Das sächsische Kabinett hat am 31. Mai 2022 die Mietpreisbegrenzungsverordnung beschlossen. Für die Städte Dresden sowie Leipzig tritt mit der Veröffentlichung der Verordnung im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt die sogenannte Mietpreisbremse in Kraft. So reagieren Politik und Immobilienbranche auf den Beschluss.
Mietpreisbremse für die sächsischen Metropolen Leipzig und Dresden
Artikel vom 03. Juni 2022: Mit Eintreten der Mietpreisbremse dürfen in den beiden Städten die zu Beginn eines neuen Mietverhältnisses vereinbarten Mieten maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die für eine Wohnung geltende ortsübliche Vergleichsmiete ergibt sich aus dem Mietspiegel der jeweiligen Stadt.
Die Einführung der sogenannten Mietpreisbremse war im Jahr 2019 im sächsischen Koalitionsvertrag vereinbart worden. Die Regelung soll auf angespannten Wohnungsmärkten überdurchschnittliche Steigerungen der Mietpreise bei Neuvermietungen verhindern. Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 556d) bietet den Landesregierungen die Möglichkeit, per Rechtsverordnung befristet bis zum Ende des Jahres 2025 Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten zu bestimmen, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dort gilt dann die Mietpreisbremse.
Bereits im Juni 2020 hatte das Kabinett die Regelung zur abgesenkten Kappungsgrenze bis zum 30. Juni 2025 verlängert. Mieten in bestehenden Mietverhältnissen dürfen demnach in Dresden und Leipzig innerhalb von drei Jahren nur um maximal 15 Prozent angehoben werden. Auch diese Regelung war im Koalitionsvertrag vereinbart worden.
⊕⊕⊕ Pro Mietpreisbremse ⊕⊕⊕
Thomas Löser, wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag: „Sachsen steht endlich vor der Einführung einer Mietpreisbremse – und geht damit einen wichtigen Schritt für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum. Gerade in Dresden und Leipzig hat sich der Wohnungsmarkt in den vergangenen Jahren zunehmend aufgeheizt. Immer häufiger werden einkommensarme und sozial benachteiligte Menschen aus bestimmten Quartieren verdrängt oder sind von Wohnungslosigkeit betroffen. Mit der Mietpreisbremse gehen wir als Koalition ein Problem an, das für viele Menschen in Sachsens Großstädten zu den größten finanziellen Belastungen gehört.“
„Wohnen muss für alle Menschen in Sachsen bezahlbar bleiben.“
Albrecht Pallas, wohnungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag: „Insbesondere in Dresden und Leipzig ist Wohnen zur sozialen Frage geworden, die gerechte Antworten erfordert. Die Mietpreisbremse ist ein Instrument, das insbesondere Familien und Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen auf den überhitzten Wohnungsmärkten in Dresden und Leipzig helfen soll. Die Mietbelastung in den Großstädten hat unzumutbare Ausmaße angenommen. Wir begrüßen die Einführung, auch wenn wir sie gern eher im Kabinett gesehen hätten. Die Mietpreisbremse sorgt für eine Verlangsamung des Mietanstiegs bei Neuvermietung und wirkt vor allem im Zusammenspiel mit Mietspiegeln und der bereits jetzt wirksamen Kappungsgrenze für Bestandsmieten, so gewinnen wir Zeit, bis ausreichend bezahlbare Wohnungen verfügbar sind.
Deshalb gilt: wir müssen mehr Tempo in einen bedarfsgerechten Wohnungsbau bekommen! Sozialer Wohnungsbau, Leerstandssanierungen, Baulandmobilisierung oder Erleichterungen für gemeinwohlorientierte Vermieter sind geeignete Instrumente. Auch ein Zweckentfremdungsverbot ist hilfreich, damit mehr Wohnraum für diejenigen da ist, die in den Städten wohnen.”
Mietpreisbremse allein reicht für Leipzig und Dresden nicht
Für Juliane Nagel, Sprecherin der Linksfraktion für Wohnungspolitik, geht die Mietpreisbremse nicht weit genug: „Die Koalition lobt sich für die Mietpreisbremse, aber die kommt anderthalb Jahre zu spät und wirkt mäßig. CDU, Grüne und SPD hätten die Mieterinnen und Mieter längst besser vor horrenden Neuvertragsmieten in Bestandswohnungen schützen können. Wir müssen die Marktmacht der börsennotierten Konzerne brechen und gemeinwohlorientierte Akteure fördern! Jüngst wurde bekannt, dass Vonovia die Mieten angesichts der Inflation erhöhen will. Dabei hat dieses Unternehmen letztes Jahr 1,7 Milliarden Euro Gewinn erzielt und die höchste Dividende der Unternehmensgeschichte ausgezahlt.
