In Kaiserslautern könnte das Fritz-Walter-Stadion schon bald den Mittelpunkt eines neuen Stadtquartiers bilden. Denn Teile der Flächen in und um die Sportarena können auch außerhalb der Spielzeiten gut genutzt werden – etwa zum Wohnen, Einkaufen und Arbeiten. Das deutschlandweit einzigartige Konzept ist für Vereine, Kommunen und Investoren äußerst verlockend. Das Frankfurter Team des auf Bau und Immobilen spezialisierten Beratungsunternehmens Drees & Sommer SE erarbeitete einen Masterplan für das neue Viertel am Betzenberg. Die weitere Quartiersentwicklung erfolgt unter anderem über Workshops und Veranstaltungen für Bürger.
Mit den umgestalteten Nutzungsmöglichkeiten des Fritz-Walter-Stadions könnte bald ein multifunktionaler Stadtteil auf dem Betzenberg entstehen. „Tradition braucht Zukunft. Mit der erweiterten Nutzung des Stadionareals könnten wir einen Platz schaffen, an dem nicht nur der FCK, sondern auch das Leben spielt“, sagt Dr. Klaus Weichel, Oberbürgermeister der Stadt Kaiserslautern.
Ein neuer Stadtteil auf dem Betzenberg? DAS ist geplant...
- Bereich um das Stadion: Nach den vorläufigen Plänen der Stadt sind hier Wohnanlagen mit Einrichtungen für Senioren, eine Kindertagestätte und ein Ärztehaus vorgesehen. Ein „Haus des Sports“ soll Raum für Physiotherapie, Sportschulen, Vereine, eine Sport-Akademie sowie Veranstaltungen bieten. Auch ein Rehazentrum oder eine Yogaschule sind in der Einrichtung möglich.
- Gegenüber dem Stadion: Hier sind Veranstaltungsflächen, ein Hotel und ein Spa geplant. Genauso sind Büroräume, Hochgaragen und Gastronomien im neuen Viertel vorgesehen.
- Am Quartiersrand: Geschosswohnungen und Stadtvillen sollen hier Wohnraum bieten.
- In der Südtribüne oder im Logenturm direkt am Stadion: Hier könnten moderne CoWorking-Spaces und Start-up-Locations realisiert werden. Zusätzliche Containermodule ermöglichen eine kurzfristige und günstigere Nutzung.
„Das Fritz-Walter-Stadion bietet viele ungenutzte Räume und Flächen, vor allem in der Ost- und Südtribüne, die auch den Spielbetrieb und die Zuschauerränge in keiner Weise tangieren“, bemerkt Klaus Weichel. Dr. Stefan Weiler, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Stadt und Landkreis Kaiserslautern (WFK), erklärt: „Wenn wir die Zukunft nach Kaiserslautern holen wollen, dann brauchen wir attraktive Räume für kreative Ideen. Deshalb ist das Stadion das optimale Zuhause für junge Unternehmen und das Areal bietet Möglichkeiten für Wohnraum. Ein Stadion ist kein Gebäude wie jedes andere. Mit diesem Umbaukonzept positioniert sich die Stadt als echter Innovationsträger.“
Quartiersentwicklung auf dem Betzenberg als Vorbild für andere Kommunen?
Die vorgesehenen Stadtentwicklungsmaßnahmen in und um das Stadion sollen den Betzenberg beleben, die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Stadions sicherstellen und die Kommune finanziell entlasten. Thomas Hengen, Geschäftsführer Sport beim 1. FC Kaiserslautern, sagt: „Allein Corona hat gezeigt, dass eine zu große wirtschaftliche Abhängigkeit von den Zuschauerzahlen im Stadion die Vereine wirtschaftlich unter Druck setzen kann. Die notwendigen hohen Investitionen in ein Stadion lassen sich heutzutage nicht immer durch die ausschließliche Nutzung für Fußballspiele, Konferenzen und weitere Events decken. Daher sind zusätzliche Einnahmequellen eine gute Möglichkeit, die Zukunftsfähigkeit des Stadions zu sichern.“
Der in Frankfurt tätige Projektleiter Frank Bornmann, Partner der Drees & Sommer SE, ergänzt: „Kosten, die durch den Veranstaltungsbetrieb nicht wieder eingebracht werden können, bleiben an den Vereinen und Kommunen hängen. Der Quartiersgedanke und die Umstrukturierung im Stadionbereich sind für viele Vereine und Kommunen fast schon eine Notwendigkeit, um wirtschaftlich zu bleiben. Fußball allein ist zu wenig – Sportstätten können nicht mehr isoliert existieren.“ Und das Potenzial der Erweiterung der Areale ist enorm: 98 Stadien mit einer Kapazität für über 15.000 Personen verteilen sich derzeit deutschlandweit über alle Bundesländer.
Der derzeitige Masterplan für Kaiserslautern sieht vor, dass die künftigen Einnahmen aus vermietbaren Flächen und Pachterlösen unter anderem die Ausgaben für den Umbau des Areals, seiner Vermarktung und Finanzierung wieder einfahren. „Die umgestaltete Nutzung schafft uns finanzielle Möglichkeiten und Freiräume, die wir in der aktuellen Situation weder als Stadt noch als Stadiongesellschaft besitzen“, sagt Oberbürgermeister Dr. Klaus Weichel. „Gewerbeflächen zur Verfügung zu stellen, würde in Zeiten geringer Pachteinnahmen zusätzliches Geld in die Kasse spülen.“
Klima und Lebensqualität im Fokus der Quartiersentwicklung
Das Stuttgarter Unternehmen Drees & Sommer ist seit 2018 an der Quartiersplanung beteiligt und verantwortete die Konzeption des Masterplans. Dieser umfasst ein ganzheitliches Energiekonzept, das eine umweltschonende Energieversorgung des gesamten Areals durch die Nutzung erneuerbarer Energiequellen sicherstellt. Darüber hinaus sind quartiersinterne Energiespeicher vorgesehen. Durch gezielte Maßnahmen wie Mobilitätshubs im Quartier werden Verkehrsmittel nahtlos verknüpft und die Mobilität damit nachhaltig und zukunftsorientiert gestaltet. Unterschiedliche Angebote der Fortbewegung wie beispielsweise Car Sharing, Bike Sharing oder Stadtbuslinien bieten den Bewohnern Alternativen zum privaten Pkw. Ein Wassermanagementkonzept mit lokalen Aufbereitungsmöglichkeiten für Abwasser rundet das Konzept ab.
Bestehende Immobilien und vorhandene Strukturen bieten die Ausgangsbasis für die Entwicklung des Areals. Im nächsten Schritt ist vorgesehen, in Expertenworkshops mit Stakeholdern und weiteren Beteiligten die einzelnen Entwicklungsbausteine auszuarbeiten, den Bebauungsplan anzupassen sowie die Umnutzungspläne des Fritz-Walter-Stadions zu präzisieren. Die Ergebnisse aus den Workshops dienen der Bürgerbeteiligung als Basis: In einer ersten Veranstaltung im Frühsommer sind Bürgerinnen und Bürger dazu eingeladen, ihre Ideen aktiv in den Entwicklungsprozess einzubringen und die Quartiersentwicklung mitzugestalten.