Kommunaler Verband kritisiert Verkauf von Wohnungen in Sachsen-Anhalt an privaten Investor

Kommunaler Verband kritisiert Verkauf von Wohnungen in Sachsen-Anhalt an privaten Investor

Kommunaler Verband kritisiert Verkauf von Wohnungen in Sachsen-Anhalt an privaten Investor
VdW-Direktor Jens Zillmann fordert mehr Unterstützung vom Land. Quelle: VdW

Das kommunale Unternehmen „Umland Wohnungsbau“ aus Egeln  ging im vergangenen Jahr insolvent. Ein Investor aus Berlin hat die 1.300 Wohnungen gekauft. Wohnungsverbände sind unzufrieden mit dem Agieren der Landespolitik.

Agentur

Nach der Insolvenz der kommunalen Gesellschaft „Umland Wohnungsbau GmbH“ in Egeln (Salzlandkreis) kritisiert der Verband der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt (VdW) die Übernahme durch einen privaten Investor. „Grundsätzlich lehnen wir jedwede Privatisierung kommunaler Wohnungen ab, egal ob durch Verkäufe oder auf dem Wege einer Insolvenz“, sagt Verbandsdirektor Jens Zillmann.  Aus Verbandssicht sei es besonders bitter, nach der Liquidation in Nachterstedt (Salzlandkreis), dem Verkauf in Thale (Harz) nun auch die Insolvenz in Egeln zu erleben. Mehr als 3.000 kommunale Wohnungen als Instrument der Daseinsvorsorge für eine soziale Wohnraumversorgung im ländlichen Raum seien verloren und dem privaten Wohnungsmarkt zugeführt. Der VdW vertritt 78 kommunale Wohnungsgesellschaften in Sachsen-Anhalt.

Die „Umland Wohnungsbau“ hatte im Juli 2023 Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Das Unternehmen vermietet etwa 1.300 Wohnungen in der Region Börde und Harzvorland. Der Leerstand in den Objekten lag damals bei 32 Prozent, berichtete der VdW. Zudem soll ein Schuldenberg von etwa 20 Millionen Euro die Bilanz belastet haben. Die kommunalen Eigner konnten sich nicht mehr darauf einigen, das Unternehmen durch neue Investitionen zu sanieren.

Im Insolvenzverfahren wurde die Wohnungsgesellschaft mehreren Investoren angeboten. Nach Informationen von IMMOBILIEN AKTUELL haben sich auch andere kommunale Gesellschaften das Unternehmen angeschaut, jedoch kein Interesse bekundet. Den Zuschlag erhielt dann die Ahorn Immobilien GmbH aus Berlin, die das Unternehmen komplett übernahm (share deal). Ein Kaufpreis wurde nicht genannt.

Die Gesellschafter von Ahorn besitzen bereits Erfahrung mit ähnlichen Immobilien. Im Jahr 2013 erwarben sie ebenfalls in Sachsen-Anhalt die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Burg, die damals ebenfalls in wirtschaftliche Schieflage geraten war. In Burg gab es vor zehn Jahren noch einen Leerstand von 34 Prozent, der den Angaben zufolge auf drei Prozent gesenkt wurde.

Umland-Geschäftsführer Sebastian Alpers kündigte an, dass in den Gebäudebestand investiert werden soll, um zusätzliche Mieter zu gewinnen. Von den leerstehenden Wohnungen sei wegen eines Sanierungsstaus aktuell nur ein Prozent auch vermietbar. Erste Musterwohnungen seien bereits hergerichtet worden. Auch das Wohnumfeld soll attraktiver gestaltet werden. „So wird ein verstärktes Augenmerk auf die Sauberkeit und Ordnung in den Objekten gelegt werden“, sagte Alpers. Die Aktivitäten des Vermietungsteams würden zudem verstärkt.

Die Ahorn Immobilien GmbH sieht in den Häusern – die Bandbreite reicht von Altbauten aus dem 19. Jahrhundert bis zu Neubauten ­- Potenzial. Die Landeshauptstadt Magdeburg liegt lediglich 30 Kilometer entfernt, auch im Salzlandkreis gibt eine Reihe von wirtschaftsstarken Unternehmen, die investieren. So baut der Halbleiter-Händler Avnet aktuell einen neuen Standort in Bernburg auf. 700 Arbeitsplätze sollen schrittweise bis 2031 entstehen.

VdW-Direktor Jens Zillmann fürchtet, dass durch Privatisierung soziale Aspekte des Wohnens nicht mehr berücksichtigt werden. Private Wohnungsvermieter seien eine wichtige Säule des Wohnungsmarktes insgesamt, so Jens Zillmann. Sie arbeiteten aber gewinnorientiert und müssten Rendite erwirtschaften. Der neue Eigentümer der „Umland Wohnungsbau“ betont dagegen, dass alle bestehenden Mietverträge erhalten bleiben. Spielraum für deutliche Mieterhöhungen gebe es in der Region nicht.

Verbandschef Jens Zillmann hat wohl auch die Sorge, dass weitere Fälle folgen könnten. „Bedenklich ist aus meiner Sicht, dass die Landespolitik keine Unterstützung geleistet hat und auch die landeseigene Investitionsbank Sachsen-Anhalt sich zurückgezogen hat“, so Jens Zillmann. Der kommunale Vermögensstock werde auf Dauer reduziert. Aktuell sieht Zillmann keine weiteren kommunalen Gesellschaften akut gefährdet. Vor allem der hohe Leerstand in ländlichen Regionen belaste aber dortige Unternehmen.

„Ein Viertel der kommunalen Mitgliedsunternehmen hat bereits Leerstandsquoten von mehr als 15 Prozent“, so Jens Zillmann. Dieser Wert gelte als kritisch, da dann die Rentabilität der Firmen verloren ginge. Bei einzelnen Gesellschaften seien bis zu 30 Prozent der Wohnungen nicht vermietet. Insgesamt stehen von den 300.000 genossenschaftlichen und kommunalen Wohnungen in Sachsen-Anhalt etwa zehn Prozent leer. Der Trend konnte zuletzt nur durch Zuzug von Ukrainern gebrochen werden. Für die kommenden Jahre wird aufgrund der demografischen Entwicklung mit einer Zunahme des Leerstands gerechnet.