Mieten und Energiekosten steigen viel stärker als die Einkommen. Das frisst immer größere Teile der kleinen Einkommen vieler Menschen auf. Das Mantra der Immobilienlobby, dass der Markt die Sache regelt, stimmt nicht. Helfen kann nur staatliche Regulierung. Die Mietpreisbremse bremst aber kaum: Sie gilt weder für modernisierte Wohnungen noch für Neubauten. Auch in Leipzig und Dresden treiben teure Luxusneubauten den Mietspiegel in die Höhe. Das schwächt auch die Mietpreisbremse, die auf der ortsüblichen Vergleichsmiete basiert.
„Nötig ist ein bundesgesetzlich verankerter Mietendeckel für Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt und Wohnungsnot, der Mieterhöhungen begrenzt, Wiedervermietungsmieten beschränkt und die Absenkung überhöhter Mietpreise ermöglicht.“
Die Koalition sollte unserem Gesetzentwurf folgend ein Zweckentfremdungsverbot einführen und den sozialen Wohnungsbau verstärken. Sozialwohnungen müssen Sozialwohnungen bleiben.“
⊖⊖⊖Contra Mietpreisbremse⊖⊖⊖
René Hobusch, Präsident des Verbandes Haus & Grund Sachsen e.V.: „Mit der Mietpreisbremse werden die privaten Kleinvermieter besonders bestraft. Sie stellen die größte Anzahl von Wohnungen zur Verfügung. In der Regel zur ortsüblichen Vergleichsmiete, häufig sogar darunter. Mieterhöhungen werden von privaten Vermietern in der Regel nur bei Mieterwechsel vorgenommen. Die Begrenzung führt dazu, dass für Modernisierungen und energetische Ertüchtigungen häufig kein Spielraum mehr bleibt. Mit Durchschnittsmieten unter sieben Euro pro Quadratmeter sind Leipzig und Dresden eben gerade nicht mit München, Frankfurt oder Stuttgart vergleichbar.
Mit dem Kreieren eigener landesweiter Vergleichskriterien schafft sich der Freistaat seinen eigenen rechtlichen Kosmos und begibt sich zudem in eine rechtlich zweifelhafte Parallele zur Mietendeckelentscheidung in Berlin. Einen landesweiten Median von Angebotsmieten sieht das BGB gar nicht vor. Es geht der Landesregierung offenbar um ein politisches Signal und nicht um ein vernünftiges Abwägen und Bewerten der Realität im Freistaat. Am Ende werden Mieten in beiden großen Städten, die noch weit unter dem Bundesdurchschnitt liegen, mit schrumpfenden ländlichen Regionen verglichen, die unter hohen Leerständen und einer ruinösen Abwärtsspirale leiden.“ (Haus & Grund hat angekündigt, die Mietpreisbegrenzungsverordnung auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.)
BFW Landesverband Mitteldeutschland e.V.: „Die beiden Metropolen brauchen neue Wohnungen, es müssen Anreize zum Bauen geschaffen werden.
„Die Mietpreisbremse dagegen ist ein Stoppschild für Investitionen.“
Kein Investor erstellt oder kauft eine Immobilie mit bereits vorprogrammiert eingefrorenen Mieten“, sagt Frank Müller, Vorstandsvorsitzender BFW Mitteldeutschland e.V. Der Verband befürchtet auch Auswirkungen der Mietpreisbremse auf Projekte der sozialen Mietwohnraumförderung. Wohnungen, die in den kommenden Jahren aus der Bindung fallen, können noch langsamer als bisher an die Marktmiete herangeführt werden. „Dies wird in vielen Fällen zwangsläufig zur Unwirtschaftlichkeit der Bestände führen“, so Frank Müller.
