In dieser Serie stellen wir Ihnen die großen kommunalen Wohnungsunternehmen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vor. In Folge 6 ist mit der Kommunalen Wohnungsgesellschaft mbH Erfurt, kurz KoWo, das größte Wohnungsunternehmen in Erfurt an der Reihe.
Goethe und Schiller, Barbarossa und Napoleon, Luther natürlich, aber auch Lucas Cranach, Adam Ries und viele mehr – sie alle verbindet eine Gemeinsamkeit. Nämlich die, dass die Stadt Erfurt zu einer wichtigen Station in ihrer Biografie wurde. Die Anziehungskraft, die Thüringens größte Stadt zu allen Zeiten auf bekannte wie unbekannte Zeitgenossen ausübte, ging stets von ihrem geistig-kulturellen Klima, ihrer günstigen Lage und ihrer wirtschaftlichen Stärke aus.
Das ist heute nicht anders. Erfurt ist Universitäts-, Messe- und Sportstadt, Medien- und Wirtschaftsstandort, Regierungssitz, Kulturzentrum und Einkaufsstadt. Wie attraktiv dieser Mix ist, spiegelt die Entwicklung der Bevölkerungszahl wider. Sie stieg zwischen 2000 und 2022 von knapp 200.600 auf mehr als 215.500 Einwohner. Rund 30.000 davon haben ihr Zuhause in einer Wohnung der Kommunalen Wohnungsgesellschaft mbH Erfurt, kurz KoWo.
Sieben Geschäftsführer in sieben Jahrzehnten
Die KoWo ist die Wohnungsgesellschaft der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt und deren 100-prozentige Tochter. Sie verwaltet aktuell einen Eigenbestand von rund 13.300 Mieteinheiten, wovon 12.500 Einheiten Wohnungen sind. Hinzu kommen 350 Mieteinheiten, darunter 200 Wohnungen, die das Unternehmen in Fremdverwaltung bewirtschaftet. Damit ist die KoWo der größte Vermieter in Erfurt.
Am 1. Februar 2021 hat Alexander Hilge die Geschäftsführung übernommen. Er war zuvor Dezernent für Bau und Verkehr der Stadt Erfurt und ist nunmehr der siebte Geschäftsführer der KoWo seit Gründung des Unternehmens beziehungsweise des Vorläufers im Jahr 1951.
Die Aufgabe der KoWo besteht laut Gesellschaftsvertrag vorrangig in der „sicheren und sozial verantwortbaren Wohnungsversorgung der breiten Schichten der Bevölkerung“. Hierzu kann das Unternehmen Bauten in allen Rechtsformen errichten, betreuen, bewirtschaften und verwalten, Grundstücke erwerben, veräußern und belasten sowie alle in der Wohnungswirtschaft, im Städtebau und in der Infrastruktur anfallenden Aufgaben übernehmen. Umgesetzt wird das alles von 141 Mitarbeitern, die zurzeit auch sieben Azubis betreuen.
Die Anfänge der Kommunalen Wohnungsgesellschaft mbH Erfurt (KoWo) gehen zurück auf den am 1. April 1951 aus dem Kommunalen Wirtschaftsunternehmen der Stadt Erfurt (KWU) / Grundstücks- und Siedlungswesen gegründeten VEB Grundstücksverwaltung. Dieser verwaltete zunächst einen Bestand von 6.000 bis 7.000 Wohnungen, der sich 1953 infolge von Enteignungen und Treuhandverwaltungen auf circa 17.000 erhöhte.
Nach der Umfirmierung des VEB Grundstücksverwaltung in VEB Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV) im Jahr 1958 wuchsen die Aufgaben schon bald über die Werterhaltung von Wohnraum hinaus. Ab 1966 wurde am Johannesplatz das erste Erfurter Neubaugebiet in industrieller Plattenbauweise errichtet. Viele weitere folgten, zum Beispiel die Wohngebiete Moskauer Platz, Roter Berg, Herrenberg und Drosselberg.
Nach der Wende erfolgte die Umwandlung der KWV in die heutige KoWo. Mit Abschluss des Prozesses im Februar 1991 ging das Unternehmen daran, den Bestand zu sanieren, kämpfte aber in den Folgejahren gleichzeitig mit dem Wegzug aus den Neubaugebieten. Zwischen 2001 und 2009 mussten insgesamt 4.111. Wohnungen abgerissen werden. Weitere 5.100 Wohnungen wurden 2007 verkauft. 2010 war der Leerstand auf 1,9 Prozent gesunken.
