Nirgendwo in Deutschland sind im Jahr 2023 laut einer Logivest-Studie so viele Logistikimmobilien neu gebaut worden wie in der Region Leipzig/Halle. Der Erfolg ist allerdings auch Resultat der Schwäche des Gesamtmarktes. Wie die Aussichten für 2024 ausfallen.
Hohe Zinsen und eine schwache Wirtschaftsentwicklung haben nach einer Daten-Auswertung des Beratungsunternehmens Logivest zu einem deutlichen Rückgang der Bautätigkeit bei Logistikimmobilien geführt. Insgesamt gab es in Deutschland 2023 einen Baustart von insgesamt rund 3,8 Millionen Quadratmetern Logistikfläche – etwa 1,4 Millionen Quadratmeter und damit knapp 27 Prozent weniger als 2022.
In Logistikregion Leipzig/Halle wurden 2023 die meisten Bauvorhaben angeschoben
Die Region Leipzig/Halle konnte – obwohl auch in dieser das Bauvolumen zurückging – sich im bundesweiten Vergleich auf Platz eins vorschieben. Im mitteldeutschen Ballungszentrum wurden Bauvorhaben mit einer Größe von 275.000 Quadratmetern angeschoben. Im Jahr 2022 waren es noch 300.000 Quadratmeter. Auf dem zweiten Platz befindet sich Hannover mit circa 250.000 Quadratmetern, was mehr als einer Verdoppelung zu 2022 entspricht. Damals lag die Region lediglich auf Platz 14, Berlin/Brandenburg erreichte wie schon 2022 den dritten Platz – mit nun rund 235.000 Quadratmetern.
Tabelle: Die Top-Logistikregionen in Deutschland
Logistikregion | Platz 2023 | Platz 2022 | Neubauvolumen 2023 in Quadratmeter |
Leipzig Halle | 1 | 2 | 275.000 |
Hannover | 2 | 14 | 250.000 |
Berlin-Brandenburg | 3 | 3 | 235.000 |
Bremen | 4 | 16 | 215.000 |
Rhein-Neckar | 5 | 10 | 195.000 |
Münster/Osnabrück | 6 | 21 | 185.000 |
Stuttgart | 7 | 24 | 180.000 |
Hamburg | 8 | 7 | 160.000 |
Donau | 9 | 22 | 145.000 |
Duisburg/Niederrhein | 10 | 1 | 130.000 |
Mitte D | 11 | 11 | 120.000 |
Kölner Bucht | 12 | 5 | 115.000 |
Rhein-Main | 13 | 17 | 105.000 |
Magdeburg | 14 | 13 | 95.000 |
Östliches Ruhrgebiet | 15 | 4 | 75.000 |
Würzburg/Schweinfurt | 16 | 8 | 60.000 |
Nürnberg | 17 | 15 | 50.000 |
Oberrhein | 18 | 23 | 40.000 |
Dresden/Chemnitz | 19 | 6 | 35.000 |
München | 20 | 19 | < 25.000 |
Koblenz | 21 | 9 | < 25.000 |
Saarland | 22 | 20 | < 25.000 |
Schwaben | 23 | 12 | < 25.000 |
Erfurt | 24 | 18 | < 25.000 |
Leipzig/Halle punktet mit Lagevorteilen und günstigen Mieten
Für den Immobilienentwickler EQT Exner spricht für Leipzig/Halle vor allem die Nähe zum Flughafen Leipzig/Halle, die gute Verkehrsanbindung mit den Autobahnen 9, 14 und 38, die wichtige Routen im europäischen Ost-West- und Nord-Süd-Verkehr sind, sowie verfügbare Mitarbeiter durch die Großstädte Leipzig und Halle. Ein weiterer entscheidender Punkt dürften die vergleichsweise niedrigen Mieten sein. Bei Neubauten ergeben sich deutschlandweit hier Spannen von fünf Euro pro Quadratmeter und Monat bis hin zu 16?Euro. „Einer der Faktoren, mit welchem die regionalen Unterschiede zu erklären sind, sind die Grundstückpreise“, erläutert Kuno Neumeier, Vorstandschef der Logivest Gruppe. Leipzig/Halle liegt bundesweit eher in der unteren Hälfte mit 5,30 bis sechs?Euro Miete pro Quadratmeter. Zum Vergleich: In München sind es 10,50 bis 16 Euro.
Auch für Steffen Sauer, Regional Manager Leipzig und Dresden beim Immobilienberater Colliers, sind die Mietpreise ein wichtiges Kriterium: „In Vergleich zu anderen deutschen Standorten ist Leipzig/Halle günstig.“ Steffen Sauer betont, dass es in den vergangenen Jahren aber auch hier Preissteigerungen von 30 Prozent gegeben hat. „Vor allem für lokal und regional agierende Unternehmen ist das eine Umstellung.“ Er weist zudem darauf hin, dass es 2023 in der Region Leipzig/Halle trotz anhaltender Bautätigkeit deutlich weniger Ansiedlungen gab. „Die meisten neuen Logistik-Immobilien wurden spekulativ errichtet“, betont der Immobilien-Experte. Das heißt, es gibt noch keine festen Mieter. Steffen Sauer ist jedoch zuversichtlich, dass alle neuen Objekte auch einen Mieter finden werden. „Da das Angebot an neuen Logistikimmobilien bundesweit zurückgeht, wird das die Vermarktung von Flächen in der Region Leipzig/Halle unterstützen.“
Die größten Logisitik-Bauvorhaben in Mitteldeutschland 2023
- Garbe baut seit dem vierten Quartal 2023 in Kabelsketal zwei Hallen mit insgesamt etwa 61.500 Quadratmetern Gesamtfläche - inklusive Büro- und Mezzaninfläche. Mehr Infos.
- Garbe baut seit dem zweiten Quartal 2023 in Bitterfeld-Wolfen spekulativ am dritten, 40.000 Quadratmeter großen Bauabschnitt von Halle 1 eines Logistikzentrums.
- BMW errichtet seit dem dritten Quartal 2023 in Leipzig ein Logisitikzentrum für Hochvoltbatterien. Der erste Bauabschnitt umfasst 38.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Mehr Infos.
- EQT Exeter startete im ersten Quartal 2023 in Kabelsketal mit dem Bau von drei spekulativ errichteten Hallen mit insgesamt etwa 31.400 Quadratmetern Hallenfläche.
- GLP errichtet in Grimma zwei Hallen mit insgesamt etwa 26.000 Quadratmetern. Der Startschuss für beide spekulativ errichteten Hallen fiel im dritten Quartal 2023.
- Logicor baut in Halle (Saale) spekulativ eine Logisitikhalle mit etwa 25.500 Quadratmetern Fläche im Star Park Halle. Der Bau begann im ersten Quartal 2023.
- Bauwo realisiert in Kabelsketal zwei Logistikhallen. Eine davon seit dem ersten Quartal 2023. Diese hat etwa 14.500 Quadratmeter (inklusive Büro- und Mezzaninfläche) Fläche und wurde von der Spedition Böhm & Schaaf angemietet.
Gründe für den allgemeinen Rückgang des Neubauvolumens
Dass das Neubauvolumen mit 3,8 Millionen Quadratmetern im Jahr 2023 bundesweit um knapp ein Drittel zurückging, begründet Logivest-CEO Kuno Neumeier mit einem „Doppelschlag“. Aufgrund der schwachen Konjunktur sowie der neuen Höchstmieten sei die Nachfrage der Mieter und Eigennutzer nach neuen Flächen weniger stark ausgeprägt gewesen als in den Vorjahren. „Dieser Trend wurde durch den Rückgang des Onlinehandels verstärkt, welcher einige E-Commercler dazu brachte, zuvor aufgebaute Logistik-Überkapazitäten abzubauen beziehungsweise Neubauprojekte zu verschieben“, erläutert er.
Der zweite Schlag waren nach seinen Angaben die deutlich gestiegenen Finanzierungskosten, die für Developer neue Entwicklungen erschwert haben. „Die Finanzierungskosten sind nicht nur gestiegen, sondern aufgrund der Zurückhaltung der Banken ist es in vielen Fällen deutlich schwieriger gewesen, überhaupt Finanzierungen zu bekommen.“ Vergleicht man die langjährige Entwicklung, so befindet sich das Neubauvolumen wieder im Schnitt der Jahre 2014 bis 2017. Ab 2018 war es schlagartig angestiegen.
Wer nutzt die meisten Logisitikneubauflächen?
Treiber der Logistikneubauflächen sind 2023 weiter die Logistikdienstleister gewesen. Allerdings betrug auch für diese Branche die Neubaufläche insgesamt lediglich rund 970.000 Quadratmeter, was einen Rückgang von knapp 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr darstellt. Der Handelssektor verzeichnet einen deutlichen Rückgang. Gegenüber fast zwei Millionen Quadratmetern Neubaufläche im Jahr 2022 sinkt der Wert auf knapp 570.000 Quadratmetern im Jahr 2023.
Einige Branchen konnten 2023 einen nicht unerheblichen Aufschwung verzeichnen. Mit einem Plus von rund 170 Prozent und einer Gesamtfläche von knapp 590.000 Quadratmetern zählt die Automobilindustrie zu den Gewinnern des Jahres. Ausschlaggebend hierfür ist unter anderem der Neubau des globalen Ersatzteillagers von Daimler Truck in Halberstadt (Harz).
Dort errichtet der Stuttgarter Lkw-Hersteller ein Logistikzentrum, das Ersatzteile weltweit ausliefern soll. Dazu werden zwei 600 Meter lange und 200?Meter breite Versandzentren gebaut. Ein Hochregallager ragt laut Daimler Truck 40 Meter in die Höhe. Für die Gebäude werden den Angaben zufolge 1.800 Betonstützen gesetzt. Das 500 Millionen Euro teure Lager soll 2026 fertig sein. Bei der Grundsteinlegung im September 2023 kündigte der Generalbevollmächtigte Jörg Howe an, dass von Halberstadt 20 regionale Logistikzentren weltweit beliefert werden.
Blick nach vorn...
Dass der Logistikimmobilienmarkt trotz des Einbruchs großes Potenzial hat, zeigt laut Logivest die Projektpipeline, die nach wie vor gut gefüllt ist. „Wenngleich nicht jedes geplante Projekt 2024 bereits umgesetzt werden wird, so sprechen wir doch von zwölf bis 13?Millionen Quadratmetern projektierter Logistikimmobilienfläche, von denen rund drei Millionen Quadratmeter bereits in konkreten Planungen sind“, erklärt Kuno Neumeier und ergänzt: „In den vergangenen Monaten sind die Finanzierungskosten für Neubauten bereits wieder spürbar gesunken, so dass wir mit einer Markterholung ab dem zweiten Halbjahr 2024 rechnen.“
Diese Entwicklung könnte auch für die Region Leipzig/Halle von Vorteil sein. Gemeinsam mit der Region Duisburg sieht Logivest hier das größte Potenzial, mit jeweils über einer Million Quadratmeter, dahinter folgt Berlin/Brandenburg mit 750.000?Quadratmetern. Das heißt, Leipzig/Halle dürfte auch in diesem Jahr auf den vorderen Plätzen landen