Kreislaufwirtschaft als Treiber für Umwelt- und Klimaschutz

Kreislaufwirtschaft als Treiber für Umwelt- und Klimaschutz

Kreislaufwirtschaft als Treiber für Umwelt- und Klimaschutz
Will von der linearen zur Kreislaufwirtschaft. Prof. Dr. Anke Weidenkaff beim Energiewendekongress 2023. Copyright: IMMOCOM / Ivette Wagner

„Betrachtet man den Status quo bei der Umsetzung von Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in der Immobilienwirtschaft, fällt das Ergebnis ernüchternd aus.“ Diese Erkenntnis von Prof. Amandus Samsøe Sattler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), ist vor allem deshalb bitter, weil die Kreislaufwirtschaft das Potential hat, - nicht nur in der Immobilienbranche - zu einem Treiber für den Umwelt- und Klimaschutz zu werden. Eine Bestandsaufnahme rund um Bestandssanierungen, Madaster und die Kreislaufstrategie der Bundesregierung.

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Ein Beispiel, wie eine Sanierung unter Kreislauf-Aspekten gehen kann, legt Wealthcap vor. Der PRIME TOWER in Frankfurt am Main, 1969 als Büroimmobilie errichtet, erfuhr gerade seine Sanierung. Das Ergebnis: energieeffizienter Betrieb, eine BREEAM-Zertifizierung und durch den Erhalt des Bauwerkes an sich wurde eine Menge grauer Emissionen eingespart.

Janny Stimmer, Leiterin Asset Management Süd & Ost bei Wealthcap, sagt: „Aktuell zeigen wir an vielen Stellen, was sich aus zum Teil schon älteren Büroimmobilien noch herausholen lässt. Abriss und Neubau sind nicht der Weg, den wir beschreiten wollen.“ Bei der Sanierung des Gebäudes gab es große Aufmerksamkeit auf den Erhalt von bestehender Substanz. Das gilt für 16.500 Quadratmeter erhaltene Kühldecken aus Metall, 300 Kilometer Verkabelung, die im Bestand verblieben, 143 Metalltüren, deren Erhalt zunächst als nicht möglich galt, 450 Quadratmeter Bodenplatten der Lobby, die teilweise in den neuen Terrazzoboden eingearbeitet und ansonsten für die Reparatur in den restlichen Bereichen verwendet wurden.

In Deutschland stammen allein in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München 56 Prozent aller Büroimmobilien aus der Zeit vor 1991. Laut dem Gebäudereport 2024 der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) sind etwa 24 Prozent des deutschen Wohngebäudebestandes vor 1946 errichtet, weitere 36 Prozent vor 1978. Heißt: Etwa 60 Prozent aller Wohngebäude entstanden vor der ersten Energieeinsparverordnung (EnEV) 1978, seit Einführung der EnEV 2014 kamen eine Million Wohngebäude dazu, insgesamt sind das etwa fünf Millionen.

Kreislaufwirtschaft legt an Wichtigkeit zu

Mit dem Ziel der Klimaneutralität wird es wichtiger, Kreisläufe zu schließen. „Der Weg führt immer weiter weg vom früheren linearen Take, Make, Waste-Prinzip hin zur Zirkularität. Nur so wird der Nachhaltigkeitsansatz vollständig“, heißt es dazu in einer Studie von JLL und Wealtcap. Dr. Florian Kammerer, Referatsleiter Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, Ressourceneffizienz im Bundeministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, sagt: „Zirkuläre Wirtschaft muss zum Treiber für Umwelt- und Klimaschutz werden.“ Die Gegensätze zwischen Umwelt und Wirtschaft würden sehr oft thematisiert, gingen aber erfolgreich Hand in Hand.

„Die Chance für Innovation und Wertschöpfung ist jetzt da.“ Deshalb müsse mehr in Deutschland investiert werden: eben auch in Rohstoffe. Um sich unabhängiger zu machen und flexibler zu sein. Die Bundesregierung hat unter anderem mit diesem Aspekt eine Nationale Kreislaufstrategie (NKWS) aufgesetzt. „Die NKWS ist ein industrie-politisches Fitnessprogramm“, heißt es von Bundesministerin Steffi Lemke dazu.

„Lernen, aus dem Abfalleimer zu leben“

Von einer Material- und Ressourcenwende ist oft die Rede. Was bei einem Neubau selbstverständlich ist – die genaue Analyse, was wo verbaut wurde –, muss im Bestand mühevoll analysiert werden. Dazu gibt es Plattformen wie Madaster, die den zirkulären Einsatz von Produkten und Materialien ermöglichen. Es geht darum, jede Kleinigkeit, jedes Kabel, jedes Bauteil zu erfassen und die Zusammensetzung festzuhalten. Das gibt später Aufschluss über eine mögliche Trennbarkeit, das gebundene CO2 und die Toxizität von Materialien und Produkten.

„Viele Bestandshalter sowie Finanzierer und Investoren erkennen die strategische Relevanz klimagerechter Sanierungspläne und sind entschlossen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden“, sagt Dr. Christian Simanek, Bereichsleiter Asset Management bei Wealthcap. Es bleiben allerdings einige zu lösende Aufgaben: Welche Regularien greifen wann und wie? Welche konkreten Handlungen verbinden sich damit? „Wir müssen lernen aus dem Abfalleimer zu leben“, fasst das Prof. Dr. Anke Weidenkaff, Institutsleiterin der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie, zusammen. „Wir brauchen eine Metrik der Nachhaltigkeit.“ Wie viele andere Experten fordert sie einen verpflichtenden Produktpass, einen „digitalen Kehrichteimer, aus dem sich alle bedienen können“.

Fehlanreize hinsichtlich der Kreislaufwirtschaft

Martina Williams, Head of Work Dynamics DACH & CEE von JLL, merkt an, dass der Lebenszyklus einer Immobilie bislang zu wenig beachtet wurde. „In der Vergangenheit hat sich das kaum in der Regulierung widergespiegelt“, sagt sie. „Im Vordergrund stehen zumeist die operativen Energieverbräuche und Emissionen. Kritiker sprechen sogar von Fehlanreizen, weil dadurch Abriss und Neubau stärker gefördert würden.“

Es gehe darum ‚graue Emissionen‘ zu vermeiden. Maßnahmen dafür seien unter anderem die Einführung eines Gebäuderessourcenpasses oder die Überarbeitung des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (KrWG). Prof. Amandus Samsøe Sattler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), fasst wie folgt zusammen: „Betrachtet man den Status quo bei der Umsetzung von Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in der Immobilienwirtschaft, fällt das Ergebnis ernüchternd aus.“ Das Potential der Kreislaufwirtschaft werde derzeit ungenügend ausgeschöpft.

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