Bundeskanzler Olaf Scholz hat als Grund für das Verfehlen des jährlichen Neubauziels von 400.000 Wohnungen unter anderem ein psychologisches Problem durch einen Zinsanstieg in den vergangenen Jahren sowie eine „unglaubliche Fehlkalkulation“ durch den Bau zu vieler teurer Wohnungen genannt. Die Aussagen tätigte er im Rahmen eines Bürgerdialogs im brandenburgischen Stahnsdorf. Was Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, darauf entgegnet:
KEIN psychologisches Problem: Rahmenbedingungen für Wohnungsbau laufen aus dem Ruder
09. Februar 2024: „Die Aussagen des Bundeskanzlers zum eigenen Verfehlen des Neubauziels kann man nur als erstaunlich bezeichnen. Bezahlbare Mieten sind aufgrund der gestiegenen Zinsen in Verbindung mit den stark gestiegenen Baukosten im Neubau nicht mehr darstellbar. Das ist kein psychologisches Problem, sondern eine Tatsache, die von der Regierung zur Kenntnis genommen werden sollte. Und im Übrigen sollten Aussagen zu psychologischen Problemen Fachleuten überlassen werden.
Wir haben seit Monaten und mittlerweile Jahren darauf hingewiesen, dass die Kosten und Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau komplett aus dem Ruder gelaufen waren. Aber statt rechtzeitig wirksame Maßnahmen zu ergreifen, passierte von Seiten der Regierung wenig bis nichts. Es soll demnächst ein neues Förderprogramm für bezahlbareren Wohnungsbau geben, aber es ist noch nicht absehbar, wann es in Kraft tritt – und es wird insgesamt nicht ausreichend sein, um die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum insbesondere für die Mitte der Gesellschaft zu bedienen.
Nochmal: Es handelt sich bei der Wohnungsbaukrise nicht um ein psychologisches, sondern um ein Kostenproblem. Wenn die Regierung davor weiterhin die Augen verschließt und die Situation völlig verkennt, dann bleiben die berechtigten Hoffnungen Hunderttausender Menschen in Deutschland, die eine bezahlbare Wohnung benötigen, reines Wunschdenken. Das führt nicht nur zu sozialer Spaltung, sondern ist mit Blick auf anstehende Wahlen eine große Gefahr für das Vertrauen in unsere Demokratie.“
BFW unterstreicht den Ernst der Lage
Update vom 13. Februar 2024: Angesichts sinkenden Geschäftsklimas und sinkender Erwartungen beim Wohnungsbau, betont auch BFW-Präsident Dirk Salewski: „Der Wohnungsbau braucht spürbare Entlastungen bei den Anforderungen an Neubauten, sowie steuerliche Erleichterungen, und zwar sofort. Wenn sich Bund und Länder, Regierung und Opposition nun alle wieder verhaken, wie wir es beim Wachstumschancengesetz gerade beobachten können, werden wir schwere Jahre mit der Wohnungsfrage erleben. Und um es deutlich zu sagen: Die Kosten und Anforderungen beim Wohnungsbau müssen runter. Denn sie sind das Hauptproblem und nicht Fehlkalkulationen oder psychologische Probleme, wie der Bundeskanzler offenbar meint. Wir können uns Scheindebatten und derartige Ablenkungen nicht leisten. Es fehlen hunderttausende Wohnungen, Arbeitsplätze sind bedroht, ein ganzer Wirtschaftszweig droht abzustürzen. Jetzt gilt es ins Handeln zu kommen.“