Zugleich setzte die KoWo jedes Jahr konsequent die Sanierung und Modernisierung ihrer Gebäude fort. Allein in den letzten zehn Jahren flossen 170 Millionen Euro in energetische Maßnahmen sowie in Fassaden- und Wohnumfeld-Gestaltungen.
Aufbau, Abriss, Neuanfang
Im Jahr 2023 feiert die KoWo ihr 72-jähriges Bestehen. Begonnen hat ihre Geschichte am 1. April 1951, als aus dem Kommunalen Wirtschaftsunternehmen der Stadt Erfurt (KWU) / Grundstücks- und Siedlungswesen der VEB Grundstücksverwaltung gegründet wurde. Aus diesem wiederum ging 1956 der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV) hervor.
Bestand die Aufgabe nach dem Krieg zunächst darin, die große Wohnungsnot zu lindern, folgte ab Mitte der 1960er-Jahre bis zur politischen Wende 1990 der Bau großer Plattenbausiedlungen mit tausenden Wohnungen. Eine Entwicklung, die nach der Wiedervereinigung ins Gegenteil umschlug. Die 1991 aus der KWV hervorgegangene KoWo sah sich damit konfrontiert, dass viele Erfurter den Neubaugebieten den Rücken kehrten und in neue Wohnungen von Privatinvestoren zogen. In Folge dieses Trends und angesichts des prognostizierten Einwohnerrückgangs musste das kommunale Unternehmen zwischen 2001 und 2009 insgesamt 4.111 Wohnungen abreißen. Weitere 5.100 Wohnungen wurden im Jahr 2007 verkauft.
Seither hat sich der Wohnungsmarkt stabilisiert, so dass die KoWo wieder damit begonnen hat, neuen Wohnraum zu schaffen. Bis heute liegt der Fokus jedoch auf der Erhaltung des Bestandes. Sukzessive werden Wohnungen und Gebäude saniert und modernisiert. In den vergangenen zehn Jahren flossen 170 Millionen Euro in energetische Maßnahmen, in die Gestaltung von Fassaden sowie in die Wohnumfelder. Unterstützt wird die KoWo hierbei von dem vor einem Jahr gegründeten Tochterunterunternehmen KoWo Bau & Service GmbH (KBS).
Aktuelle Projekte der KoWo
Nach langen Jahren der Konsolidierung arbeitet die KoWo nun auch daran, Wohnungen stärker zu differenzieren und zu individualisieren. Ziel ist es, mit unterschiedlichen Wohnformen für unterschiedliche Ansprüche und unterschiedliche Altersgruppen neue Zielgruppen anzusprechen. „Die KoWo will Vermieter für alle sein, das ist unser Anspruch“, sagt Cornelia K. Schönherr, KoWo-Bereichsleiterin Vermarktung/Unternehmenskommunikation. „Hierbei kommt es darauf an, unter Beibehaltung bezahlbarer Mieten den Bogen zu spannen zwischen der permanenten baulichen Modernisierung und Weiterentwicklung unserer bestehenden Gebäude einerseits und der Neuentwicklung von Bauprojekten andererseits“, beschreibt sie die selbstgesteckte Aufgabe.
Beitrag der Kommunalen Wohnungsgesellschaft mbH Erfurt zur Stadtentwicklung
Indem die KoWo die Erfurter Wohngebiete attraktiver gestaltet und die Infrastruktur ausbaut, leistet sie auch einen Beitrag zur Stadtentwicklung. So wurden 2022 in Zusammenarbeit mit der Stadt 577 Fahrradabstellplätze in verschiedenen Stadtgebieten geschaffen, darunter 14 speziell für Lastenräder. Entstanden sind ganz unterschiedliche Abstellmöglichkeiten: Überdachungen, Einhausungen, Einzel- und Familienboxen sowie einzelne Anlehnbügel. Zu jedem Standort gehört auch eine Servicestation, ausgestattet mit Luftpumpe, Reifenheber sowie Schraubendrehern und -schlüsseln für schnelle Reparaturen. „Eine komplett eingerichtete Fahrradwerkstatt haben wir in der Warschauer Straße 13 errichtet“, sagt KoWo-Geschäftsführer Alexander Hilge. „Alle Radabstellanlagen befinden sich unmittelbar an unseren Häusern und bieten den Nutzern einen barrierefreien Zugang.“
Ärztehaus und die erste Kita der KoWo
Seit 2021 saniert die KoWo grundhaft das fünfgeschossige Ärztehaus am Moskauer Platz – ohne Unterbrechung der medizinischen Versorgung. Das Unternehmen hatte die 1980 erbaute ehemalige Poliklinik im Januar 2021 aus dem städtischen Immobilienbestand übernommen und sechs Monate später mit den Bauarbeiten begonnen. „Uns war der schnelle Beginn der dringend erforderlichen Sanierungsarbeiten wichtig. Das Ärztehaus ist für das Wohngebiet und darüber hinaus weit bis ins Erfurter Umland von großer Bedeutung“, betont Alexander Hilge. Die KoWo will das Objekt nicht nur modernisieren, sondern durch einen Anbau und eine Aufstockung auch vergrößern. Zudem ist eine Neugestaltung des Umfelds mit Parkdeck und verschiedenen Verweilplätzen geplant.
