Im betreutem Wohnen wird die bereits jetzt schon große Lücke zwischen Wohnungsangebot und Nachfrage seitens potentieller Bewohner perspektivisch noch größer. Gleichzeitig erschweren Zinswende, stark gestiegene Baupreise und Investorenzurückhaltung die Situation für Projektentwickler, so dass mittelfristig weniger Objekte an den Markt kommen werden. Expandierende Betreiber finden schon jetzt seltener geeignete Flächen vor. Was die Betreiber aber mit am meisten belastet, sind die stark gestiegenen laufenden Kosten. Welche Lösungen es gibt und in welchen Nischen sich Chancen bieten, war Thema der Pressekonferenz „Betreutes Wohnen: Die Bedarfslücke schließen mit kreativen Konzepten für Projektentwicklung, Finanzierung und Betrieb“.
Carestone plädiert für Diversifikation im Projektportfolio und langjährige Betreiberkooperationen
Die Zahl der Menschen über 67 in Deutschland wird laut Destatis von 16,5 Millionen im Jahr 2022 auf 21,0 Millionen bis 2040 zunehmen, die der über 80-Jährigen sogar von 6,0 auf 10,0 Millionen. Weil betreutes Wohnen im Vergleich zum Pflegeheim viel mehr Eigenständigkeit und Individualität ermöglicht, ist die Wohnform wertvoller Bestandteil bei der Schaffung altersgerechter Immobilien. Das ist eines der Ergebnisse der von Carestone in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen IPSOS durchgeführten Trendstudie "Urbanes Leben im Alter".
Doch die hohe Nachfrage trifft auf ein sehr begrenztes Angebot. „Als Marktführer in Deutschland bei Seniorenwohn- und Pflegeimmobilien realisieren wir aktuell 90 Projekte mit zusammen rund 7.500 Plätzen. Aber das reicht bei Weitem nicht aus. Und der Mangel wird sich verschärfen, da aktuell in der Branche viele Projektentwicklungen gestoppt werden“, erklärt Dr. Karl Reinitzhuber, CEO der Carestone Gruppe.
„Auch wir als Unternehmen müssen uns den herausfordernden Marktbedingungen stellen. Unser Vorteil liegt darin, dass wir für unsere Projektentwicklungen mehrere Vertriebskanäle haben. Während sich beim Globalverkauf der Projekte die institutionellen Investoren momentan eher auf eine Warteposition zurückziehen, ist die Kaufbereitschaft im Teilverkauf an Privatanleger höher“, erklärt Reinitzhuber. „Seit jeher haben wir Klumpenrisiken vermieden und auf unterschiedliche Projektvolumina gesetzt, um verschiedene Käuferschichten anzusprechen. Daneben arbeiten wir mit einem umfangreichen Pool von erfahrenen und etablierten Betreibern seit Jahren vertrauensvoll zusammen, was die Projektoptionen an den einzelnen Standorten deutlich erweitert.“
Betreiber wie lively spüren bereits reserviertes Verhalten bei Projektentwicklern
Aus der Sicht eines Betreibers berichtet Christina Kainz, Co-Founderin des Senior-Living-Betreibers lively: „Das klassische Projektentwicklergeschäft hat sich in den vergangenen Monaten aufgrund erschwerter Finanzierungs- und Investitionsmöglichkeiten reduziert. Dennoch nehmen wir positiv wahr, dass die erfahrenen Entwickler mit langer Historie sowie Bauherren mit hohen Eigenkapitalquoten ungebrochen weiterarbeiten. Aufgrund der Ungewissheit am Markt sehen wir einen starken Trend hin zur Flexibilisierung von Mietverträgen – eine Chance, die wir als lively in unserer Expansion aufgreifen.“
Kainz bestätigt die Ergebnisse der Carestone-Trendstudie: „Wir glauben nicht an geschlossene Wohnkonzepte für ältere Menschen. Die heutige Senioren-Generation ist sehr aktiv und setzt auf ein selbstbestimmtes Leben. Unsere Vision ist es, Menschen im Alter mehr Lebensqualität zu ermöglichen, ihnen ihre Eigenständigkeit zu lassen und nicht in ihren Wohnraum einzugreifen. Über unser Community Management sorgen wir dafür, dass Senioren ein integrierter Teil unserer Gesellschaft sind und im Idealfall dadurch erst später pflegebedürftig werden. Natürlich arbeiten wir auch mit lokalen Pflegediensten zusammen, die uns bei ergänzenden Pflegeleistungen unterstützen.“
In Gronau (Nordrhein-Westfalen) entsteht derzeit das erste lively-Wohnprojekt, das Anfang 2024 bezugsfertig ist. In dem historischen Industriegebäude „Weiße Dame" finden auf rund 7.800 Quadratmetern 123 barrierefreie Apartments sowie angeschlossene Gemeinschaftsflächen Platz. Lively ist Ankermieter in dem Objekt. Zusammen mit den anderen Mietern – einer Tagespflege, einem stationären Pflegeheim, einem Café sowie einem Kindergarten – entsteht eine Begegnungsstätte für Jung und Alt. Die Entwicklung weiterer Wohnprojekte in Nordrhein-Westfalen, der Metropolregion Hamburg oder im Rhein-Main-Gebiet ist in Planung.
Immobilienleasing-Anbieter CoRE Solutions empfiehlt Nutzung eigener Immobilie als Liquiditätsquelle
Betreiber von betreutem Wohnen und Pflegeheimen sind in letzter Zeit durch Inflation, höhere Kosten für unter anderem Energie und Personal, gestiegene Zinsen und Modernisierungsstau zunehmend finanziell unter Druck geraten. „Sofern Betrieb und Immobilieneigentum in einer Hand liegen, können Betreiber ihren Liquiditätsbedarf aus der eigenen Immobilie decken: mit Immobilienleasing“, erklärt Thomas Schulz, Geschäftsführer der CHC Immobilien, einer Tochtergesellschaft des Immobilienleasing-Anbieters CoRE Solutions. Beim häufigsten Fall, dem Sale-and-Lease-Back, wird die Immobilie an eine eigens gegründete Objektgesellschaft verkauft. Diese erwirbt die Immobilie unter Einsatz von Fremdkapital externer Kapitalgeber. Gleichzeitig mietet der ursprüngliche Eigentümer die Immobilie langfristig zurück.
„Ein Leasingvertrag läuft in etwa so lange wie klassische Mietverträge für Pflegeimmobilien. Doch statt Miete zu zahlen, tilgt der Betreiber mit der Leasingrate teilweise den Kaufpreis. Am Ende der Laufzeit kann die Immobilie zum Restbuchwert erworben werden, der dann in der Regel deutlich unter dem Marktwert liegt. Im Gegensatz zu einem klassischen Mietvertrag bleibt die Leasingrate über die Vertragslaufzeit fix und ist nicht indexiert – gerade in Zeiten hoher Inflation ein enormer Vorteil“, führt Schulz aus.
Der Betreiber kann sich über Immobilienleasing eine bereits fertiggestellte Immobilie sichern, aber auch eine Immobilie nach den eigenen Wünschen bauen lassen. Dadurch können sich Betreiber langfristig einen eigenen Immobilienbestand aufbauen. „Auch Betriebsübergaben lassen sich mit Immobilienleasing gestalten. Denn viele mittelständische Betreiber brauchen altersbedingt Nachfolger. Das ist eine wenig beachtete Folge davon, dass die Babyboomer-Generation allmählich in Rente geht“, schließt Schulz.