„Nur wenn auch Bestandsmieten bei Weitervermietung relativ marktkonform angepasst werden können, investieren Markteilnehmer in Instandhaltung und Sanierung, um Wohnen bezahlbar, energieeffizient und generationengerecht zu gestalten.“ Aus Sicht des Verbandes ist es sinnvoll, wenn die Landespolitik den Dialog mit der gesamten mittelständigen Immobilienwirtschaft für Sachsen sucht und Kritikpunkte wissenschaftlich und juristisch evaluiert. „Staatliche Eingriffe zu Lasten der Immobilienwirtschaft erschaffen stattdessen das größte Investitionshemmnis für privates Kapital: Rechtsunsicherheit und damit immer weniger Investments in den dringend so erforderlichen Wohnungsneubau.“
Mirjam Philipp, Vorstand des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften (VSWG): „Es gibt in Sachsen keine Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt im Sinne des § 556d BGB. Durch eine Mietpreisbegrenzungsverordnung – unterstellt es gäbe Wohnraumknappheit in Sachsen – wird kein zusätzlicher Wohnraum geschaffen; es wird vielmehr die Investitionsbereitschaft der Wohnungsunternehmen und so auch der Wohnungsgenossenschaften gesenkt. Das heißt, die vermeintliche Wohnungsknappheit würde durch die Mietpreisbremse nicht beseitigt, sondern erst geschaffen. Die ganze Diskussion ist ideologisch unterwandert, was sich auch in der rechtlich nicht nachvollziehbaren Begründung zur Einführung der Rechtsverordnung zeigt.
„Angespannte Wohnungsmärkte sind gerade en vogue.“
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass auf Teufel komm raus in Dresden und Leipzig angespannte Wohnungsmärkte geschaffen werden sollen, um sich sozial fürsorglich zu zeigen. Das ist die falsche Baustelle und für die sächsische Wohnungswirtschaft und damit letztendlich für die Mieter und Mitglieder kontraproduktiv. Der Schluss, es bestehe Wohnungsknappheit, die letztendlich nur durch Neubau kompensiert werden könne, wird gerade durch die Mietpreisbremse konterkariert, da den Bestandshaltern vor Ort erst durch die Mietpreisbremse Investitionsspielräume genommen werden und zudem ein wirtschaftliches Risiko bei der Neuvermietung implementiert wird.
Die sächsischen Wohnungsgenossenschaften stellen ihren Wohnraum seit jeher sozial verantwortungsvoll zur Verfügung. In Leipzig beträgt der Leerstand der Wohnungsgenossenschaften 6,8 Prozent (dies entspricht 3.833 Wohnungen) und in Dresden 3,0 Prozent (entspricht 1.834 Wohnungen), so dass hier genügend sofort marktfähige Wohnungen zur Verfügung stehen. Bewertet man diese Zahlen noch unter dem Blickwinkel der aktuell rückläufigen Zuzugszahlen und der demografischen Entwicklung so wird deutlich, dass sich der Markt weiter entspannt.“
Mietpreisbremse in Dresden tritt in Kraft
Update vom 13. Juli 2022: Für die Landeshauptstadt Dresden tritt heute die Mietpreisbremse in Kraft. Ab sofort darf die Wohnungsmiete bei Abschluss eines neuen Mietvertrags maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die ortsübliche Vergleichsmiete ergibt sich aus dem Mietspiegel, der auf www.dresden.de veröffentlicht ist.
Dr. Kristin Klaudia Kaufmann, Beigeordnete für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen, begrüßt das Inkrafttreten der Mietpreisbremse: „Die Einführung der Mietpreisbremse in Dresden war überfällig. Die Landhauptstadt Dresden hat jahrelang dafür gekämpft. Mit der neuen Mietpreisbegrenzungsverordnung attestiert die Landesregierung, dass der Wohnungsmarkt in Dresden angespannt ist. Ein Zustand, den die Stadtverwaltung auch statistisch nachweisen kann.
Gerade das Angebot an bezahlbarem Wohnraum geht seit Jahren spürbar zurück. Die Mietpreisbremse soll der Preisspirale bei Neuvertragsmieten Einhalt gebieten. Die Mietpreisbremse ist kein Freifahrtschein für Vermieter, die Mieten jetzt in jedem Fall um zehn Prozent zu erhöhen. Die Stadt behält die Entwicklung sehr genau im Blick. Auch die Mieterinnen und Mieter sollten das tun und sich bei Bedarf rechtlichen Rat einholen. Für Inhaberinnen und Inhaber eines Dresden-Passes ist die Mietrechtsberatung sogar kostenfrei.“
Alexander Müller vom Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. äußert sich dagegen kritisch zur Einführung: „Wir betrachten die Einführung der Mietpreisbremse kritisch, weil sie die Ursachen der Wohnungsknappheit in Dresden nicht beseitigt. Wir verfolgen aber mit der Stadtverwaltung das gemeinsame Ziel, möglichst viel preiswerten Wohnraum in Dresden zu schaffen und anzubieten. Hierzu benötigen wir dringend die Unterstützung der Landesregierung in Form einer spürbaren und praktikablen Förderung für den Wohnungsbau.“