusern in den Vororten der Großstädte. Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang bezieht sich auf die Lage des Bürogebäudes. Mit einem Standort direkt an einer U-Bahnstation ist man ganz anders bedient als mit einer B- oder C-Lage, wo viele Mitarbeiter täglich mit dem Auto anreisen und mit Stau rechnen müssen.

Technisch gesehen hat das Homeoffice in ganz Europa tadellos funktioniert. Sogar im entferntesten Winkel der EU haben die Menschen remote arbeiten können. Die Osteuropäer waren seit der Wende 1989 gezwungen, sich ständig an neuen Gegebenheiten und Krisen anzupassen, das hat sie flexibler gemacht. Aus diesem Grund haben sie sich sogar noch schneller an das Homeoffice gewöhnt und wie auch in Zentral- und Westeuropa ist der Wunsch nach hybriden Modellen sehr stark.

Österreich hat bereits Gesetz verabschiedet

Einige europäische Länder haben inzwischen den rechtlichen Rahmen für die Arbeit von Zuhause geschaffen. Österreich hat im April ein Homeoffice-Gesetz verabschiedet. Damit wurden die rechtlichen Grundlagen zu den Themen Freiwilligkeit, Rücktrittsrecht, Unfallschutz, Dienstnehmerhaftplichtschutz sowie Kostenersatz festgelegt. Alle diese Faktoren werden in den nächsten Jahren angepasst und weiterentwickelt.

Wir befinden uns erst am Anfang des hybriden Arbeitens, aber der rechtliche Rahmen ist da. Diese Gesetze, die so viel Flexibilität zulassen, sind ein Novum und werden zu ganz anderen Perspektiven für international mobile Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für eine moderne Familienführung und die Gesellschaft als Ganzes führen. Zusammenfassend kann man sagen: Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben!