Auch bei dem Überflieger Logistik schmilzt die Rendite. Erste Warner vor Übertreibung gibt es bereits. Spannend bleibt es im Wohnsegment, das unter die Zwei-Prozent-Marke rutschen könnte. Ausländische Investoren ziehen sich zudem zurück.
Einhergehend mit den durchweg zufriedenstellenden Investmentumsätzen auf den deutschen Immobilienmärkten im vergangenen Jahr sind die Renditen segmentübergreifend weiter gesunken. Gleichwohl eröffnen sich für Immobilieninvestoren auch innerhalb der Segmente weiterhin aussichtsreiche Opportunitäten. Der Nachfragedruck hat vor allem bei Büro-, Industrie- und Logistikimmobilien weiter angehalten.
In den letzten zwei Jahren war der Sektor ausschlaggebend für die Investmentperformance. Somit konnten Anleger, die auf die richtigen Sektoren gesetzt haben, die höchsten Renditen einstreichen. In Europa, Asien und Nordamerika erzielten vor allem Logistikobjekte eine kräftige Outperformance, während Einzelhandelsobjekte, insbesondere in den USA und Europa, eine durchgängig unterdurchschnittliche Rendite brachten, heißt es in einem Investment-Outlook von Nuveen Real Estate. Damit unterscheide sich diese Entwicklung erheblich von der Situation nach der globalen Finanzkrise, wo sich die Spreizung der Renditen vor allem nach geografischen Merkmalen richtete.
2022: Sektoren mit dem stärksten Nutzerprofil sollten übergewichtet werden
Da sich inzwischen ein Preisniveau bei den Sektoren eingestellt habe, der dem jeweiligen mittelfristigen Potenzial entspreche, geht Nuveen davon aus, dass sich diese deutliche Differenzierung unter den Objektarten im Jahr 2022 nicht im gleichen Umfang wiederholen werde. Als Folge dürften sich die Renditeunterschiede zwischen den Objektarten angleichen. Um auch in 2022 eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen, empfehlen die Experten eine Strategie, bei der der Sektor mit dem stärksten Nutzerprofil übergewichtet werden sollte.
Höhere Renditen bei Büroobjekten im Segment Next Gen Prime Office
Da die Ertragsströme bei Büros wegen eines möglichen wirtschaftlichen Abschwungs und neuen Covid19-Beschränkungen unsicherer geworden sind, dürften Logistikimmobilien durchweg die höchsten Renditen abwerfen, wenngleich die Spitzenrenditen in diesem Sektor sich der Drei-Prozent-Marke nähern. Gleichwohl sollten Anleger Büroimmobilien, die an Top-Standorten eine durchschnittliche Spitzenrendite von 2,65 Prozent (zum Jahresende) abwarfen, nicht abschreiben.
Zum einen weisen Sekundärstandorte im Vergleich zu den sieben Bürohochburgen ein höheres Renditepotenzial auf (wenngleich der Spread kleiner geworden ist), zum anderen versprechen auch Büroobjekte im Segment Next Gen Prime Office (moderne, umweltfreundliche Büros) höhere Renditen. Laut der DWS beliefen sich die Renditeerwartungen auf sieben bis neun Prozent pro Jahr und damit um 3,5 bis 5,5 Prozentpunkte über den durchschnittlich erzielbaren Renditen im gesamten Segment.
Wohnimmobilien: Wird die zwei-Prozent in 2022 unterschritten?
Auch bei Wohnimmobilien setzt sich die Renditekompression fort. Nach Berechnungen von CBRE lag die Nettospitzenrendite im Durchschnitt der Top-7-Märkte zum Jahresende 2021 bei 2,2 Prozent, nach 2,3 Prozent Ende 2020. In Berlin, München und Frankfurt am Main habe die Nettospitzenrendite Ende 2021 sogar nur noch 2,1 Prozent betragen. Diese Entwicklung dürfte sich auch im laufenden Jahr fortsetzen.
