Das Gebiet um den Goldenen Reiter wurde vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen in die Liste der Kulturdenkmale aufgenommen. Das gefällt nicht allen.
Das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen hat den Neustädter Markt in Dresden in die Liste der Kulturdenkmale des Freistaates Sachsen aufgenommen. „Der Neustädter Markt ist mit all seinen Elementen ein hervorragend überliefertes Zeugnis eines lange gereiften, städtebaulichen und freiraumplanerischen Projektes der DDR“, schätzt der Sächsische Landeskonservator Alf Furkert ein. Sein Amt habe aufgrund einer Anfrage des Amts für Kultur und Denkmalschutz der Landeshauptstadt Dresden geprüft, ob nicht die gesamte Hauptstraße samt der Platzanlage Neustädter Markt schützenswert ist.
Zum neuen Schutzgut gehören die gesamte Platz- und Straßenanlage mit Platzwänden (DDR-Plattenbauten), Grünanlagen, Kleinarchitekturen, Denkmal und Mobiliar. Bereits 1991 sind auf dem Neustädter Markt das Reiterstandbild, die zwei Nymphen-Brunnen, die zwei Fahnenmasten und auf der Hauptstraße acht barocke Figuren, zwei Vasen aus der gleichen Zeit und die Platanen-Allee sowie der sie umgebende Platz erfasst worden. Abgesehen davon sind seit 1991 die Häuser aus dem 18./19. Jahrhundert an der Hauptstraße und dem Obergraben Kulturdenkmale. 2019 wurden zusätzlich die beiden Brunnen des Künstlers Friedrich Kracht nacherfasst.
Würdigung verschiedener Zeitschichten in Dresden
Die Ausweisung sei, so Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch, ein wichtiges Signal, die verschiedenen Zeitschichten und damit auch die Nachkriegsmoderne in Dresden zu würdigen. Die Hauptstraße (zu DDR-Zeiten Straße der Befreiung) samt Neustädter Markt entstand zwischen 1974 bis 1979 mit Plattenbauten des Typs WBS 70. In den Erdgeschosszonen fanden Läden und Gaststätten Platz. Anders als die Prager Straße, die im Stil der Moderne errichtet wurde, gab es hier einen Mix. An der Westseite wurden vor den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg erhalten gebliebene barocke Wohngebäude saniert und integriert. Mit der Hauptstraße sollte ein Boulevard beginnend am Dresdner Hauptbahnhof über die Prager Straße und die Augustusbrücke bis zum Albertplatz entstehen. Allerdings wurde dabei die bis 1945 erlebbare barocke städtebauliche Situation aufgegeben.
Nach 1990 erfolgten zahlreiche Veränderungen. Die Sanierung der Wohnbauten entlang der Hauptstraße wurde sogar preisgekrönt. Lange Zeit gab es jedoch Diskussionen um die Kopfseite, eben jenen Neustädter Markt.
Eine schwer nachvollziehbare Entscheidung ...
Das Landesamt für Denkmalpflege habe eine schwer nachvollziehbare Entscheidung getroffen, findet Torsten Kulke, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e.V. (GHND). Wie bekannt, vertrete die GHND eine prinzipiell andere Auffassung zur städtebaulichen Entwicklung im Bereich des Neustädter Marktes. Der Verein bemüht sich seit 2010 um eine Aufwertung des 1945 zerstörten Platzes, in dessen Mitte der Goldene Reiter steht. Zusammen mit dem angrenzenden Königsufer soll nach GHND-Vorstellungen eine kleinteilige Architektur mit ziegelgedeckten Dächern entstehen. Dazu zählt auch der Wiederaufbau des Narrenhäusels, den der Verein angeregt hat.
Wichtig sei eine harmonische Verbindung zwischen Altstadt und Neustadt. Derzeit trennt aber die breite Bundestraße B 170 beide Stadtteile. Wie es anders gehen könnte, zeigte die Neumarkt-Gesellschaft bei einer Veranstaltung unter dem Thema „Der Neustädter Markt – Promenadenflair statt Autoverkehr“. Präsentiert wurden Beispiele anderer Städte, die den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt genommen haben oder durch einen Tunnel führen.
