Während Pflegeheime Negativ-Schlagzeilen machen, rücken Ärztehäuser und Gesundheitszentren in den Fokus von Investoren. Welche Möglichkeiten sich bieten, wie Deutschland in diesem Bereich aufgestellt ist und welche Faktoren für diese Anlage sprechen, hat Hauck Aufhäuser Lampe Real Estate Investment Management in einem Marktreport zusammengefasst.
Gesundheitsimmobilien werden für Investoren immer interessanter: Das sagt der neue „Marktreport ambulante Gesundheitsimmobilien“, der von Hauck Aufhäuser Lampe Real Estate Investment Management initiiert und mit CBRE umgesetzt wurde. „Wir stehen vor einer dringend notwendigen Ambulantisierung“, sagt Patrick Brinker, Head of Real Estate Investment Management bei Hauck Aufhäuser Lampe REIM.
Dieser Begriff beschreibt einen Prozess der Auslagerung sozialer und gesundheitlicher Versorgungsleistungen aus dem stationären in den ambulanten Sektor und steht generell für die Akzentverschiebung in Richtung auf eine prioritär ambulante Versorgung. „Aufgrund des demographischen Wandels sehen wir einen hohen Bedarf für stabile, weil durch Krankenkassen zu bezahlende, standorttreue Mieter und verlässliche Erträge, verbunden mit einer guten Bonität. Zudem bieten die Indexmieten einen Inflationsschutz.“
Ambulante Gesundheitsimmobilien als Nische der Nischen
Hauck Aufhäuser Lampe investiert bereits seit 2019 in die „Nische der Nischen“. Gibt es schon zwischen ambulant und stationär Grauzonen, so gibt es die erst recht in diesem Segment. Laut dem Marktbericht gehören dazu:
- Ärztehäuser oder Fachärztezentren
- Medizinische Versorgungszentren
- Intersektorale Gesundheitszentren
- Praxiskliniken oder ambulante OP-Zentren
- Ambulante Gesundheitszentren
- Ambulante Rehazentren
- Dialysezentren
- Humanmedizinische Labore
Insgesamt ist hier Flexibilität gefragt und eine genaue Analyse der Immobilien sowie des Mieterbesatzes.
Gesundheitsimmobilien: „Wir können Renditen um etwa fünf Prozent bieten“
„Der Gesundheitssektor ist einer der stärksten wachsenden Branchen“, so Patrick Brinker. „Allerdings freuen wir uns in der Öffentlichkeit nicht darüber, sehen nur die anfallenden Kosten und nicht die Möglichkeiten.“ Investoren erkennen allerdings immer stärker das Potenzial, so Dr. Jan Linsin von CBRE: „Der Staat wird und kann nicht diese soziale Infrastruktur zur Verfügung stellen. Deshalb profitieren von Investments in diesem Bereich alle.“ Institutionelle und langfristig orientierte Investoren haben die Gesundheitsimmobilien im Blick, der Sektor ziehe aufgrund der Systemrelevanz eher deutsches Kapital an. Trotz eines eher intransparenten Marktes.
Der aktuelle European Investor Intentions Survey von CBRE zeigt, dass von den rund 900 befragten Investoren 2024 fast jeder Dritte in Gesundheitsimmobilien investieren will. Eine große Rolle dabei spielen die Erreichung der ESG-Ziele sowie die Immobilien als Beimischung zu bereits bestehenden Vehikeln. „Wir können Renditen um etwa fünf Prozent bieten“, sagt Patrick Brinker. „Konjunkturunabhängigkeit ist ein sehr wichtiger Aspekt und die ist hier gegeben.“
Das wiederum hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen. Noch werden in Deutschland zu viele Operationen stationär durchgeführt. Gemessen an der Wirtschaftsleistung gab Deutschland im Jahr 2022 von allen 27 EU-Staaten mit 13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes den höchsten Anteil für sein Gesundheitssystem aus. Im EU-Durchschnitt lagen die Gesundheitsausgaben gemäß der letzten verfügbaren Statistik von Eurostat für das Jahr 2020 bei 10,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, heißt es in dem Report. Zudem besuchen die Deutschen etwa zehn Mal im Jahr einen Arzt, zum Vergleich der europäische Durchschnitt: 6,6 Mal. Das alles ohne die üblichen Zahnarzt-Besuche. Die Inanspruchnahme ambulanter Leistungen nahm von 2011 bis 2021 um etwa 82 Prozent zu.
Daten und Fakten aus dem Marktreport
- Im Gesundheitswesen arbeiten derzeit sechs Millionen Menschen. Damit ist heute etwa jeder achte Erwerbstätige in dieser Branche beschäftigt.
