Vor zwei Jahren erwarb die Leipziger Stadtbau AG die prägnante Kaufhof-Warenhaus-Immobilie in der halleschen Altstadt. Bereits vor dem Rückzug von Galeria war ein Umbau geplant.
Gähnende Leere auf den weitläufigen Etagen: Am Freitag, dem 30. Dezember 2022, schloss der Kaufhof in der halleschen Altstadt für immer seine Türen. Um kurz vor 14 Uhr ertönte die letzte Durchsage für die Kunden, dass das über zwei Gebäude verteilte Warenhaus in wenigen Minuten schließe. Nach fast 30 Jahren zieht sich der Kaufhaus-Konzern Galeria aus der größten Stadt Sachsen-Anhalts zurück. Für die Leipziger Stadtbau AG ist dieses Ende jedoch ein Startschuss: Nur wenige Wochen nach der Schließung präsentiert Unternehmenschef Patrik Fahrenkamp erste Pläne für die künftige Nutzung. Das ehemalige Kaufhaus soll umgebaut werden, so dass unter anderem Platz für Einzelhandelsgeschäfte, Gastronomie und Büros entsteht, also ein Mixed-Use-Nachnutzungskonzept.
Galeria Kaufhof in Halle: „Gespräche über Vertragsverlängerung gesucht“
Im September 2021 erwarb die Stadtbau AG eines der beiden Kaufhof-Gebäude mit einer Nutzfläche von 15.000 Quadratmetern in Halle. Patrik Fahrenkamp sagte damals, dass das 1994 errichtete Haus weiterentwickelt und fit für die Zukunft gemacht werden sollte – „am liebsten zusammen mit Kaufhof". Der Stadtbau-Chef fasste einen Umbau also bereits ins Auge. Doch der Handelskonzern hatte wohl schon damals daran kein Interesse mehr.
Im Frühjahr 2022 teilte Galeria dann mit, dass der Standort aufgegeben wird. Auf Anfrage von IMMOBILIEN AKTUELL äußert sich die Stadtbau AG nun auch zu den damaligen Verhandlungen: „Wir haben mit Galeria das Gespräch für eine Vertragsverlängerung gesucht und auch ein faires Angebot unterbreitet. Das wurde jedoch abgelehnt und auch kein Gegenangebot unterbreitet.“
Noch 2023 soll es Baugenehmigung für Mixed-Use-Umnutzung geben
Der Immobilienentwickler hatte also einige Monate Zeit, sich über die die Zukunft der großen Immobilie am halleschen Markt Gedanken zu machen. Und so sehen die Pläne aus: „Das Erdgeschoss soll über Handels- und Gastronomienutzungen auch weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich sein. Im ersten und zweiten Obergeschoss können wir uns die Unterbringung von gesundheitsnahen Dienstleistungen vorstellen. Die weiteren Obergeschosse sind für eine Büronutzung vorgesehen“, heißt es.
Das Unternehmen hofft, noch in diesem Jahr die Baugenehmigung für den Umbau zu erhalten und will „dann sofort beginnen“. Die Kosten ließen sich zum aktuellen Planungsstand noch nicht schätzen und hingen auch maßgeblich von den Anforderungen der späteren Nutzer ab, teilt das Unternehmen mit. Die Stadtbau AG befindet sich nach eigenen Angaben mit potenziellen Mietern in Gesprächen.
Aufgrund neuer Shopping-Center und des stark wachsenden Online-Handels geht die Zahl der Kaufhäuser in Deutschland bereits seit den 2010er-Jahren deutlich zurück, die Corona-Pandemie hat nun zu einer regelrechten Schließungswelle geführt. Studien der Beratungsgesellschaft PwC zeigen, dass es aber fast immer eine Nachnutzung gibt, da die Immobilien meistens in besten Innenstadtlagen liegen.
Bei der PwC-Studie (2020) „Die Zukunft der Warenhaus-Immobilien“ wurden 52 ehemalige Warenhausstandorte, welche in den Jahren von 2009 bis 2020 geschlossen wurden, identifiziert und im Hinblick auf ihre Nachnutzungskonzepte untersucht. Danach werden die Immobilien zu 49 Prozent Mixed-Use genutzt, 47 Prozent als reiner Einzelhandelsstandort und nur vier Prozent standen leer.
PwC: 80 Prozent der geschlossenen Warenhäuser im Umbau
„Ein Mixed-Use-Konzept, bestehend aus mindestens zwei Nutzungsarten, lässt sich an allen untersuchten ehemaligen Warenhausstandorten mit vorliegendem Bebauungsplan bauplanungsrechtlich umsetzen“, sagt Benjamin Schrödl, Partner bei PwC Deutschland. Bei 63 Prozent der bestehenden Mixed-Use-Konzepte sei die Integration von Einzelhandelsflächen für das Erdgeschoss umgesetzt oder geplant.
80 Prozent der Warenhäuser wurden nach ihrer Schließung umgebaut oder abgerissen, um sie neu nutzen zu können. Ohne größere Investitionen lassen sich die Immobilien, die in der Regel älter als 30 Jahre sind, also in der Regel nicht weiternutzen. In einer weiteren Studie (2022), „Die Zukunft deutscher Innenstädte“, geht PwC der Frage nach, wie genau die Nutzung in den Mixed-Use-Konzepten aussieht.
Die Stadtbau AG folgt in Halle einem Trend. Auch das ehemalige Karstadt-Kaufhaus in Leipzig wird wohl in diesem Frühjahr als Mixed-Use-Immobilie unter dem Namen N30|NEO wieder eröffnen. Das ehemalige Hertie-Kaufhaus in der Messestadt wurde dagegen weitgehend abgerissen und stattdessen ein Shoppingcenter neu errichtet. Die Höfe am Brühl eröffneten bereits 2012.
Die Stadtbau AG hat nach eigenen Angaben bislang in mehr als 500 Projekten unterschiedliche Handelskonzepte umgesetzt. Eines der bekanntesten Projekte ist der Umbau des Handelshofes in Leipzig. Dieser wurde 2007 bis 2011 umfassend saniert und denkmalschutzgerecht restauriert. Das 1908/09 errichtete Gebäude verfügt heute über rund 28.000 Quadratmeter Handels- und Gewerbeflächen. Der größte Teil des Gebäudes wird vom Steigenberger Grandhotel genutzt. Nach Fertigstellung wurde die Immobilie an einen Investor verkauft.