Waren Immobilien im Raum Leipzig Teil eines mutmaßlichen Betrugssystems des deutschlandweit aktiven Projektentwicklers German Property Group (GPG)? Der Verbleib mehrerer Hundert Millionen Euro, die das Unternehmen von ausländischen Anlegern eingeworben hat, ist unklar.
Der auf Denkmalimmobilien spezialisierte Entwickler German Property Group (GPG), früher Dolphin Trust, soll von internationalen Investoren geschätzt eine Milliarde Euro eingeworben haben – auch für etliche Adressen in Leipzig und Umgebung. Im Sommer meldete die Firmengruppe Insolvenz an, doch der Verbleib eines großen Teils der Geldsumme ist unklar. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, unter anderem wegen des Verdachts auf Anlagebetrug.
GPG versprach hohe Renditen
Das Kapital, mit dem die GPG und ihre zahlreichen Projektgesellschaften arbeiteten, stammt nach eigenen Angaben überwiegend aus Großbritannien und Asien. Damit wurden denkmalgeschützte Immobilien gekauft, um sie zu sanieren und zeitnah an private Investoren weiter zu veräußern – so das offizielle Geschäftsmodell. Das Versprechen an die Anleger: sagenhafte Renditen von bis zu 15 Prozent.
Recherchen der BBC sowie von NDR, BR, HR und „Süddeutscher Zeitung“ haben jedoch ergeben, dass bei vielen GPG-Immobilien die Sanierungsarbeiten stockten oder gar nicht erst gestartet wurden. Seit mindestens fünf Jahren soll demnach einiges schief gelaufen sein bei dem insolventen Unternehmen. Mehr als 700 Jahresabschlüsse fehlten, heißt es. Und weiter: Zwischen 60 und 100 Objekte in ganz Deutschland ließen sich der 2008 in Langenhagen bei Hannover gegründeten Gruppe zuordnen. Der Gesamtwert liege derzeit nur bei ungefähr 150 Millionen Euro. Demgegenüber steht das Anlegergeld in Höhe von rund einer Milliarde Euro.
Im Video: Wie GPG-Anleger Millionen verlieren
Leipziger Immobilien im Portfolio
Der mutmaßliche Milliardenbetrug trifft nicht nur Investoren im Ausland, sondern auch den mitteldeutschen Raum. Wie die „Leipziger Volkszeitung“ auf Grundlage von Recherchen des MDR-Magazins „Exakt“ berichtet, finden sich auch Grundstücke in Leipzig auf der Liste der GPG. Etwa die „Dufourspitze“, eines der wenigen unbebauten innerstädtischen Areale in der Messestadt. Demnach erwarb GPG Ende 2016, damals noch als Dolphin Trust, die Brache zwischen Wundt- und Dufourstraße für 10,5 Millionen Euro und trug dort später mehr als 47 Millionen Euro Grundschulden ein. Bis heute fristet das Gelände allerdings ein tristes Dasein als Parkplatz. Laut Plänen sollten eigentlich sechs Mehrfamilienhäuser mit Gewerbeanteil und Tiefgarage entstehen.
Auch die ruinierte Karl-Krause-Fabrik in Leipzig-Anger-Crottendorf (erworben 2014 für 2,65 Millionen Euro) sowie eine frühere Gärtnerei im Stadtteil Wahren (erworben Anfang 2017 für sechs Millionen Euro) gehören der „LVZ“ zufolge zum Portfolio. Hinzu kämen die ehemalige Brikettfabrik in Neukirchen bei Borna (ersteigert 2010 für 500.000 Euro) und der alte Gutshof in Gröbers in der sachsen-anhaltinischen Gemeinde Kabelsketal (erworben 2018 für 2,5 Millionen Euro).
GPG-Gründer Smethurst im Fokus der Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt mittlerweile gegen den Gründer und früheren Geschäftsführer der GPG: den in Deutschland geborenen Briten Charles Smethurst. Ihm werden Insolvenzverschleppung und Anlagebetrug vorgeworfen. Der Ausgang des Verfahrens ist offen, ebenso wie der des Insolvenzprozesses.
Leipzigs Grüne machen mobil gegen Immobilienspekulation
Vor dem Hintergrund der GPG-Pleite fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Leipziger Stadtrat konsequentes Handeln gegen Immobilienspekulation. „Leerstand darf sich nicht lohnen“, sagt Tobias Peter, Fraktionsvorsitzender und wohnungspolitischer Sprecher. Die nun bekannt gewordenen Aktivitäten seien „nur die Spitze des Eisberges“. Spekulative Grundstücksgeschäfte mit Wertsteigerungen auf des Zehnfache in kurzer Frist seien auch in Leipzig keine Ausnahme.
Die Grünen haben im Stadtrat einen Antrag eingereicht, dass die Stadtverwaltung das gesetzliche Baugebot konsequent durchsetze, „wo Immobilienbesitzer spekulationsbedingt untätig sind“. Darüber hinaus brauche es ein mit dem Grundbuch verknüpftes Transparenzregister, den Verbot von Share Deals und verstärkte Prüfpflichten für Notare. Immobilienspekulation muss wirksam ausgebremst werden, so Tobias Peter weiter.