165 Gewerbegebiete mit rund 740 Objekten und 6,7 Millionen Quadratmeter Logistikfläche: Berlin – und dessen direkte Umgebung – hat sich längst als eine der wichtigsten deutschen Logistikregionen etabliert. Ein Schlüsselfaktor ist der Online- und Offline-Handel.
Um eine effiziente Warenversorgung aufrechtzuerhalten und den anspruchsvollen, mitunter teilweise exotischen Geschmack der Hauptstädter zu befriedigen, sind enorme logistische Anstrengungen nötig. Dennoch dreht sich nicht alles um die Versorgung des Ballungszentrums. Obwohl Berlin kein klassischer Industriestandort und demzufolge nicht mit den süddeutschen Top-Städten zu vergleichen ist, hat sich zuletzt vor allem die Automotive-Branche als wichtiger Nachfrager für Logistikleistungen etabliert. Ein wesentlicher Standortvorteil sind die geografisch günstige Lage und die gute Anbindung an die Ostsee sowie nach Osteuropa. Zudem verfügt die Region über insgesamt vier Kombiterminals, die einen effizienten Warenumschlag zwischen Straße, Schiene und – je nach Standort – Wasserwegen ermöglichen: der BEHALA Westhafen sowie die Güterverkehrszentren (GVZ) in Großbeeren, Wustermark und Freienbrink.
Potenziale in allen Himmelsrichtungen
Unter den Gewerbegebieten in und um Berlin sticht vor allem Großbeeren immer wieder hervor. Seit der Erweiterung des dortigen GVZ im Jahr 2005 siedelten sich kontinuierlich neue Unternehmen an, inzwischen sind mehrere tausend Arbeitsplätze im Logistiksegment entstanden. Unter anderem unterhält Lidl ein Zentrallager am Standort. Ebenfalls südlich der Hauptstadt gelegen, bietet auch Ludwigsfelde zahlreiche Standortvorteile für Logistiker: Die drei Industrie- und Gewerbeparks der Gemeinde zeichnen sich unter anderem aus durch ihre gute Autobahnanbindung und die Möglichkeit, neben der Hauptstadt auch die ostdeutschen Wachstumsstädte zu erreichen.
Westlich von Berlin erstreckt sich das GVZ Wustermark auf 127 Hektar Fläche. Gemäß Angaben der Gemeinde Wustermark sind rund 4.000 Arbeitsplätze im weitgehend ausgelasteten GVZ entstanden. Eine Alternative hierzu bietet die Gemeinde Falkensee, wo sich inzwischen bereits zwei Logistikzentren der BLG-Gruppe befinden, mit insgesamt rund 64.000 Quadrameter bewirtschafteter Fläche.
Nördlich der Metropole sind die Akteure der Logistikbranche nicht ganz so stark repräsentiert, dennoch bietet sich mit Velten ein Industriestandort, der sich unter anderem durch seine gute Anbindung nach Hamburg über die A 24 auszeichnet.
Spätestens mit der Eröffnung des Flughafens Berlin Brandenburg (BER) werden auch die wirtschaftlichen Potenziale im Osten der Stadt immer offensichtlicher. Gerade durch den Technologiepark Adlershof und durch den Markteintritt internationaler Unternehmen – nicht nur von Tesla in Grünheide (Mark) – ergeben sich erstklassige Chancen für Logistiker. Dies zeigen unter anderem die ständigen Erweiterungen mehrerer flughafennaher Gewerbeparks. Im nordöstlichen Stadtteil Marzahn tut sich ebenfalls einiges: Dort besteht durchaus noch Platz für Neubauprojekte, die nur wenige Kilometer vom Stadtkern entfernt liegen. Zudem bieten sich im Vergleich mit dem Berliner Norden, Süden und Westen Preisvorteile für Logistikdienstleister und Verlader.
Neubauoffensive trifft auf ältere Bestandsobjekte
Logistikimmobilienentwickler und ähnliche Akteure haben auf den stetig steigenden Flächenbedarf reagiert. Allein im Jahr 2020 wurden und werden etwa 460.000 Quadratmeter Fläche fertiggestellt, 2019 waren es 370.000 Quadratmeter. Grob überschlagen entsteht damit aktuell etwa jede zehnte deutsche Logistikimmobilie in und um Berlin. Immobilienentwickler sind inzwischen dazu übergegangen, verstärkt spekulativ und ohne gesicherte Vorvermietung neue Logistikhallen zu realisieren. Eine kräftige Neubautätigkeit ist aber auch deshalb nötig, weil bei den Bestandsimmobilien ältere Objekte überwiegen. Berlin galt lange Zeit als wenig attraktive Wirtschaftsregion, weshalb bis zum Boom der 2010er-Jahre kaum Logistikimmobilien entstanden sind.
Inzwischen jedoch existieren neben E-Commerce-Logistikzentren und anderen Formen der Handelslogistik auch moderne gemischt genutzte Unternehmensimmobilien, die ein Nebeneinander von Logistik und anderen Wirtschaftszweigen ermöglichen.
Die „Costs of Doing Business“ sind nach wie vor niedrig
Trotz der einzigartigen Ausgangssituation und der Potenziale für die Logistikbranche sind die laufenden Geschäftskosten beziehungsweise „Costs of Doing Business“ gerade im Vergleich mit dem Rhein-Main-Gebiet oder den süddeutschen Metropolregionen Stuttgart und München noch immer relativ niedrig.
Dies gilt unter anderem für die immobilienbezogenen Kosten: Die Durchschnittsmieten liegen aktuell bei moderaten 3,50 bis 4,80 Euro je Quadratmeter. Allerdings profitieren die Akteure der Logistikbranche auch von erschwinglichen Personalkosten sowie – dank der zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen – von einer guten Verfügbarkeit an ausgebildeten Fachkräften. Diese Kombination begünstigt Neuansiedlungen deutscher und internationaler Unternehmen zusätzlich.
Investmentchancen im Neubau und Bestand
Auch das Investoreninteresse an Immobilien in Berlin und Umgebung hat in jüngerer Vergangenheit deutlich zugenommen. Trotz der gegenwärtigen Corona-Rezession stiegen die Transaktionsvolumina im Jahresverlauf 2020 verglichen mit 2019 deutlich. Vor allem unbebaute Grundstücke beziehungsweise moderne City-Logistik-Immobilien aus den vergangenen zehn Jahren stehen in der Gunst der Investoren, besonders für Mikrolagen, die eine effiziente Belieferung der Berliner Kernstadt ermöglichen. Die hohe Nachfrage vonseiten der Investoren spiegelt sich allerdings in Form einer steigenden Renditekompression wider.
Für Investoren könnte sich aber auch ein genauerer Blick auf die etwas in die Jahre gekommenen Bestandsimmobilien lohnen. Diese sind zwar tatsächlich nicht für alle Mieterbranchen beziehungsweise Nutzungsarten marktgängig, dennoch ist beispielsweise die Nachfrage nach – relativ simplen – Lagerhaltungen hoch, für die es nicht unbedingt eine hochmoderne Immobilie braucht. Selbst für peripher gelegene Bestandsobjekte mit niedriger Deckenhöhe, die mitunter als „Sorgenkinder“ unter den Logistikimmobilien gelten und dementsprechend zu geringeren Preisniveaus gehandelt werden, finden sich oftmals Mieter: Unter anderem handelt es sich dabei um Akteure aus der Bauindustrie (inklusive Baumärkte), die angesichts des Baubooms in der Hauptstadt zusätzliche Baustoff- oder Warenlager benötigen.