Es wird immer herausfordernder, Immobilienprojekte nur mit Eigenkapital und Fremdkapital zu realisieren. Banken werden bei der Kreditvergabe zunehmend restriktiver, ein hoher Eigenkapitalaufwand hemmt die Dynamik einer Entwicklung. Mezzanin-Kapital scheint für viele Unternehmen eine Alternative zum Bankkredit zu sein. Neue Unternehmen wie Mezzalite wollen diese Chance nutzen und Kapitalgeber und Kapitalnehmer zusammenführen. Wie, das erklärt Mezzalite-Gründer Georg Stampfl im Interview mit der Immobilien Redaktion.
Warum steigt die Nachfrage nach Mezzanin-Kapital - und zwar sowohl bei den Kapitalgebern als auch bei den Kapitalnehmern?
Georg Stampfl: Kapitalsuchenden kommt das anhaltende Niedrigzinsumfeld zwar theoretisch entgegen. Das nützt jedoch nichts, da sie mit restriktiveren Kreditanforderungen der Banken konfrontiert sind. Diese verlangen aufgrund verschärfter internationaler Bankenstandards – Stichwort Basel III und IV – einen höheren Eigenkapitalanteil, was bei Immobilienprojekten schwer umsetzbar ist. Dadurch steigt die Nachfrage nach Mezzanin-Kapital. Die häufigste Form sind Nachrangdarlehen, da diese zwar in der Bilanz als Fremdkapital verbucht, aber von Banken als Eigenkapitalersatz betrachtet werden. Das ermöglicht in weiterer Folge oft doch noch einen Bankkredit.
Kapitalgeber hingegen sind auf der zunehmend herausfordernden Suche nach attraktiven Renditen. Aktien sind hohen Schwankungen unterworfen, mit Anleihen allein lässt sich kein Geld verdienen. Mezzanin-Kapital ist die Möglichkeit, doch noch eine attraktive Rendite auf Basis in einer von der Krise bisher weitgehend verschonten Branche – vor allem im Wohnbereich – zu erzielen.
Interesse an Mezzanin-Kapital steigt
Wie und von wem wird das Geld bereitgestellt?
Georg Stampfl: Auf Kapitalgeberseite spricht Mezzalite vor allem professionelle Immobilieninvestoren, Family-Offices und vermögende Privatpersonen in Österreich und Deutschland an. Wir befinden uns seit dem Softlaunch im Dezember bereits in guten Gesprächen und sind sehr positiv überrascht, wie groß das Interesse auch auf Kapitalgeberseite ist – was auch etwa die Zahl der Vorregistrierungen auf unserer Website zeigt.
Die Zinsen betragen zwischen sieben und 20 Prozent. Ist das für Unternehmen noch lukrativ?
Georg Stampfl: Natürlich möchte ich als Immobilienentwickler meine Finanzierungskosten so gering wie möglich halten. Aber es gibt manche Projekte, die vertragen auch noch etwas höhere zweistellige Zinssätze. In den meisten Fällen geht es ja darum, durch das aufgenommene Mezzanin-Kapital eine Geschäftschance zu realisieren.
Wie werden die Immobilienprojekte geprüft?
Georg Stampfl: Unser Ziel ist es, qualitativ hochwertige Immobilienprojekte mit seriösen Investoren digital auf möglichst effiziente Art und Weise zusammenzubringen. Dabei ist natürlich die Qualitätssicherung auf beiden Seiten sehr wichtig für uns. Jede Registrierung auf der Plattform wird von uns geprüft und auch die Immobilienprojekte unterziehen wir einer Vorprüfung. Die detaillierte inhaltliche Prüfung obliegt aber nach wie vor dem Investor.
Ab und bis zu welcher Größenordnung wird finanziert?
Georg Stampfl: Die Tickets beginnen bei rund 500.000 Euro, und wir erwarten eine Größenordnung von bis zu 30 Millionen Euro. Generell kann je nach Ausgestaltung maximal ein Viertel der Projektgesamtkosten durch Mezzanin-Kapital gedeckt werden. Wir haben einiges in Planung, um die Transaktions- und Projektprüfungskosten zukünftig zu reduzieren. Damit werden dann auch sukzessive kleinere Tickets für Kapitalsuchende und Kapitalgeber interessanter.
Flexibilität des Mezzanin-Kapitals als Fluch und Segen
Der Prozess, den passenden Finanzierungspartner zu finden, war in der Vergangenheit komplex und träge. Was macht Mezzalite jetzt anders?
Georg Stampfl: Mezzanin-Kapital ist sehr flexibel einsetzbar. Das ist Fluch und Segen zugleich. Es ist eine Herausforderung, die richtigen Projekte mit passenden Kapitalgebern zusammenzubringen. Stimmt die Projektgröße? Ist der Finanzbedarf angemessen? Und wie hoch ist das Risiko? Wie bei vielen Problemstellungen ist Digitalisierung die richtige Antwort. Indem der Prozess standardisiert und automatisiert wird, bleibt kein Platz mehr für falsche Erwartungen und böse Überraschungen. Beide Seiten laden die erforderlichen Informationen beziehungsweise Projekte hoch. Dadurch werden nur komplementäre Kapitalgeber und -nehmer vernetzt. Das erspart viel Zeit und Geduld.
Wie wird die Situation Ende 2021 sein?
Georg Stampfl: Der restriktivere Umgang mit Bankkrediten ist ein anhaltender, von der Corona-Pandemie weitgehend unabhängiger Trend. Ich bin der Überzeugung, dass sich Mezzanin-Finanzierungen neben Bankkrediten als wichtige Säule in der Immobilienfinanzierung noch weiter etablieren werden. Das erste Ziel, unsere Lösung möglichst vielen Interessenten zu präsentieren, haben wir nach dem Softlaunch der Plattform im Dezember großteils erreicht. Nach dem Start der Vermittlung im Frühjahr ist unser nächster Schritt, 2021 möglichst viele Immobilienprojekte und Finanzierungspartner zu „verkuppeln“. Darüber hinaus warten viele spannende Features, die die Abwicklung der Mezzanin-Kapital-Finanzierung noch rascher und angenehmer machen werden, auf ihre Umsetzung.
Dieser Artikel erschien zuerst auf immobilien-redaktion.com.
Aufmacherfoto: Finanzierungsbild - Alexander Stein auf Pixabay / Portrait Georg Stampfl - Copyright: Mezzalite/Ivana Jovic