Darüber hinaus baut die KoWo derzeit eine Kindertagesstätte für 150 Kinder. Sechs Monate nach der Grundsteinlegung wurde am 10. März 2023 bereits Richtfest gefeiert. KoWo-Geschäftsführer Alexander Hilge freut sich über die Einhaltung des Zeitplans: „Auch zusätzliche Änderungswünsche wie der Einbau einer Wärmepumpe, die Planung einer größeren Photovoltaikanlage oder die Änderung der Fassadenansicht haben den Projektplan nicht verzögert.“ Die Kita wird in ökologischer Bauweise mit so viel Holz wie möglich und so wenig Stahlbeton wie nötig errichtet. Die Fertigstellung soll noch 2023 erfolgen.
Die Kommunale Wohnungsgesellschaft mbH Erfurt und ihre Besonderheiten
- Soziales Engagement: Die KoWo setzt sich für nachbarschaftliches Miteinander ein. Sie organisiert Mieterfeste und hat Clubräume für Feierlichkeiten von Mietern oder andere Feste, Aktivitäten und Veranstaltungen eingerichtet. Darüber hinaus kooperiert sie mit Vereinen und sozialen Diensten. Überdies steht den Mietern neben Kundenbetreuern und Hausmeistern vor Ort ein mehrsprachiges Sozialarbeiterteam mit Rat und Tat zur Seite.
- Projekt Notinsel: Kinder, die sich auf dem Weg zur Schule, nach Hause oder zum Sport bedroht fühlen, finden in Geschäften und Gebäuden mit dem „Notinsel“-Aufkleber sofort Hilfe und Unterschlupf. Die KoWo ist einer der großen Partner des Notinsel-Projekts.
- Beratungs- und Freizeitangebote: In verschiedenen Wohngebieten Erfurts unterhält die KoWo die Treff- und Informationspunkte TiP, in denen Mieter zahlreiche Beratungs- und Freizeitangebote in Anspruch nehmen können. Das reicht von Computerkursen und Mütterfrühstücken über Hausaufgabenhilfe bis zum Seniorensport. Weitere Services und Beratungen bieten das KoWo-Dienstleistungszentrum DiZ und die KoWo Anlaufstelle für ältere Menschen. In den Wohngebieten kommen Angebote wie Fair-Play-Fußball, Energieberatungen sowie Spielmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche hinzu.
- Familienfreundlicher Arbeitgeber: Für ihre familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik wurde die KoWo seit 2009 wiederholt mit dem Zertifikat „audit berufundfamilie“ ausgezeichnet. Zuletzt wurde das Zertifikat im März 2022 vom Kuratorium der berufundfamilie Service GmbH bestätigt.
- Sommercamps: Spielen, Baden, Wandern, sich mit Weltmeistern und Olympiasiegern treffen und vieles mehr, das bieten die Sommercamps der KoWo. Sie werden für Kinder veranstaltet, deren Eltern sich keinen Urlaub leisten können. Übungsleiter und Trainer des Erfurter Leichtathletik Centrums e.V. und des Athletenvereins Top Team Thüringen leiten die Sporteinheiten professionell an.
- Bienenwiese: Auf einer Brachfläche in einem Wohngebiet des Erfurter Stadtteils Wiesenhügel hat die KoWo gemeinsam mit der Stadt eine insektenfreundliche Vegetation geschaffen und Bienenvölker angesiedelt. Die Honigernte geht an die benachbarten Kindergärten. Das Projekt wurde durch das Bundesumweltministerium und den Verein Kommunen für biologische Vielfalt e.V. ausgezeichnet.