Verdichtung am Neustädter Markt wollen Bewohner nicht
2019 hatte die Stadt Dresden für das Königsufer einen großen städtebaulichen und freiraumplanerischen Ideenwettbewerb unter breiter Beteiligung der Bevölkerung initiiert. Dabei gab es Ansätze für eine kleinteilige Bebauung, die der Intension der GHND entsprachen. Allerdings sah der Siegerentwurf auch vor, den Neustädter Markt durch weitere Gebäude zu verdichten. Das wiederum rief den Protest der dort Wohnenden hervor.
Baubürgermeister Stephan Kühn bleibt allgemeiner und verweist darauf, dass bei diesem Wettbewerb „die städtebauliche Qualität des Neustädter Marktes gewürdigt und deshalb dem Stadtrat vorgeschlagen (wurde), die künftige Platzgestaltung vertieft zu untersuchen. Das Kulturdenkmal Neustädter Markt werden wir in unseren weiteren Planungen in gebotener Weise berücksichtigen. Ziel ist, die Aufenthaltsqualität des Neustädter Marktes deutlich zu erhöhen.“ Wie es aus Sicht der Stadt dort weitergeht, müsse nun geprüft werden. Auch das Wohnungsunternehmen Vonovia, Eigentümer der meisten Gebäude im Areal, verweist darauf, behutsam sanieren zu wollen. Bisherige Pläne würden vor dem Hintergrund des Denkmalbeschlusses erneut bearbeitet.
Streit um die DDR-Silhouette: Wennschon Denkmalschutz am Neustädter Markt, dann richtig!
Neumarkt-Vereinschef Torsten Kulke ist sauer über die Festsetzung als Denkmal. Damit würden „30 Jahre demokratisch abgewogene Beschlüsse“ zu Fall gebracht, klagt er. Initiativen wie Neustädter Freiheit und Ostmoderne hätten sich durchgesetzt. Polemisch fordert Kulke nun: Wenn der Neustädter Markt unter Denkmalschutz gestellt wird, „aber dann richtig!“ Was das bedeutet, darüber informiert er in einer Pressemitteilung: Bisher in den letzten 30 Jahren vorgenommene Veränderungen sind mit Hilfe der Denkmalpflege durch Auflagen zurückzubauen und der Ursprungszustand sowohl außen in den Fassaden, als auch innen in der Struktur wieder herzustellen oder zu erhalten. Insbesondere betrifft dies die unpassenden Fassaden der Gebäude am Neustädter Markt 7/Hauptstraße 1 und Neustädter Markt 8/Hauptstraße 2. Hier ist die Symmetrie der beiden Eckbauten durch den Rückbau zwingend erforderlich.
Durch die erhöhten Klimaschutzanforderungen erforderliche Dämmmaßnahmen sind durch Innendämmungen zu gewährleisten, um das äußere Erscheinungsbild zu wahren. Durchbrüche zur Kasernenstraße und Rähnitzgasse haben zu unterbleiben. In der Hauptstraße sind die Sandsteinfiguren zu restaurieren und mit den bisher fehlenden Kugellampen wieder aufzustellen. Der noch nicht restaurierte rechte Brunnen von Friedrich Kracht ist wie alle Gehwegplatten im Bestand mit der Originalmaterialität zu sanieren. Die Grünflächen um die Brunnen müssen ohne Veränderungen beibehalten werden. Torsten Kulke provoziert: „Die Maßnahmen sind in den nächsten Fünf-Jahresplan aufzunehmen. Ziel muss es sein, die notwendigen Maßnahmen bis zum 80. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 2029 umzusetzen und damit den Ursprungszustand der Eröffnung von 1979 zu erreichen.“
Aufmacherfoto: Das Areal um den Goldenen Reiter ist jetzt Kulturdenkmal. Copyright: Filip Altman auf Pixabay