BFW Mitteldeutschland: „Wir sind keine Unterlasser“

BFW Mitteldeutschland: „Wir sind keine Unterlasser“

BFW Mitteldeutschland: „Wir sind keine Unterlasser“
Dr. Ingo Seidemann eröffnete den Mitteldeutschen Immobilientag. Quelle: Peter B. Kossok

Der 30. Mitteldeutsche Immobilientag in Leipzig stand unter dem Motto „Vorsprung durch EU-Taxonomie, QNG und ESG!? – Inhalt, Bedeutung, Branchennutzen“. Es fielen deutliche Worte hin zur Politik, das Thema Überregulierung spielte eine Hauptrolle.

IMMOBILÉROS - Der Podcast für die Immobilienbranche

Der 30. Mitteldeutsche Immobilientag in Leipzig stand ganz im Zeichen aktueller Herausforderungen und Chancen, die sich durch die Entwicklungen in der EU-Taxonomie, dem QNG und ESG ergeben. Dr. Ingo Seidemann, Vorstandsvorsitzender des des BFW Landesverbandes Mitteldeutschland e. V., eröffnete den Tag mit einer ernüchternden Analyse der Marktlage: „Auch dieses Jahr müssen wir über die Krise sprechen.“ Die wirtschaftliche Situation sei „so tief wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, geprägt von „massiven Irritationen des Investitionsmarktes“, geringen Transaktionen und Herausforderungen in der Refinanzierung. Dennoch betonte Dr. Ingo Seidemann die Bereitschaft der Branche, sich den neuen Anforderungen zu stellen: „Wir sind keine Unterlasser, wir stellen uns neuen Herausforderungen, suchen und finden sie auch – genau wie neue Wege.“

In den folgenden Panels beleuchteten Experten wie Dirk Rathlev von Ernst & Young die Notwendigkeit einer klaren Definition von ESG und EU-Taxonomie, damit alle Beteiligten – von Projektentwicklern bis zu Finanzierern – „die gleiche Sprache sprechen“. Dirk Rathlev wies darauf hin, dass „die drei Buchstaben ESG keine Definition sind“, der EU-Green Deal allerdings eine habe. Die fehlende Energieeffizienz-Klassifizierung für Nicht-Wohngebäude erschwert zudem die Umsetzung der EU-Taxonomie. Ziel sei es, die Angst vor den regulatorischen Anforderungen zu nehmen, indem man Transparenz schaffe und langfristige Fragen beantwortet: „Wie steht es um meine Immobilie in 10, 20 oder 30 Jahren?“

Christian Crain von PriceHubble erläuterte die Bedeutung datenbasierter Entscheidungen und technologischer Fortschritte in der Immobilienbranche: „Es ist heute schon fahrlässig, wenn man Entscheidungen nicht datenbasiert trifft.“ Mithilfe von Simulationen und künstlicher Intelligenz könne die Branche zwischen Stranded Assets oder Green Premium abwägen und den Sweetspot finden. Im Panel „Nachhaltig Bauen und bezahlbar Wohnen“ kritisierte Prof. Stefan Leupertz, Geschäftsführer der 3D2L GmbH, die zunehmende Regulierungsdichte und betonte die Notwendigkeit, Lösungen zu finden, die wirklich zielführend sind: „Die Realität liegt auf dem Tisch. Die Überregulierung geht so nicht weiter, ich bin gern Jurist, aber ich verstehe das selbst nicht mehr.“ Er warnte vor noch mehr Nachhaltigkeitsforderungen und dem Fachkräftemangel, die den Bauprozess zunehmend verkomplizieren. Diese Unwägbarkeiten führen zu einer notorischen Nachsteuerung bei Verträgen, was die Prozesse verlängere. Prof. Stefan Leupertz zeichnet zudem für ein Gutachten zum Gebäudetyp E verantwortlich, das für viel Aufsehen sorgte. Kurz zusammengefasst: Der Referentenentwurf werde das Gegenteil von dem erzeugen, was er soll, es werde alles noch komplizierter. Er appellierte an die „individuelle Klugheit und Schaffenskraft der Baubeteiligten“.

André Adami von bulwiengesa lieferte einen Einblick in die regionale Marktentwicklung. Während einige Städte in Mitteldeutschland wie Dresden mit Projekten wie TMSC erfolgreich seien, kämpften andere mit Rückschlägen, wie Magdeburg nach der Absage von Intel. Er resümierte: „In der Boomzeit sind die Städte in Mitteldeutschland in allen Assetklassen nicht so weit oben geflogen, deshalb sind Preiskorrekturen und Verwerfungen weniger stark.“

Im Anschluss an den Hauptteil gab es drei verschiedene Programme. So widmete sich ein Panel konkreten Best-Practice-Beispielen im Bauwesen. Susanne Braun von der Leipfinger – Bader GmbH und Raimund Griebel von der Gesellschaft für Systemisches Bauen beleuchteten die wirtschaftlichen Vorteile der QNG-Zertifizierung, während Tom Löschner von der Ed. Züblin AG auf KI-gestützte Planung und serielles Bauen im Einklang mit der EU-Taxonomie einging. Parallel dazu beleuchtete das Finanzforum die Umsetzung von ESG in der Finanzierung. Andreas Koschowski von der Deutschen Kreditbank AG erläuterte, was mittelständische Unternehmen in Bezug auf Finanzierungsanforderungen erwarten können, Jörg Torbohm von der BF. real estate finance GmbH gab einen Praxisbericht im Umgang mit Banken bei der Kreditantragstellung. Im Immobilienmanagement wurden rechtliche und technische Herausforderungen diskutiert, darunter die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes und die Integration von Wallboxen und PV-Anlagen, um die Gebäudenutzung nachhaltig zu gestalten.