IBB-Wohnungsmarktreport 2021: Weniger Neubau und steigende Mieten auch im Umland

IBB-Wohnungsmarktreport 2021: Weniger Neubau und steigende Mieten auch im Umland

IBB-Wohnungsmarktreport 2021: Weniger Neubau und steigende Mieten auch im Umland
Die Investitionsbank Berlin veröffentlichte den Wohnungsmarktbericht 2021. Copyright: (links) Lukasz Czeladzinski on Unsplash; (rechts) Investitionsbank Berlin

Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass weniger Menschen nach Berlin gezogen sind als erwartet und die Einwohnerzahl um 0,1 Prozent gesunken ist: Doch der Wohnungsmarkt bleibt angespannt. Zwar konstatiert Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, im aktuellen Bericht der Investitionsbank Berlin (IBB): „Auch wenn die Pandemie für andere Lebensbereiche zum Teil verheerende Auswirkungen hat, verschaffte dies beim Nachfragedruck am Wohnungsmarkt eine Verschnaufpause.“ Mehr aber auch nicht – das zeigen die Zahlen im Bericht deutlich.

Agentur

Der Bestand an Mietwohnungen ist lediglich um 0,6 Prozent gewachsen. Die Zahl der Sozialwohnungen hat sogar um 0,2 Prozent abgenommen. Erstmals seit zehn Jahren sind 2020 weniger Wohnungen fertiggestellt worden als das Jahr zuvor. Auch die Zahl der Baugenehmigungen sinkt. Sie lag 2020 bei 20.459 und blieb damit zum vierten Mal hinter dem Wert des  Vorjahres zurück. Inzwischen gibt es neue Zahlen vom Amt für Statistik. Die Baugenehmigungen sind 2021 abermals rückläufig. Es wurden nur 18.716 Wohnungen genehmigt.

Mietendeckel und Enteignungsbestrebungen drücken Bauwillen

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage: Wer will bauen – beziehungsweise wer will nicht mehr bauen und warum? Laut IBB-Bericht haben in Berlin über Jahre hinweg vor allem private Wohnungsunternehmen für einen Zuwachs des Wohnungsbestandes gesorgt. Auf dem Höhepunkt 2018 wurden 15.500 Baugenehmigungen für private Investoren erteilt. Die Zahl ist seither gesunken. Sie lag 2020 nur noch bei 11.000.

Als Gründe nennen die Analysten: „Die Ereignisse der vergangenen zwei Jahre, vordergründig der Mietendeckel, aber auch die Initiative zum Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen und gegebenenfalls die Anfänge der Corona-Pandemie, scheinen sich negativ auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen ausgewirkt zu haben.“

Mieten wieder auf Vor-Corona-Niveau

Anders sieht die Entwicklung bei den Mieten aus: Die angebotenen Nettokaltmieten für inserierte Wohnungen auf Online-Portalen sind erwartungsgemäß gestiegen, nachdem das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel im April 2021 für verfassungswidrig erklärt hat. Die IBB-Analysten weisen für 2021 eine mittlere Angebotsmiete von 10,55 Euro pro Quadratmeter aus: Mit einem Anstieg von 0,41 Euro pro Quadratmeter wurde damit das Niveau von 2019, also vor dem Mietendeckel, leicht überschritten. Das durchschnittliche Einkommen hat ebenfalls zugelegt: von 2019 zu 2020 um 3,6 Prozent. Die ermittelten Angebotsmieten sprechen nicht für Mietenwahnsinn, sondern für einen Zuwachs im Rahmen der Inflation und der erheblich gestiegenen Baukosten.

Keine klaren Zahlen zu Vermietungen mehr

In der besonders nachgefragten City wurden allerdings im Durchschnitt 13 Euro pro Quadratmeter verlangt, im Bezirk Mitte sogar 14 Euro. Deutlich fällt auch die Steigerung von 8,9 Prozent bei den Angebotsmieten für Neubauwohnungen aus: Hier lag der Median bei 16,62 Euro pro Quadratmeter. Wie aussagekräftig diese Zahlen sind, ist unklar. Denn ein Teil der Wohnungen wird seit dem Mietendeckel-Debakel nicht mehr über Online-Portale angeboten und wenn, dann als Tauschwohnung oder im möblierten Segment.

Hinrich Holm, Vorstandsvorsitzender der IBB, erklärt, dass bei der Zahl der inserierten Mietwohnungen in den gängigen medialen Plattformen eine Rückkehr zur Normalität ausgeblieben sei. „Sie stagnierte auf niedrigem Niveau.“  Möglicherweise hätten Vermieter andere, nicht erfassbare Vermietungswege genutzt.

Mehr Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen

Auch die Preise für Eigentumswohnungen sind gestiegen. 2021 wurden im Mittel 5.416 Euro pro Quadratmeter aufgerufen und damit 8,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Neubauwohnungen waren deutlich teurer als Bestandswohnungen. Bemerkenswert ist, dass es 2020 einen Schub bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen gegeben hat. So wurden laut IBB-Bericht 19.400 Wohnungen umgewandelt: Das ist der höchste Wert der vergangenen zehn Jahre. Der Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel erklärt: „Auch wenn ein Zusammenhang statistisch nicht unmittelbar herzustellen ist, hat sich der ‚Mietendeckel‘ vermutlich strukturell auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ausgewirkt.“

Vermuten lässt sich auch, dass nicht allein der Mietendeckel private Eigentümer verunsichert und dazu gebracht hat, ihre Mietimmobilien in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Ursache ist eher das Gesamtpaket von Regulierungen: Mietendeckel und Mietpreisbremse, die zunehmende Ausweitung von Milieuschutzgebieten, die Vorkaufspraxis, das angekündigte und 2021 dann eingeführte Umwandlungsverbot im Rahmen des Baulandmobilisierungsgesetzes und die Forderungen nach Enteignung, die von Teilen der alten R2G-Koalition aktiv unterstützt wurden.

Wer sich den Traum von einem Einfamilienhaus erfüllen wollte, musste 2021 ebenfalls erheblich mehr Geld aufbringen als im Vorjahr. Laut IBB-Bericht sind die Preise im Mittel um 88.000 Euro auf 660.000 Euro gestiegen. Häuser im Bestand sind sogar teurer als Neubauhäuser. Die Entwicklung in der Hauptstadt hat Auswirkungen auf das Umland. Einfamilienhäuser haben sich rund um Berlin 2020 um 15 Prozent verteuert, sind aber laut IBB im Mittel immer noch erheblich günstiger als in Berlin. Sie kosten im Mittel rund 135.000 Euro weniger. Der Median lag 2021 bei 525.000 Euro. Wer hinter der Stadtgrenze mieten will, stößt auf Mietangebote, die sich kaum noch von denen der Hauptstadt unterscheiden. Im Mittel lagen die Angebotsmieten im Umland bei 10,51 Euro pro Quadratmeter.

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