Matthias Heimann, Geschäftsführer bei 777 Financial Advisors, hat anlässlich der EXPO REAL für IMMOBILIEN AKTUELL auf die Lösungsansätze bei Finanzierungen geschaut.
Gestiegene Zinsen, hohe Inflation, schwache Wirtschaftsdaten – sie wirken sich längst auch auf die Immobilienbranche aus. Der Transaktionsmarkt, insbesondere der, in dem Fremdkapital involviert ist, ist quasi zum Erliegen gekommen. Das wird sich ändern, wenn sich ein neues Zinsniveau stabilisiert hat. Denn erst dann ist klar, wie die marktübliche Rendite sein und ob diese den gewohnten Abstand gegenüber zehnjährigen Bundesanleihen wieder haben wird. Niemand will sich am Ende vorwerfen lassen müssen, zu früh eingestiegen zu sein und vielleicht für ein Objekt ein oder zwei Jahresmieten zu viel bezahlt zu haben.
Das ist aber nicht der einzige Grund für den lahmenden Markt. Fast noch bedeutsamer ist eine deutlich gestiegene Risikoaversion vieler Banken und Sparkassen, die nicht mehr in das Risiko gehen möchten. Bei circa 60 Prozent Loan to Value (LTV) ist zumeist Schluss. Egal, wie die Fundamentaldaten und Rahmenbedingungen sind. Kaum jemand sagt noch, dass er ein gewisses Risiko in Kauf nimmt, weil das Projekt Potenzial und der Businessplan Substanz haben und die langfristige Strategie stimmt. Circa 60 Prozent LTV – also der durch Pfandbriefe refinanzierbare „Realkredit“ – ist gerade so etwas wie eine magische Grenze.
Das gilt inzwischen auch für viele Core- und Core-Plus-Objekte, von denen es am Markt sowieso nur eine begrenzte Anzahl gibt. Noch schwieriger wird es für Value-Add- beziehungsweise opportunistische Themen, zum Beispiel die Entwicklung einer nicht so hochwertigen Immobilie oder eines B- oder C-Standortes.
Hohe Risikoaversion bei Banken und Alternatives
Viele Banken verlangen die Quadratur des Kreises: eine bereits vorliegende Baugenehmigung, absolute Kostensicherheit und die Voraussetzungen für einen gesicherten Exit. Doch all diese Bedingungen zu erfüllen, ist in den allermeisten Fällen schwierig bis unmöglich. Allein bei den Exit-Preisen sehen wir eine deutliche Deflation.
Die hohe Risikoaversion gilt zudem nicht mehr nur für Banken, sondern auch für Alternatives wie Debt-Fonds, Direct Lenders und Private Equity. Sie springen nicht mehr so leicht ein wie früher oder aber nur in geringerem Ausmaß. Das führt dazu, dass eine Finanzierung komplexer wird, weil mehr Player mitmischen. Wenn es überhaupt gelingt, eine attraktive Finanzierung auf den Weg zu bringen. Denn das benötigte Fremdkapital lässt sich entweder gar nicht mehr aufbringen oder es wäre so teuer, dass der gesamte Businessplan für Investoren unrentabel wird.
Hinzu kommt: Für viele Projekte stehen in absehbarer Zeit Refinanzierungen an. Aber schon jetzt ist klar, dass diese nicht mehr zu den bisherigen Konditionen erfolgen können. Das ist allein schon deshalb der Fall, weil der LTV aufgrund niedrigerer Bewertungen infolge der höheren Zinsen rein rechnerisch steigt. Investoren benötigen dann jedoch mehr Eigenkapital, doch davon steht zumeist nur eine begrenzte Menge zur Verfügung. Wenn dann absehbar ist, dass es für eine Refinanzierung benötigt wird, können unter Umständen keine neuen Transaktionen auf den Weg gebracht werden. Das dürfte den Investmentmarkt in Gänze nachhaltig negativ beeinflussen.
Finanzierung is the key
Es dreht sich also alles um die Frage: Wie bekomme ich in diesem herausfordernden Marktumfeld überhaupt noch eine attraktive Finanzierung zusammen? Das ist das Schwierige und letztlich der Schlüssel zum Erfolg – Finanzierung is the key. Es ist ein bisschen wie Steine klopfen. Man muss inzwischen auf sehr viele Kreditinstitute und/oder Alternative Lender zugehen, um ein Thema für einen Kunden gangbar zu machen. Ohne Erfahrung in diesem Bereich, ohne das entsprechende Netzwerk und ohne Marktkenntnis geht hier wenig. Oftmals bedarf es 30 und mehr Gespräche, bis ein Finanzierer gefunden ist, der mit den Vorstellungen umgehen und ein passendes Angebot machen kann, der also hinter dem Finanzierungsvorhaben, dem Objekt, dem Sponsor oder dem Businessplan steht.
Nicht alles kann realisiert werden. Es gibt Grenzen, und die sind enger geworden. Aber es gibt eben auch noch Möglichkeiten, Geldgeber zu finden und Projekte zu heilen, die ins Stocken geraten sind. Zumeist muss zusätzliches Eigenkapital her. Joint-Venture-Lösungen, Nachrangfinanzierung oder Preferred Equity sind hier Ansätze. Häufig fehlt Investoren aber das Know-how, die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Development-Projektes beurteilen und es fertigstellen zu können. Projektentwickler wiederum haben keine Erfahrung darin, komplexe Finanzierungen zu strukturieren und geeignete Geldgeber zu finden.
Hier sind Profis gefragt: Experten, die nicht nur die Interessen von Banken und Investoren übereinbringen, sondern die auch die unterschiedlichen Kompetenzen von Investoren und Projektentwicklern zusammenführen. Es ist in hohem Maße Fachkenntnis gefragt – und die Fähigkeit zu moderieren. Es zeigt sich in dem Zusammenhang: Nicht nur die Finanzierung ist mehr Arbeit. Auch mit der Immobilie beziehungsweise mit dem Projekt muss mehr gearbeitet werden. Es gibt viel weniger Selbstläufer. Das ist nicht jedermanns Sache. Doch wer sich reinkniet und sich für die Bearbeitung einzelner Bereiche professionelle Unterstützung holt, der wird nicht selten belohnt. Der Immobilienmarkt bietet nach wie vor viele Chancen.