Am 16. Januar 2024 hatte das Bündnis „Soziales Wohnen“ (ein Zusammenschluss aus Deutschem Mieterbund, IG BAU, Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie sowie zwei Verbänden der Bauwirtschaft) auf einer Pressekonferenz in Berlin eine aktuelle Wohnungsmarkt-Studie vom Pestel-Institut vorgestellt und für viel Aufsehen gesorgt. Hauptkritikpunkt der Studie: Der deutsche Staat betreibe ein Missmanagement bei der Unterstützung fürs Wohnen und vernachlässige darüber die Förderung des Sozialwohnungsbaus. Das Bündnis legt nun mit ganz konkreten Zahlen nach und verstärkt seine Forderungen nach mehr Sozialwohnungsbau.
Es sieht alles andere als goldig aus um Sozialwohnungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Vor allem beim Neubau hapert es an allen Ecken und Enden - zur Erinnerung: Die Ampelregierung hatte deutschlandweit 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr angepeilt.
Gleichzeitig lässt sich der Staat die Unterstützung fürs Wohnen einiges kosten, weil sich viele Erwerbstätige die Wohnungen am Markt nicht leisten können und daher auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Zusätzlich zu den Menschen, die Bürgergeld bekommen. Konkret bedeutet das ...
Staatliche Unterstützung fürs Wohnen: Konkrete Zahlen für Halle, Erfurt und Leipzig
Halle: Rund 13.400 Haushalte mit insgesamt 22.800 Menschen in Halle (Saale) unterstützte der Staat im letzten Herbst bei den Kosten der Unterkunft (KdU). Dabei geht es um Mietzahlungen vom Job-Center für Bürgergeld-Empfänger: Allein für die Kaltmiete zahlte der Staat im letzten Oktober bei den Kosten der Unterkunft in Halle (Saale) mehr als 4,1 Millionen Euro an die Vermieter.
Leipzig: Rund 29.000 Haushalte mit insgesamt 47.200 Menschen in Leipzig unterstützte der Staat im letzten Herbst bei den Kosten der Unterkunft. Bei Mietzahlungen vom Job-Center für Bürgergeld-Empfänger für die Kaltmiete zahlte der Staat im letzten Oktober allein bei den Kosten der Unterkunft in Leipzig mehr als 9,9 Millionen Euro an die Vermieter.
Erfurt: Rund 7.300 Haushalte mit insgesamt 12.700 Menschen in Erfurt unterstützte der Staat im letzten Herbst bei den Kosten der Unterkunft. Allein für die Kaltmiete zahlte der Staat im letzten Oktober bei den Kosten der Unterkunft in Erfurt mehr als 2,5 Millionen Euro an die Vermieter.
Das gehe aus einer aktuellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit hervor, auf die die Industriegewerkschaft IG BAU jetzt verweist. Dazu kommt Monat für Monat noch einmal eine stattliche Summe fürs Wohngeld. Ebenso übernimmt der Staat über die Job-Center-Zahlungen hinaus die Kosten der Unterkunft für viele weitere Menschen, die darauf angewiesen sind: Ältere mit knapper Rente zum Beispiel.
Insgesamt habe der Staat in 2023 erstmals mehr als 20 Milliarden Euro an Sozialausgaben für die Unterstützung bedürftiger Menschen beim Wohnen ausgegeben: gut 15 Milliarden Euro für die Kosten der Unterkunft, die überwiegend von den Job-Centern gezahlt werden. Und zusätzlich über fünf Milliarden Euro für das Wohngeld. Dagegen lagen die Ausgaben von Bund und Ländern für den sozialen Wohnungsbau in den letzten Jahren lediglich bei unter 2,5 Milliarden Euro pro Jahr.
Sozialwohnungen sind besser als staatliche Zahlungen für Wohngeld und Kosten der Unterkunft
Unterm Strich gebe der Staat alleine in Leipzig, Halle und Erfurt sehr viel Geld aus, um Menschen das Wohnen überhaupt ermöglichen zu können. „Um es klar zu sagen: Es ist richtig und wichtig, dass der Staat Wohngeld zahlt und dass er die Kosten der Unterkunft übernimmt. Noch besser sind aber Sozialwohnungen. Sie machen den Staat unabhängig von jeder Miet-Preistreiberei auf dem Wohnungsmarkt. Auf Dauer sind sie also die günstigere Lösung für die Staatskasse“, sagt Ralf Eckardt von der IG BAU Erfurt. Und weiter:
„Außerdem sind Sozialwohnungen die beste Mietpreis-Bremse für den Wohnungsmarkt!“
Ein wichtiger Punkt, der auch für mehr Sozialwohnungen spricht, sei laut IG BAU die Verteilungsfrage: „Der Staat könnte dann nämlich vor allem auch Menschen leichter mit einer Wohnung versorgen, die es auf dem Wohnungsmarkt immer schwer haben: Haushalte mit geringem Einkommen, Alleinerziehende, Schwangere, Familien mit – vor allem mehreren – Kindern. Insbesondere aber auch Behinderte, psychisch Kranke, Wohnungslose und Vorbestrafte. Sie alle hätten dann endlich bessere Chancen, wieder leichter auf dem Wohnungsmarkt Fuß zu fassen“, ist sich Ralf Eckardt sicher.
Deutschland fehlen 910.000 Sozialwohnungen
Die Gewerkschaft hatte schon in ihrem ersten Vorstoß im Schulterschluss mit dem Bündnis „Soziales Wohnen“ angemahnt, dass in Deutschland 910.000 Sozialwohnungen fehlen würden. Für den mitteldeutschen Raum sah man folgende Bedarfe:
- Thüringen: 12.075
- Sachsen-Anhalt: 21.530
- Sachsen: 47.859
Das Bündnis sieht den Staat darum in einer Sackgasse: Er könne den Menschen, die dringend eine Unterstützung beim Wohnen brauchen, keine Sozialwohnungen anbieten. Also müssten die Job-Center die Mieten auf dem freien Markt akzeptieren. Und diese seien in den letzten Jahren in vielen Orten durch die Decke gegangen. Gegensteuern könne der Staat nur, wenn er jetzt anfange, in die Schaffung von deutlich mehr Sozialwohnungen zu investieren. Denn jede einmalige Förderung, durch die eine neue Sozialwohnung entstehe, erspare dem Staat erhebliche Summen, die er sonst auf Dauer für die Unterstützung bei der Miete ausgeben müsse.
Wichtige Maßnahmen für mehr Sozialwohnungen
Das Bündnis unterstrich entsprechend seine schon im ersten Vorstoß empfohlenen Maßnahmen für mehr Sozialwohnungsbau:
- Beim Neubau von Sozialwohnungen sollten künftig nur sieben statt – wie bisher – 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden.
- Ein bundesweites „Sofort-Budget Sozialwohnungsbau“ von 50 Milliarden Euro.