Die neue Initiative Praxispfad CO2-Reduktion im Gebäudesektor definiert fünf Kernpunkte für klimapolitisches Handeln. Die Wissenschaftler, die alle auch in der Praxis arbeiten, fordern ein Umdenken. Der GdW ist der Initiative bereits beigetreten.
„Seit geraumer Zeit wird es immer schwerer, die klimapolitischen Anforderungen durchzusetzen“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. „Den Unternehmen geht die Liquidität aus und wenn alle erforderlichen Maßnahmen umgesetzt und auf die Miete umgelegt werden, führt das zu einer Überforderung der Mieter.“ Um diesen Kreislauf aufzubrechen, gibt es nun die Initiative Praxispfad CO2-Reduktion im Gebäudesektor, hinter der fünf Wissenschaftler stehen, die alle – nach den zahllosen Diskussionen muss darauf verwiesen werden – in der Praxis arbeiten. Der GdW ist bereits der Initiative beigetreten. In dem Manifest heißt es: Wir plädieren dringend für eine Abkehr vom bisherigen Energieeffizienzpfad und fordern einen Praxispfad Emissionsreduktion. Denn er ist am ehesten für Immobilieneigentümer finanzierbar, für Mieter bezahlbar und für den Klimaschutz erfolgreich umsetzbar.“
„Wir sind seit vielen Jahren nicht mehr auf dem richtigen Weg“, so Prof. Dr. Manfred Norbert Fisch, emeritierter Professor der Fakultät Architektur der TU Braunschweig und ehemaliger Leiter des Institutes für Gebäude- und Solartechnik (IGS) der Fakultät Architektur, Bauingenieurwesen und Umwelttechnik und Gründer und Geschäftsführer der Ingenieurgesellschaft EGS-plan. „Es braucht jetzt Lösungen für die Praxis.“ Mehr Technologiefreiheit fordert Prof. Dietmar Walberg, Honorarprofessor an der Technischen Hochschule Lübeck, Leiter des Fachgebietes Nachhaltiger Wohnungsbau am dortigen Fachbereich Bauwesen und Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. (ARGE//eV). „Die einbrechende Sanierungsrate bei fast gleichbleibender Investitionsgröße führt zu einer weiteren ökonomischen Verschärfung.“ Die Wohnungswirtschaft sei der Elephant der deutschen Wirtschaft, eine Größenordnung, die nicht einfach umsteuerbar ist. Der Hebel für die Zukunft liege im Bestand. „Die Maßnahmen werden allerdings immer schwächer. Eine Verdopplung der Sanierungsrate würde das Vierfache kosten.“
Prof. Elisabeth Endres von der Fakultät Architektur, Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften der TU Braunschweig sowie Leiterin des dortigen Institutes für Bauklimatik und Energie der Architektur sowie Mitglied der Geschäftsführung des Ingenieurbüros Hausladen, macht sich gemeinsam mit ihren Partnern stark für sinnvolle Einzelmaßnahmen. Und das seien eine Zielorientierung statt einem Maßnahmenkatalog. Mit dem Satz: „Wir greifen nur einen Teil des Problems an, leider viel zu oft mit Maßnahmen und Katalogen, die selbst Experten nicht mehr verstehen.“ stieg Prof. Dr. Dr. Werner Sobek in die Diskussion ein. Der emeritierte Professor an der Universität Stuttgart, Gründer des Institutes für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK), Stuttgart, Gründer eines global tätigen Planungsbüros und Mitbegründer und ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), sagt weiter: „Die grauen Emissionen in der Herstellungsphase sind nicht angefasst worden, das muss sich ändern.“ Zudem sollen sich die Förderungen ändern. Diese einfach nur auszugeben, ohne nachzuhalten, habe in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass viele Gelder nicht zielführend vergeben worden. Zugleich griff er ein Thema auf, das zu Beginn des Ukraine-Krieges für große Schlagzeilen in den Boulevardblättern sorgte: „Es ist die Frage, ob in allen Räumen immer Wohlfühlwärme herrschen muss oder ob ein Unterschreiten der Mindesttemperatur an wenigen Tagen zumutbar ist.“ Frankreich habe genau das gesetzlich hinterlegt, die Zahlen verweisen auf eine hohe Sinnhaftigkeit dieser Regelung.
Prof. Dirk Hebel, Professor für Nachhaltiges Bauen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Karlsruhe, Vize-Dekan für strategische Weiterentwicklung der Fakultät für Architektur sowie Mitbegründer und Partner von 2hs Architekten, verwies darauf, dass es bei einigen europäischen Nachbarn bereits gesetzlich geregelt ist, dass Projekte nicht mehr genehmigt werden, wenn sie zu wenig auf den Klimaschutz einzahlen.
Werner Sobek brachte noch einen weiteren wichtigen Akzent in den Diskurs ein. Es habe zu dem Thema Klimapolitik sehr viele Erklärungen und Diskussionen gegeben. „Wir beobachten in der Praxis, dass es immer mehr Leute gibt, die aussteigen, nicht mehr mitmachen wollen. Das müssen wir gemeinsam verhindern.“