Ein persönliches Anliegen: In der Stellungnahme gibt Christoph Gröner den Medien eine Mitschuld an der Insolvenz. Ich habe ein Volontariat bei einer Lokalzeitung gemacht, jahrelang für verschiedene Medien gearbeitet. Auch wenn ich jetzt Lobbyistin bin, finde ich – bei allem Verständnis für Notlagen – diesen Vorwurf unverfroren.
„Bis Ende Oktober 2024 ist es gelungen, trotz hartnäckig kreditschädigender Berichterstattungen über die Gröner Group GmbH und deren Geschäftsführer, die Geschäftspartner davon zu überzeugen, in die Gröner Group GmbH und deren Erfüllung aller Zahlungsverpflichtungen zu vertrauen. Die gleichwohl andauernde negative und in Teilen grob falsche Berichterstattung sowohl etablierter wie auch eher boulevardesker Wirtschaftsmedien erschwerte nicht nur die Aufrechterhaltung des dringend benötigten Vertrauens, sie zerstörte dies auch nachhaltig. Die Geschäftsleitung der Gröner Group GmbH hat daher für die Gröner Group GmbH Insolvenzantrag beim Amtsgericht Leipzig gestellt.“ Das ist das Original-Zitat aus der Mitteilung des Unternehmens. Nur kurze Zeit später gab es die Nachricht, dass auch für eine Objektgesellschaft für das Bürogebäude Stützeläckerweg 12-14 im Frankfurter Stadtteil Rödelheim ein Insolvenzverfahren beantragt wurde. Für das Leipziger Projekt Mariannen-Campus Nord wurde ebenfalls das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet. Persönlich haftender Gesellschafterin dieser Projekt-KG ist ein Unternehmen der Leipziger Holding CGRE – die Verbindungen zu Christoph Gröner bekannt.
„Wenn Sie ein großes Vermögen haben, können Sie es durch Konsum nicht mehr zerstören. Sie schmeißen das Geld zum Fenster raus und es kommt zur Tür wieder hinein“, sagte Christoph Gröner im Film „Ungleichland“. Oder: „Wir leben in der geilsten Gesellschaft der Welt. Hier kann jeder werden, was er will.“ Der Film sorgte damals für jede Menge Aufsehen, es folgten zahlreiche Interview in den großen Tageszeitungen Deutschlands und in den Talkshows war er gern gesehener Gast. Weil es sich mit ihm gut streiten ließ, er sich über Empörung freute und zur Freude der Moderatoren auf alles eine Antwort hatte. Nun fanden einige seiner Unternehmen keine Antworten auf die bekannten Umgebungsvariablen, die der kompletten Branche zu schaffen machen. Umso mehr erstaunt das Statement: Die Presse ist schuld. Auch wenn ich heute eher Lobbyistin als Journalistin bin, erstaunt mich diese Schuldzuweisung. Oder anders: Das ist unverfroren. Es greift schlicht und ergreifend zu kurz. Und irgendwie wirkt es auch bockig, unsouverän. Christoph Gröner bleibt wage, er, der sonst immer scharf schießt. Welche Berichterstattung meint er, welche Schlagzeile? Meint er das Beiwort Spekulant, den Titel Baulöwe?
Kolportiert werden nicht erst seit wenigen Wochen, dass Rechnungen nicht bezahlt wurden. Gerüchte machten bei der EXPO REAL die Runde, dass es eine Taschenpfändung gab, die Polizei auftauchte. Handwerker haben schon länger ihre ganz eigene Meinung über die Zahlungsmoral des Unternehmens. Daran sind auch die Medien schuld?
Die Unternehmen von Christoph Gröner haben sich in einem Umfeld bewegt, das von steigendem Kapitalbedarf, wachsender Unsicherheit und einer veränderten Risikobereitschaft geprägt war. Als Kapitalgeber in komplexen Projekten und mit Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften hatten sie ein anspruchsvolles, oft riskantes Geschäftsfeld. Die Realität ist, dass die Zinswende, die Inflation und die gestiegene Kreditvorsicht der Banken die gesamte Branche vor gravierende Herausforderungen gestellt haben. Mitte Oktober hatte Christoph Gröner die Rücknahme aller Insolvenzanträge erwirkt, ließ sich zitieren mit: „Wir sind eine adaptive Unternehmensgruppe, die in der Lage ist, auch unter erschwerten Bedingungen Wachstumspotenziale auszuschöpfen. Der Fokus liegt auf unserer eigenen Unternehmensstärke, die zu unseren verlässlichen Partnerschaften mit Banken, Sparkassen und Volksbanken sowie institutionellen und privaten Investoren geführt hat. Wir können jederzeit fünf oder zehn Millionen Euro Liquidität nachweisen, um den laufenden Geschäftsbetrieb zu unterstützen.“
Medien spielen ihre Rolle, indem sie berichten, analysieren und den Finger auf wunde Punkte legen. Doch Berichterstattung allein – sei sie kritisch oder wohlwollend – kann kaum solide Geschäftsstrategien untergraben, wenn diese fest auf stabilen Säulen stehen. Ein Blick auf die jüngsten Insolvenzen zeigt, dass die Problemlage tief verwurzelt ist: Strukturelle Marktentwicklungen, übergreifende wirtschaftliche Faktoren und die Bereitschaft oder der Zwang von Gläubigern und Investoren, Vertrauen in unsicheren Zeiten zu bewahren, sind die wahren Schlüssel zu diesem Problem.
Christoph Gröner selbst hat im Rückblick betont, dass er auf Vernunft und Verantwortungsbewusstsein gesetzt hat. Dass sich diese Hoffnung nicht erfüllt hat, spricht eher für die Härte der Marktumstände als für die Macht der Medien. Es wäre zu einfach, die Konsequenzen einer Insolvenz an der Oberfläche festzumachen und mit dem Finger auf andere zu zeigen. Vielmehr verlangt die Realität differenzierte Betrachtungen und die Erkenntnis, dass wirtschaftlicher Erfolg oder Misserfolg nie monokausal zu betrachten ist. Die Schlüsselfragen liegen hier in der Marktstabilität, der strategischen Flexibilität und letztlich im Vertrauen der Beteiligten. Und nicht in der Hand der Medien.
Update vom 11. November 2024: Laut Thomas Daily sind mit der CG MI6 Office und der CG Dudenstraße II über zwei weitere Gesellschaften im Umfeld der Gröner Gruppe vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet worden.