- Die Gesundheitsausgaben steigen seit Jahren und lagen im Jahr 2022 mit knapp 500 Milliarden Euro fünf Prozent über dem Vorjahr.
- Pro Einwohner sind das etwa 5.895 Euro pro Jahr.
- Seit 2011 wurden insgesamt knapp 2,2 Milliarden Euro in Ärztehäuser und Gesundheitszentren investiert.
- Der deutsche Investmentmarkt für Ärztehäuser und Gesundheitszentren wird dabei von inländischen Käufern, meist institutionellen Investoren aus dem Bereich der offenen Immobilienspezialfonds, dominiert. Diese sind für 80 Prozent des seit 2011 in dieser Assetklasse allokierten Transaktionsvolumens verantwortlich.
- Die Spitzenrendite (Nettoanfangsrendite) für Ärztehäuser und Gesundheitszentren betrug Ende 2023 etwa 4,8 Prozent (plus 0,7 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr).
- Insgesamt erreichte das Transaktionsvolumen 2023 mit insgesamt 931 Millionen Euro knapp die Eine-Milliarde-Euro-Marke.
- Fast zwei Drittel des Transaktionsvolumens 2023 (62 Prozent) fielen auf Pflegeheime, auf Betreutes Wohnen etwa 28 Prozent. Das sind im Vergleich zum Vorjahr 55 und 50 Prozent weniger.
- In Kliniken und Reha-Kliniken wurden insgesamt 170 Millionen Euro (anteilig sechs Prozent) investiert; 31 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
- Am stärksten fiel der Rückgang bei Ärztehäusern und Gesundheitszentren aus: minus 93 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Experten deuten das als Indiz, dass die Nachfrage der Investoren nach modernen Ärztehäusern nicht gedeckt werden kann.
Bedarf an modernen Gesundheitsimmobilien für ambulante Angebote wird weiter zunehmen
Dazu kommt eine politisch gewollte Ausweitung der ambulanten Versorgung: Leistungen aus dem Krankenhaus sollen in ambulante Einrichtungen verlagert werden. Dadurch wird der Bedarf an modernen Gesundheitsimmobilien für ambulante Angebote weiter zunehmen. Das zeigt sich nicht zuletzt durch die jüngste Erweiterung des Kataloges für ambulante Operationen (AOP-Katalog). Nachdem dieser Anfang 2023 um etliche Operationsmöglichkeiten nach dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS-Kodes) erweitert wurde, kamen ab Beginn des Jahres 2024 weitere OPS-Kodes dazu. Damit wird man künftig schätzungsweise rund 300.000 vollstationäre Fälle pro Jahr vermeiden können, weil die betreffenden Behandlungen stattdessen ambulant durchgeführt werden.
„Wenn wir in das europäische Ausland schauen, sehen wir viel mehr ambulante Operationen“, so Dr. Jan Linsin. Neben diesen Fakten ist einer gerade für Investoren aus seiner Sicht noch relevanter: Zwar gibt es in Deutschland eine breite ärztliche Versorgung, allerdings mit starken regionalen Unterschieden. „Die drohende Unterversorgung ist signifikant und in verschiedenen Regionen schon jetzt am Steigen“, fasst er zusammen.
Investoren sollten auf diversifizierten Mietermix aus gesundheitsaffinen Nutzern achten
„Gesundheitsimmobilien sind eine Nische und beispielsweise nicht mit dem Officesegment zu vergleichen“, so Dr. Jan Linsin. „Allerdings ist hier das eingeschränkte Angebot ein limitierender Faktor.“ Patrick Brinker hat einen weiteren Ansatz: „Wir lesen und hören immer wieder von Krankenhäusern, die nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können und schließen. Mit privatem Kapital können ambulante Zentren geschaffen werden, die eine Versorgung garantieren.“ Er geht aktiv für sein Unternehmen auf die Suche nach geeigneten Objekten, auch solchen, die er neu am Markt positionieren kann.
Zudem achtet Patrik Brinker auf einen diversifizierten Mietermix. „Kleinteilige Objekte, beispielsweise mit einer Büronutzung im Erdgeschoss und ein bis zwei kleinen Arztpraxen im ersten Stockwerk, sehen wir für institutionelle Anleger nicht als investitionsfähiges ambulantes Gesundheitszentrum an. Vielmehr zählen wir dazu Immobilien mit einer Nutzfläche zwischen 1.000 und 10.000 Quadratmetern und einem überwiegenden Anteil gesundheitsaffiner Nutzer.“ Neben den Top-7-Standorten kommen C- und D-Städte in Frage. „Dort lassen sich aus unserer Sicht die höheren Renditen generieren.“ Das gelte auch für größere Mittelstädte ab 50.000 Einwohner.