Die Assetklasse Logistik bleibt in Deutschland weiter interessant. Ein neuer Marktbericht gewährt Einblicke in das Transaktions- und Projektgeschehen, macht aber auch deutlich, dass Käufer und Verkäufer immer schwerer zueinander finden.
Noch läuft alles rund. Doch was passiert mit einem Markt, wenn er auf einen Mix aus verzögerten Effekten (Peitscheneffekt), einem hochinflationären Umfeld und vorsichtigen Banken trifft? Auch wenn der Logistikmarkt gut durch die Krise gekommen ist, der Blick in die Zukunft ist eingetrübt. Das geht aus dem kürzlich erschienenen Marktbericht LIP UP TO DATE – Logistikimmobilien Deutschland von LIP Invest hervor, der neben einem Rückblick auf die gängigen Markt- und Renditezahlen für das dritte Quartal 2022 auch einen Ausblick auf die Investmentfreudigkeit zum Jahresende 2022 wagt.
Angebahnte Deals sorgen für starkes Transaktionsvolumen
Laut dem Report konnte im dritten Quartal des vergangenen Jahres ein Transaktionsvolumen von 1,9 Milliarden Euro innerhalb Deutschlands erwirtschaftet werden, so dass dieses für die ersten neun Monate auf acht Milliarden Euro anwuchs. Jedoch fußt das starke Ergebnis auf einigen großvolumigen Deals, die sich bereits zuvor angebahnt hatten. Der Flächenumsatz geriet mit 1,8 Millionen Quadratmetern infolge eines begrenzten Angebotes leicht ins Stocken.
Renditen im Bereich Logistik schmelzen immer mehr zusammen
Die Zinsen stiegen bereits Ende 2021, aber „manchmal will man es nicht sehen“, kommentiert Bodo Hollung, Gesellschafter und Geschäftsführer der LIP INVEST GmbH, das Geschehen. Die Auswirkungen seien um drei bis neun Monate verzögert am Immobilienmarkt angekommen und sorgten für vervierfachte Zinsen für Baufinanzierungen 2022.
„Die Renditen schmelzen immer mehr zusammen“, so Bodo Hollung im Hinblick auf den regelrechten Renditesprung um circa 100 Basispunkte Mitte des letzten Jahres. Dennoch bleiben die Kapitalwerte stabil durch gestiegene Mieten und einem niedrigen Faktor. Im Bereich der Mietpreisentwicklung wird erkenntlich, dass mittels greifender Indexierungen, hoher Flächennachfrage der Nutzer und der eingeschränkten Flächenverfügbarkeit das Marktmietniveau steigt.
Große Unsicherheit der Projektentwickler
Dass die jüngsten Entwicklungen den Transaktionsmarkt beeinflussen, belegt eine Reihe von Trends. Dazu zählen der Angebotsrückgang, das Verbleiben von Objekten am Markt, die Rückkehr von bereits verkauft geglaubten Objekten und das Platzen zahlreicher Deals kurz vor der Beurkundung. Gleichwohl werden die Investmenttätigkeiten der ersten neun Monate des vorangegangenen Jahres, welche über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre lagen, von dem zu erwartenden sinkenden Neubauvolumen infolge des verringerten Transaktionsgeschehens überschattet.
LIP Invest verzeichnet weiterhin eine hohe, anhaltende Nutzernachfrage. Diese pusht regelrecht die Assetklasse und ist auf einige Flächentreiber zurückzuführen, beispielsweise E-Commerce, die Rückverlagerung von Produktionen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit, das Abrücken von einer Just-in-time-Produktion sowie den Trend zum Ausbau von Lieferketten zu Liefernetzwerken.
Tendenziell möchten sich Nutzer längerfristig Flächen durch längere Mietvertragslaufzeiten sichern und entfernen sich von drei- bis fünfjährigen Verträgen, heißt es in der Studie. Die hohe Nachfrage werde überwiegend aus Neubauflächen gedeckelt. Auf lange Sicht übersteige der Neubauflächenbedarf aber das Angebot deutlich und zeige, dass der Logistiksektor eine der begehrtesten Assetklassen ist.
Zwischen ESG und Ausblick: „Renaissance der internationalen Anleger“
Zahlreiche Beispiele wie Biodiversität durch Insektenhotels, Regenauffangflächen auf dem Gründach, Photovoltaik, Beleuchtung mithilfe einer LED-Stufenschaltung oder die Datenabdeckung mit Smart Meter oder Green Lease verdeutlichen, dass ESG längst im Logistiksektor angekommen ist.
LIP Invest wagt schließlich einen Blick in die nahe Zukunft und versichert, dass sich die Baupreise kaum ändern werden und der Kampf um die Flächen an Intensität gewinne. Auch könne eine Renaissance der internationalen Anleger erwartet werden. „Der Blick wird enger werden müssen“, so Bodo Hollung.