Um mehr als 26 Prozent sind die Mieten in Sachsen binnen zehn Jahren gestiegen. Die Teuerung trifft nicht nur die Großstädte und deren Umland, sondern auch die ländlichen Regionen. Gründe dafür sind die hohe Nachfrage von Investoren und der Niedergang des sozialen Wohnungsbaus.
Im Bundesland Sachsen sind die Angebotsmieten in den drei kreisfreien Städten Dresden, Leipzig und Chemnitz sowie in allen Landkreisen in der zurückliegenden Dekade spürbar gestiegen. Laut aktuellen Zahlen der Bundesregierung kletterten die Quadratmeterpreise bei Erst- und Wiedervermietungen zwischen 2013 und 2022 landesweit im Durchschnitt von 5,19 Euro auf 6,55 Euro nettokalt. Das ist ein Plus von 26,2 Prozent.
Tabelle: Erst- und Wiedervermietungsmieten inserierter Wohnungen im Land Sachsen 2013 bis 2022 (in Euro pro Quadratmeter nettokalt)
2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
5,19 | 5,32 | 5,43 | 5,53 | 5,70 | 5,84 | 6,00 | 6,10 | 6,28 | 6,55 |
Quelle: Bundesregierung, Drucksache 20/5791
Mietentwicklung in den kreisfreien Städten Sachsens
Die höchste Mietsteigerung verzeichnete die Stadt Leipzig. Hier erhöhten sich die Erst- und Wiedervermietungsmieten von 5,27 Euro im Jahr 2013 auf 8,07 im Jahr 2022 – ein Anstieg um 53,13 Prozent. Damit hat Leipzig fast das Mietniveau von Dresden erreicht. In der Landeshauptstadt lagen die Angebotsmieten 2022 bei 8,10 Euro. Das entspricht einem Plus von 28,4 Prozent gegenüber 6,13 Euro im Jahr 2013. Damit bleibt Dresden der sächsische Spitzenreiter bei den Quadratmeterpreisen.
Tabelle: Erst- und Wiedervermietungsmieten inserierter Wohnungen in den kreisfreien Städten Sachsens 2013 bis 2022 (in Euro pro Quadratmeter nettokalt)
Kreisfreie Städte | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
Chemnitz | 5,01 | 5,03 | 5,07 | 5,09 | 5,15 | 5,21 | 5,23 | 5,25 | 5,28 | 5,49 |
Dresden | 6,31 | 6,65 | 6,76 | 6,97 | 7,25 | 7,44 | 7,62 | 7,70 | 7,95 | 8,10 |
Leipzig | 5,27 | 5,51 | 5,76 | 6,03 | 6,33 | 6,65 | 7,01 | 7,17 | 7,57 | 8,07 |
Quelle: Bundesregierung, Drucksache 20/5791
Mieten im Umland und in den Landkreise von Sachsen steigen deutlich
Auch in den Speckgürteln der Großstädte beziehungsweise in den Landkreisen, die an diese Städte grenzen, ist bezahlbarer Wohnraum immer schwieriger zu finden. Im Landkreis Leipzig zum Beispiel stiegen die Durchschnittsmieten um 25 Prozent (von 5,03 auf 6,29 Euro) und im Landkreis Nordsachsen um 26 Prozent (von 5,00 auf 6,30 Euro). Die an Dresden grenzenden Landkreise Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und Meißen verzeichneten Zuwächse von 24,6 Prozent (von 5,17 auf 6,44 Euro) und 17,8 Prozent (5,19 auf 6,11 Euro).
Aber auch in den Landkreisen fernab der großen Städte legten die Mieten zu, im Kreis Görlitz beispielsweise um 17,4 Prozent (von 4,53 auf 5,32 Euro), im Kreis Mittelsachsen um 13,9 Prozent (von 4,88 auf 5,56 Euro) und im Kreis Bautzen um 12,2 Prozent (von 5,09 auf 5,71 Euro).
Etwas moderater, wenngleich immer noch deutlich nach oben, entwickelten sich die Mieten im Südwesten Sachsens. So stiegen in Chemnitz die Quadratmeterpreise zwischen 2013 bis 2022 um 9,6 Prozent (von 5,01 auf 5,49 Euro) und im Landkreis Zwickau um 14,3 Prozent (von 4,88 auf 5,58 Euro). Der Vogtlandkreis erlebte mit 16,3 Prozent (von 4,30 auf 5,00 Euro) zwar den höchsten Mietanstieg im Südwesten Sachsens, er bleibt aber mit 5,00 Euro kalt sowohl sachsen- als auch bundesweit der Landkreis mit der niedrigsten Neuvertragsmiete.
