Wegen der Wohnungspolitik des Berliner Senats und der damit einhergehenden Verschlechterung der Situation auf dem Wohnungsmarkt verlagern laut einer Umfrage des BFW-Landesverbandes mittlerweile drei Viertel der Bauunternehmen ihre Geschäftstätigkeiten nach Brandenburg. 38 Prozent wandern in andere Bundesländer ab. Mit spürbaren Auswirkungen auf den dringend benötigten Neubau in der Hauptstadt. Weitere wichtige Ergebnisse der Umfrage...
Der Berliner Mietendeckel hat die Rahmenbedingungen für Investoren, Bauträger und Wohnungsverwalter auf dem Wohnungsmarkt verschlechtert, zunehmend wird dadurch der dringend benötigte Neubau in der Hauptstadt gebremst. Fast zwei Drittel der bauenden Unternehmen (63 Prozent) spüren die negativen Auswirkungen des Mietendeckels auf ihre Geschäftstätigkeit. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des BFW Landesverband Berlin/Brandenburg unter seinen Mitgliedsunternehmen hervor, die im November 2020 durchgeführt wurde.
Immer mehr Wohnentwickler wandern aus Berlin ab
75 Prozent der befragten Unternehmen geben an, aufgrund der Wohnungspolitik des Berliner Senats ihre geschäftlichen Aktivitäten überwiegend nach Brandenburg verlagert zu haben, 38 Prozent wandern in andere Bundesländer ab. Damit hat sich die Stimmungslage auch für den Wohnungsneubau im Vergleich zum August 2019 noch einmal verschlechtert. Bei dieser vorangegangenen Umfrage des BFW kurz nach Bekanntwerden der Eckpunkte für einen Mietendeckel wollten lediglich 41 Prozent der Unternehmen ihre Aktivitäten nach Brandenburg oder in andere Bundesländer (34 Prozent) verlagern.
9.000 Wohnungen weniger: Wohnungsneubau in der Hauptstadt wird empfindlich ausgebremst
Das hat dramatische Auswirkungen auf den Wohnungsneubau in der Hauptstadt, der bisher zu 75 Prozent von privaten Unternehmen getragen wird. Statt Mietwohnungen wollen demnach 50 Prozent der Unternehmen in Zukunft vermehrt Eigentumswohnungen bauen (BFW-Umfrage 2019: 30 Prozent). 13 Prozent haben bereits jetzt Investitionen in den Wohnungsneubau aufgegeben oder geplante Projekte storniert. Jeweils ein Viertel der befragten Bauträger und Projektentwickler geben an, einen Ankaufstopp für Grundstücke veranlasst zu haben und aktuell laufende Projekte umzuplanen und ihre Geschäftsfelder zu verändern. Anlass zur Sorge muss diese Entwicklung auch deshalb geben, weil in der Vergangenheit mit den privaten Projekten häufig auch die Errichtung preisgedämpften Wohnraums über das kooperative Baulandmodell verbunden war. Diese Wohnungen wurden dann in der Regel an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften verkauft.
Susanne Klabe, Geschäftsführerin des BFW Landesverband Berlin/Brandenburg, sagt: „Die Unternehmen verabschieden sich aus dem Wohnungsneubau in Berlin, weil es ihnen zunehmend an Endinvestoren und Finanzierern fehlt, die bereit sind, am Standort Berlin in Wohnungen zu investieren. Schon jetzt haben die Mitgliedsunternehmen des BFW wegen der unabsehbaren Auswirkungen des Mietendeckels geplante Neubauvorhaben in einem Umfang von mehr als 9.000 Wohnungen zurückgestellt. Dabei handelt es sich nicht nur um hochpreisige Eigentumswohnungen, sondern in der Mehrzahl um Projekte, in denen auch preisgünstige Wohnungen mit Mieten von 6,50 Euro pro Quadratmeter nicht gebaut werden. Das ist die Kehrseite der Medaille von staatlich festgesetzten Mietobergrenzen. Zu diesem einmaligen verfassungswidrigen Gesetz wird das Bundesverfassungsgericht im kommenden Jahr sein Urteil fällen. Die Leidtragenden dieses Scherbenhaufens werden nicht nur die Berliner Mieterinnen und Mieter sein, sondern auch die mittelständische Immobilienwirtschaft in Berlin.“
Etwa die Hälfte der Unternehmen geben in der Umfrage an, dass sich insbesondere Endinvestoren, hierzu zählen unter anderem Krankenkassen, private Pensionsfonds und Family Offices, nicht mehr in Berlin engagieren wollen, bei Banken sind es 38 Prozent und bei Eigenkapitalgebern immerhin noch 12 Prozent. Bei jedem fünften Unternehmen sind deshalb bereits Projektfinanzierungen in Berlin gescheitert.
Zweite Stufe des Mietendeckels tritt in Kraft
Im Zusammenhang mit der am 23. November 2020 in Kraft getretenen zweiten Stufe des Mietendeckels, die die Absenkung von überhöhten Mieten vorsieht, wollte der BFW Landesverband Berlin/Brandenburg von den Eigentümern und Verwaltern wissen, wie sich die Umsetzung des Mietendeckels auf ihren Geschäftsbetrieb auswirkt. Rund 94 Prozent der Unternehmen geben an, dass sich der Verwaltungsaufwand durch den Mietendeckel erhöht hat. Die Kosten für den gesteigerten Verwaltungsaufwand belaufen sich dabei auf durchschnittlich 25.000 Euro pro Unternehmen, allein im Jahr 2020.
Rund drei Viertel der Unternehmen mussten aufgrund geringerer Mieteinnahmen Sanierungen und Modernisierungen stoppen oder zurückstellen, das entspricht einem Anstieg gegenüber Juli 2020 von 70 Prozent auf jetzt 76 Prozent. Im August 2019 waren es lediglich 60 Prozent der Unternehmen, die ihre Projekte auf Eis legen wollten. Analysiert wurden jetzt die Angaben von 17 Mitgliedsunternehmen, die zusammen rund 31.000 Wohnungen verwalten oder bewirtschaften.
Ähnlich wie bei einer vorherigen Erhebung des BFW bestätigten 94 Prozent der Unternehmen, die Mietabsenkung flächendeckend umzusetzen. Sechs Prozent wollen gegenüber dem Land einen Härtefall geltend machen. Im Falle der Verfassungswidrigkeit des Mietendeckels wollen alle Wohnungsunternehmen die Differenz zwischen der gedeckelten Miete und der im Mietvertrag nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches vereinbarten Miete zurückfordern, ergab die aktuelle Umfrage. Dies sei den Mietern auch mitgeteilt worden.