Nach der Zinswende: "Mehr Wettbewerb unter den Banken"

Nach der Zinswende: "Mehr Wettbewerb unter den Banken"

Nach der Zinswende: "Mehr Wettbewerb unter den Banken"
Quelle: privat

Lukas Müller, Direktor Immobilienfinanzierung von Loanboox, analysiert für IMMOBILIEN AKTUELL die aktuelle Geldpolitik. Ein Punkt heißt Vorsicht. Denn: Die erwarteten Zinssenkungen sind bereits weitestgehend eingepreist.

Agentur

Die Immobilienwirtschaft blickte in den vergangenen Tagen gespannt auf die Entscheidungen der Währungshüter in Frankfurt (Europäische Zentralbank/EZB) und Washington (US-Notenbank FED). Beide Notenbanken erfüllten die Erwartungen der meisten Marktakteure: Die EZB senkte den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent und die FED machte einen großen Zinsschritt (-0,5 Prozent) auf nun 4,75 - 5,0 Prozent. Diese geldpolitischen Entscheidungen erfolgen in einer Phase, in der sich die inflationären Tendenzen abkühlen. Dies verschaffte den Notenbanken zuletzt mehr Spielraum, ihre Geldpolitik wieder expansiver zu gestalten. Die Kehrseite ist jedoch, dass die Inflation nicht zuletzt deshalb abkühlte, weil die Konjunktur in Europa, ganz besonders in Deutschland, schwächelt. Das Umfeld für Kreditnehmer bleibt damit herausfordernd, allerdings gibt es auch positive Anzeichen: Unter anderem steigt der Finanzierungswille von Kapitalgebern wieder.

Auf den deutschen Immobilienmarkt dürften sich die jüngsten Zinssenkungen stabilisierend auswirken. Die Swapsätze an den Kapitalmärkten für Laufzeiten ab einem Jahr sowie die Zinssätze an den Geldmärkten bis zu einem Jahr sanken deutlich. Damit werden die Zinskosten für Immobilienunternehmen geringer. Gleichzeitig steigt damit die Wahrscheinlichkeit, dass die Diskontierungs- und Kapitalisierungssätze der Bewerter ebenfalls sinken, was sich stabilisierend bis positiv auf die Immobilienwerte auswirken sollte. Mittelfristig spricht diese Entwicklung auch wieder für höhere Beleihungswerte bei der Kreditvergabe.

Kreditnehmer können auf mehr Wettbewerb unter den Banken hoffen

Aktuell haben wir es immer noch mit einem sehr engen Finanzierungsmarkt zu tun. Die Margen sind spürbar höher als noch vor zwei Jahren und die Beleihungswerte deutlich tiefer. Ein breiter Marktvergleich ist heute deshalb wichtiger denn je, um das beste Finanzierungsangebot zu finden. Hinzu kommt, dass die Bereitschaft der einzelnen Kreditgeber stark variiert, auch wenn insgesamt wieder spürbar mehr Interesse bei Banken vorhanden ist. Das zeigt sich unter anderem in sinkenden Margen beziehungsweise verbesserten Finanzierungsbedingungen in Bezug auf Beleihungswerte. Kreditnehmer könnten also bald wieder von einem erhöhten Wettbewerb zwischen den Banken profitieren. Besonders bei Immobilienprojekten sollten die Spielräume der Banken wieder steigen, dort war es zuletzt zu einem Beinahe-Stillstand bei den Finanzierungen gekommen. 

Kapitalmarkt: Weitere Zinssenkungen sind bereits eingepreist

Mit Blick auf die aktuellen globalen Zinskurven zeigt sich, dass der Markt in den nächsten 12 Monaten weitere zwei bis drei Zinssenkungen im Umfang von 0,5 bis 1,0% Prozent erwartet. Doch Vorsicht: Diese erwarteten Zinssenkungen sind bereits weitestgehend eingepreist. Das zeigt folgende Situation: Die Zinssätze an den Geldmärkten (Laufzeiten bis maximal ein Jahr) liegen im Bereich 3,0% bis 3,4 Prozent und reagieren aufgrund der kurzen Laufzeit für gewöhnlich reaktiv auf Zinsentscheidungen. An den Kapitalmärkten (Laufzeiten ab einem Jahr), die die Zukunft in der Regel vorwegnehmen, bewegen sich die Zinsen dagegen im Bereich von zwei Prozent. Sollten sich die Inflationstendenzen wieder beschleunigen beziehungsweise Zweifel an den Zinssenkungen aufkommen, könnten die Swapsätze auch rasch wieder ansteigen.

Aktuell gutes Umfeld für langfristige Finanzierungen - Herausforderungen bleiben

Kreditnehmer, die auf lange Laufzeiten setzen, finden im aktuellen Umfeld attraktive Konditionen. Denn wie beschrieben sind in den langen Laufzeiten mehrere Zinssenkungen bereits eingepreist. Es müssten also neue, unerwartet starke Impulse in Form von Zinssenkungen anstehen, damit die Swapsätze erneut nach unten reagieren. Zu den gesunkenen Zinssätzen kommt eine höhere Bereitschaft der Banken, was neue Finanzierungsmöglichkeiten schafft. Die Lage bleibt allerdings herausfordernd: Die Bautätigkeit in Deutschland ist historisch niedrig und die Finanzierung von Großprojekten schwierig. Überdies zeigt sich, dass das Zinsumfeld für die nächsten Monate zwar stabil scheint, doch können veränderte geopolitische beziehungsweise makroökonomische Faktoren schnell wieder für Unruhe sorgen. Daher sollten Kreditnehmer die Marktbedingungen sorgfältig analysieren und sich nicht nur auf die Zinsentwicklung verlassen. Eine breite Marktübersicht und die Berücksichtigung von verschiedenen Szenarien (beispielsweise wieder ansteigende Swapsätze) sind essentiell. Denn damit lassen sich langfristig erfolgreiche Finanzierungsentscheidungen treffen.

Fazit

Für Kreditnehmer aus dem Immobilienbereich bietet das aktuelle Zinsumfeld deutliche Vorteile: Die Kombination der gesunkenen Zinssätzen sowie einem sich erhöhenden Appetit der Banken auf Kredite schafft attraktive Finanzierungsmöglichkeiten. Die Lage bleibt allerdings herausfordernd. Die Bautätigkeit in Deutschland ist historisch niedrig, und die Finanzierung von Großprojekten bleibt schwierig. Überdies zeigt sich, dass das Zinsumfeld für die nächsten Monate zwar stabil zu bleiben scheint, doch können neue geopolitische und makroökonomische Faktoren schnell wieder für Unruhe sorgen. Daher sollten Kreditnehmer auf eine sorgfältige Analyse der Marktbedingungen setzen und sich nicht nur auf die Zinsentwicklung verlassen. Eine breite Marktübersicht und die Berücksichtigung von verschiedenen Szenarien wie wieder ansteigenden Swapsätzen sind essenziell, um langfristig erfolgreiche Finanzierungsentscheidungen zu treffen.