Ralph Reinhold, Vorstand & CEO der Omega AG, analysiert für IMMOBILIEN AKTUELL die Hidden Champions. Er zeigt die Vorteile der B-, C- und D-Metropolen auf, fordert mehr Mut der Investoren und betont die gute Finanzstruktur.
An breiter Diversifizierung führt beim erfolgreichen Investieren in Immobilien kein Weg vorbei. Es ist das einzig wirksame Mittel gegen Klumpenrisiken.
Facettenreichtum Deutschlands nutzen und in die Provinz investieren
Viele Investoren jedoch verwechseln geographische Diversifizierung mit einer Streuung über die sieben A-Städte, oder sie benutzen das Wort gleichbedeutend mit einer Expansion ins Ausland. Doch das muss gar nicht sein. Denn damit unterschätzt man das Potenzial, welches der Facettenreichtum Deutschlands bietet, wenn man einmal die Scheuklappen ablegt. In kaum einem anderen Land Europas hat die vermeintliche Provinz derart viel zu bieten.
Deutschland als weltweites Zentrum der Hidden Champions
Das gilt nicht nur für die Auswahl an lokalen Biersorten. Viel wichtiger: Kaum ein Land ist wirtschaftlich so breit und erfolgreich und zugleich so heterogen und ausdifferenziert aufgestellt. Erst kürzlich hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) mit eindrucksvollen Zahlen belegt, dass Deutschland unbestritten das weltweite Zentrum der Hidden Champions ist: Fast 1.600 der weltweit 3.400 Hidden Champions sind in Deutschland ansässig. Unsere beiden deutschsprachigen Nachbarländer Schweiz und Österreich bringen es jeweils auf 170. Damit ist mehr als die Hälfte aller Hidden Champions weltweit im DACH-Raum beheimatet. Die nächstplatzierten USA (350) und Japan (280) sind da weit abgeschlagen.
Der Begriff Hidden Champion ist jedoch untrennbar mit der Provinz verbunden. Es sind mittelständische, familien- beziehungsweise inhabergeführte Unternehmen, die sich über ihre Region hinaus nicht ins Rampenlicht stellen, die nicht am Kapitalmarkt notiert sind, die sich auf ihre Arbeit konzentrieren und in dem, was sie tun, zu den Weltmarktführern gehören – so die Definition Hidden Champion.
Die Inhaber und ihre Familien sind in den Regionen aktiv, in denen sie oftmals seit Generationen leben. Hidden Champions sind keine Spezialität von Berlin oder Frankfurt am Main. Man findet sie aber beileibe nicht nur auf der Schwäbischen Alb, sondern auch im Emsland, in Ostwestfalen, im Fränkischen oder in Schleswig-Holstein. In vielen Regionen sind so branchenspezifische Cluster entstanden.
Und Provinz muss in diesem Zusammenhang auch nicht automatisch ländlicher Raum bedeuten. Die sieben A-Städte in Deutschland bringen es zusammen auf gerade mal zwölf Prozent der Bevölkerung – in eher zentristischen Ländern wie Frankreich oder Großbritannien undenkbar. Der mit fünf Millionen Einwohnern eigentlich größte Ballungsraum – das Ruhrgebiet – zählt nach gemeiner Lesart nicht zu den Top-Städten. Deutschland hat mehr als 80 Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern, 15 davon sind Halbe-Million-Städte aufwärts. Das ist in Europa einzigartig. Und viele dieser Städte und Regionen weisen sehr unterschiedliche Wirtschaftsstrukturen auf, was eine effektive Diversifikation erst möglich macht.
Viele Investoren übersehen die Chancen der Provinz zur Diversifikation
Doch viele große Investoren aus dem In- und Ausland übersehen diese Chancen. Sie konzentrieren sich auf die sieben A-Städte – was dort die Preise in die Höhe und die Renditen in den Keller treibt – und/oder verstehen unter geographischer ausschließlich eine internationale Diversifikation. Eine internationale Strategie erhöht aber unnötig den Komplexitätsgrad; Gesetze und Gepflogenheiten können sich zum Teil erheblich unterscheiden. Das will wohlüberlegt sein und bringt auch Risiken mit sich. Lohnen kann sich das erst bei größeren Beträgen.
Finanzierungspartner sorgen für dezentrale Kapitalversorgung bis in die letzten Ecken
Hinzu kommt eine weitere Besonderheit der deutschen Provinz: Man findet überall Finanzierungspartner mit hoher Lokalkompetenz. Die rund 400 Sparkassen und 800 genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken sorgen für eine breite dezentrale Kapitalversorgung bis in die letzten Ecken des Landes und ergänzen damit die großen privaten Geschäfts- sowie Landes- und Förderbanken. Sie fühlen sich in der Regel auch der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Heimatregion verpflichtet, und nicht allein dem Shareholder-Value. Dieses Netz sichert in allen Regionen kompetente Ansprechpartner und ermöglicht faire Finanzierungsbedingungen.
Gerade in Zeiten, in denen die Immobilienpreise in den hoch bewerteten deutschen A-Städten sowie ausländischen Metropolen wie Paris oder London womöglich ihre Höchststände gesehen haben und die Ankaufsrenditen wieder steigen, dürfen sich Investoren in B-, C- und D-Städten glücklich schätzen, die mit adäquaten Preisen und Renditen gerechnet haben und jetzt nicht befürchten müssen, dass in ihren Bewertungen viel Luft entweicht. Auch das ist ein unschätzbarer Vorteil. Voraussetzung ist jedoch Offenheit auch für vermeintlich periphere Regionen statt Tunnelblick auf die schillernden Metropolen.