Da Wohnimmobilien bei vielen Investierenden als Anleihesubstitut angesehen werden, dürfte weiterhin zusätzliches Kapital in diesen Markt fließen. Das rührt auch daher, dass sich der Investmentmarkt spürbar internationalisiert, ist einem Bericht von Savills zu entnehmen. Nach ihren Berechnungen seien aus dem Ausland im vergangenen Jahr Wohnimmobilien für mehr als zehn Milliarden Euro gekauft worden, der bisherige Höchstwert habe bei 3,7 Milliarden Euro gelegen.
Ähnlich wie im Bürosegment können Investoren auch bei Wohnimmobilien höhere Renditen einstreichen, wenn sie in Rand-Segmente wie bezahlbaren Wohnraum investieren, die eine Gesamtrendite von fünf bis sechs Prozent pro Jahr versprechen. Auch Mikroapartments und Student-Housing, die 2021 eine deutliche Erholung erlebten, bieten attraktivere Renditen als klassisches Wohnen und sind deswegen sowohl als Beimischung zu herkömmlichen Wohnportfolios, aber auch als eigenständige Portfolios begehrt, heißt es hierzu bei CBRE.
Logistik: Spitzenrenditen nähern sich der Drei-Prozent-Marke
Erneut wurden auf dem deutschen Industrie- und Logistikimmobilienmarkt neue Rekordvolumen erzielt. Insgesamt nach Angaben von Colliers im vergangenen Jahr über 9,2 Milliarden Euro. Auch in diesem Segment gingen die Renditen weiter auf Talfahrt, so dass die Spitzenrendite im Jahresverlauf um knapp 40 Basispunkte auf drei Prozent weiter abgeschmolzen ist.
Nach Einschätzung vieler Maklerhäuser werde sich die Kompression auch 2022 fortsetzen – allerdings weniger im Spitzenbereich als bei risikoreicheren Anlagen. Dennoch müsse langsam auch das Risiko von Übertreibungen gewichtet werden, mahnt Deka Investments: Extrem hohe Bewertungen seien ein Risiko mit Blick auf die Zinswende, die sich vor dem Hintergrund hartnäckiger Inflation immer deutlicher abzeichne.
Einzelhandel: Zweiteilung des Marktgeschehens spielt sich in Renditeentwicklung wider
Im Einzelhandelssegment sanken die Spitzenrenditen laut Colliers auf 3,5 Prozent für gut funktionierende Fachmarktzentren und 4,4 Prozent für einzelne Fachmärkte und liegen nun beide unter denen für Shoppingcenter von 4,7 Prozent. Objekte in 1A-Lagen der sieben großen Investmentzentren bewegten sich in einer Spanne von 2,80 Prozent in Frankfurt und 3,40 Prozent in Düsseldorf, Köln und Hamburg. Trotz voranschreitender Renditekompression würden vor allem Fachmärkte und Fachmarktzentren mit Lebensmittelschwerpunkt Bruttospitzenrenditen um die vier Prozent erbringen, die nur von deutlich risikoreicheren Investments wie Büros in B- und C-Städten oder Shopping-Centern in der Höhe übertroffen werde.
Käuferschichten: Internationales Kapital zieht sich aus Deutschland zurück
Nach Erhebungen von Cushman & Wakefield waren internationale Investoren zu 38 Prozent am Transaktionsvolumen beteiligt, der niedrigste Anteilswert seit 2013. Neben der eingeschränkten Reisefreiheit hänge dies auch damit zusammen, dass vor allem manche asiatischen Investoren die hohen Kaufpreise für deutsche Core-Produkte nicht mittragen. Andererseits sondierten vermehrt ausländische Private-Equity-Gesellschaften den Markt.
Daher werde das Marktgeschehen auf Käuferseite überwiegend von zwei gleichstarken Investorengruppen dominiert: Asset- und Fondsmanager wie auch die offenen Immobilien- und Spezialfonds, die jeweils ein Anlagevolumen von 1,7 Milliarden Euro platzierten, was einem Marktanteil von 21 Prozent entspreche. Auch bei den Verkäufern belegten Asset- und Fondsmanager zusammen mit Opportunity Fonds/Private Equity die Spitzenplätze.