Weltschiedsrichter Dr. Felix Brych gab bei der SO!APART, Deutschlands größter Fachveranstaltung für Serviced Apartments, einen Einblick, wie er auf dem Platz agiert. Und welche Rolle Vorbereitung spielt.
Felix Brych gehört zu den bekanntesten Schiedsrichtern der Fußballwelt. Der promovierte Jurist aus München hat 14 Jahre international gepfiffen, Spieler wie Zlatan Ibrahimovi?, Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo begleitet – und steht regelmäßig zwischen den Fronten. In einem Umfeld, in dem jede Entscheidung von Millionen Menschen analysiert wird, bleibt er ruhig und fokussiert. Doch wie schafft er das?
„Meine Aufgabe ist es, Emotionen zu kappen“, erklärt Dr. Felix Brych in seiner Keynote bei der SO!APART. Als Schiedsrichter müsse er eine außergewöhnliche Präsenz zeigen, immer und schon vor dem Spiel. „Ich muss im Tunnel sein, alles andere, was nichts mit dem Spiel zu tun hat, ausblenden. Wenn mich in diesem Moment jemand fragen würde, wie ich heiße, ich wüsste es nicht.“ Jede Entscheidung bedeute Mut, damit könne man gewinnen. Jede Entscheidung brauche zudem Selbstvertrauen. Immer wieder müsse man neue Grenzen suchen, direkt ganz oben sei niemand. Manchmal tue es weh die Grenzen auszureizen, dann müsse man einen Schritt zurück und wieder los. Auch nach Fehlentscheidungen sei es Mut, der den nächsten Schritt möglich macht.
Fokus und Vorbereitung
Für Felix Brych ist mentale Vorbereitung der Schlüssel zu seiner Arbeit. Er analysiert Spieler, Systeme und Trainer im Voraus, kennt die Historie der Akteure. Das Mindset der Spieler liegt an ihrer Historie, die man kennen muss. „Ein Spiel pfeifen mit fünf roten Karten kann jeder, das Spiel aber ohne zu pfeifen: Das ist das, worauf es ankommt.“ Wichtig ist ihm: authentisch sein. „Ich brauche Präsenz auf dem Platz und Empathie.“ Spieler wie Lionel Messi, der selten spricht, nur spielen will, immer im Fokus steht und deshalb mehr gefoult wird, müsse man schützen, während andere wie Sergio Ramos als Sprachrohr in das Team hinein fungieren. „Ich bin streng, und die Spieler wissen das.“ Die Fähigkeit, Nähe und Distanz auszuloten, ist dabei entscheidend. „Das nächste Spiel ist immer das wichtigste, egal, was vorher war.“
Die Situation auf dem Platz wäre für viele ein Horror: Zehntausende Fans, zwei Mannschaften, Trainer, die Kollegen am Spielfeldrand, der Video Assistant Referee (VAR) im Kölner Keller, der sich einschalten kann. „Jede Entscheidung ist ein Konflikt, und ich liebe es, in diesen Konflikt zu gehen.“ Dabei komme es auf Mut und Selbstvertrauen an. „Wenn ich Mut hatte, habe ich meist etwas gewonnen“, sagt er und erinnert sich an Situationen, in denen selbst Stars wie Cristiano Ronaldo nicht zufrieden waren. Einmal stellte er den portugiesischen Superstar vom Platz – eine Entscheidung, die die Beziehung zwischen den beiden nachhaltig belastete. „Ich habe ihn nicht geschützt, habe nicht verstanden, was er wollte.“ Fehler einzugestehen ist für den studierten Juristen essenziell: „Man darf sich nicht belügen. Auf andere zu schimpfen, hilft nicht. Man muss zu sich kommen.“ Die Digitalisierung hat den Fußball revolutioniert, und der VAR ist für Felix Brych Fluch und Segen zugleich. „Für mich als Schiedsrichter ist es die einzige Möglichkeit, große Fehler zu vermeiden.“ Doch am Ende bleibe er allein mit seiner Entscheidung.
Wichtig sei, die Dinge nicht nur zu sehen, sondern auch zu fühlen. „Die Augen der Spieler verraten mir in den ersten drei Sekunden, was passiert ist“, beschreibt er seine Intuition. Dabei hilft ihm nicht nur seine juristische Ausbildung – „Indizien sind immer gut“ – sondern auch ein geschulter Blick: In Zusammenarbeit mit einer Theaterregisseurin hat er nonverbale Kommunikation perfektioniert. Die Spiele werden immer schneller, er könne nicht alle Dinge sehen, müsse aber trotzdem entscheiden. „Wenn es gut läuft, ist es unfassbar schön, wenn es schlecht läuft, nimmst du es Tage mit auch in das Privatleben.“
Privatleben als Anker
Nach dem Abpfiff sei es oft schwierig abzuschalten. „Meine Frau kann bestätigen, dass ich manchmal Tage brauche, um ein Spiel loszulassen.“ Dennoch hat Felix Brych gelernt, Grenzen zu ziehen. Ein stabiles soziales Umfeld, die bewusste Rückkehr in die Heimat und Ausflüge in die Berge geben ihm Halt. Social Media meidet er: „Ich weiß, dass sich dort etwas tut, aber ich lese es nicht.“