Tabelle: Erst- und Wiedervermietungsmieten inserierter Wohnungen in den Landkreisen Sachsens 2013 bis 2022 (in euro pro Quadratmeter)
Landkreise | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | |
Erzgebirgskreis | 4,72 | 4,73 | 4,80 | 4,85 | 4,97 | 5,00 | 5,00 | 5,11 | 5,21 | 5,36 | |
Mittelsachsen | 4,88 | 4,93 | 4,97 | 5,02 | 5,06 | 5,11 | 5,19 | 5,21 | 5,33 | 5,56 | |
Vogtlandkreis | 4,30 | 4,37 | 4,45 | 4,51 | 4,58 | 4,57 | 4,75 | 4,83 | 4,82 | 5,00 | |
Zwickau | 4,88 | 5,00 | 5,00 | 5,02 | 5,08 | 5,14 | 5,22 | 5,30 | 5,41 | 5,58 | |
Bautzen | 5,09 | 5,14 | 5,15 | 5,18 | 5,28 | 5,37 | 5,49 | 5,61 | 5,83 | 5,71 | |
Görlitz | 4,53 | 4,50 | 4,56 | 4,56 | 4,66 | 4,78 | 4,91 | 5,00 | 5,08 | 5,32 | |
Meißen | 5,19 | 5,10 | 5,31 | 5,26 | 5,39 | 5,53 | 5,61 | 5,59 | 5,72 | 6,11 | |
Sächsische Schweiz-Osterzgebirge | 5,17 | 5,32 | 5,46 | 5,49 | 5,58 | 5,68 | 5,77 | 5,99 | 6,02 | 6,44 | |
Leipzig | 5,03 | 5,07 | 5,10 | 5,09 | 5,37 | 5,48 | 5,64 | 5,78 | 5,86 | 6,29 | |
Nordsachsen | 5,00 | 5,10 | 5,24 | 5,14 | 5,35 | 5,43 | 5,57 | 5,77 | 5,96 | 6,30 |
Quelle: Bundesregierung, Drucksache 20/5791
Aktuelle Zahlen der Bundesregierung
Die vorliegenden Zahlen präsentierte die Bundesregierung am 23. Februar 2023 in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke. Die hierfür von der Bundesregierung ausgewerteten Angebotsmieten stammen aus Inseraten in Zeitungen und Immobilienplattformen für Erst- und Wiedervermietungen von Neubau- und Bestandswohnungen.
Erfasst wurden Angebotsmieten ohne Nebenkosten für 40 bis 100 Quadratmeter große, unmöblierte Wohnungen mit mittlerer Ausstattung in mittlerer bis guter Wohnlage. Nicht berücksichtigt wurden Inserate in Lokalzeitungen, Mieterpublikationen und Aushängen von Wohnungsvermittlungen sowie Mieten aus bestehenden Mietverhältnissen.
Mehr als 24.500 Wohnungen in Sachsen abgerissen
Die Kleine Anfrage zur Mieten- und wohnungspolitischen Entwicklung in Sachsen hatte die sächsische Bundestagsabgeordnete und wohnungspolitische Expertin Caren Lay zusammen mit Dr. Gesine Lötzsch, Clara Bünger und weiteren Abgeordneten der Fraktion Die Linke initiiert. Sie erbaten auch Angaben zum Wohnungsmarkt. Hierzu teilte die Bundesregierung mit, dass von 2012 bis 2022 in Sachsen trotz steigender Mieten und knapper werdender bezahlbarer Wohnungen insgesamt 24.506 Wohnungen zurückgebaut wurden, darunter 1.913 in Dresden, 1.488 in Hoyerswerda, 1.477 in Chemnitz und 965 in Riesa. Der Bund gewährte dem Freistaat hierfür Finanzhilfen in Höhe von rund 31 Millionen Euro.
Zugleich geht aus der Antwort hervor, dass sich der Bund kontinuierlich aus Sachsen zurückzieht. Besaß die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) im Jahr 2013 noch 1.765 Grundstücke und Immobilien in Sachsen, waren es Anfang 2023 noch 816. Davon stehen derzeit 298 zum Verkauf.
Niedergang des Sozialwohnungsbaus
Wie die Auswertung außerdem zeigt, ist der Sozialwohnungsbau in Sachsen auf ein historisch niedriges Niveau gesunken. Entstanden 2017 im Freistaat noch 1.125 bewilligte Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung, sank deren Zahl 2019 auf 937 und 2021 auf 91. Rückläufig ist aber nicht nur der Neubau von Sozialwohnungen, sondern auch deren Bestand. Gab es 2012 in Sachsen noch 42.505 Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung, waren es 2021 noch 12.083. Laut Caren Ley verfügte Sachsen 2006 noch über fast 134.000 Sozialwohnungen. Von diesem Bestand sei somit 16 Jahre später nur noch weniger als ein Zehntel übrig gewesen.
Wohnungen in Sachsen bei Investoren immer beliebter
Durch die kontinuierlich steigenden Mieten rücken Wohnungen in Sachsen immer stärker in den Fokus von Investoren. In Leipzig befinden sich 73,5 Prozent der gut 340.000 Wohnungen in Privatbesitz, rund ein Viertel des Immobilienbestands gehört börsennotierten Unternehmen und Großeigentümern. In Dresden besitzt Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia mehr als 38.500 der rund 315.000 Wohnungen. Aber auch kleine Städte, die kommunale Wohnungen privatisieren, ziehen Investoren an. Dazu zählen beispielsweise Klingenthal, Crimmitschau und Plauen.
Laut der Linken-Abgeordneten Caren Ley haben Bund und Land die sächsischen Mieter „viel zu lange im Stich gelassen“. Nun bräuchten zumindest die großen Städte einen Mietenstopp, damit die Situation in Leipzig und Dresden nicht bald so sei wie in München oder Berlin. Auch sei es Zeit, die „massenhafte Privatisierung“ bundeseigener Liegenschaften zu beenden. Der Bund solle seine Liegenschaften verbilligt an Kommunen abgeben oder selbst Wohnungen bauen. Zudem müsse Sachsens Kenia-Koalition alle Mittel für den Sozialen Wohnungsbau nutzen, „um den riesigen Bedarf an Sozialwohnungen ansatzweise decken zu können“. Hier tue die Staatsregierung bisher viel zu wenig.