Der österreichische Immobilienmarkt kam bislang gut durch die Krise und wird auch 2021 als Investmentmarkt weit über nationale Grenzen hinaus begehrt bleiben. Warum sich die Investoren allerdings nur nach ganz bestimmten Produkten umsehen werden, erklärt Walter Senk von der Immobilien Redaktion.
Der österreichische Immobilienmarkt ist auch 2021 für Immobilieninvestments attraktiv, wie eine aktuelle Studie des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY unter rund 50 aktiven Investoren und Marktteilnehmern in Österreich zeigt. Waren es im Vorjahr noch 96 Prozent, so schätzen mittlerweile alle Befragten den heimischen Immobilienmarkt als attraktiv bzw. sehr attraktiv ein. Mehr geht nicht, und damit ist schon einmal der Weg für das laufende Jahr festgelegt.
Wohnen kam 2020 vor Büro und Logistik
2020 war trotz aller Widrigkeiten auch nicht so schlecht, meint Michael Ehlmaier, EHL Immobilien: „Obwohl dieses Jahr sowohl für private als auch für institutionelle Investoren eine große Herausforderung war, wurden Immobilien im Wert von rund 3,5 Milliarden Euro gehandelt.“ Tatsächlich haben nur sehr wenige Investoren wegen der Corona-Situation ihr Immobilienengagement zurückgefahren. Die Rückgänge im Vergleich zu den Rekordwerten der Vorjahre waren zu wesentlichen Teilen auch Verzögerungen in der Abwicklung von Transaktionen durch Flugverbote, Grenzschließungen oder Lockdowns geschuldet. Rund 40 Prozent des Investmentvolumens im Vorjahr betrafen Wohnimmobilien, 31 Prozent Büroimmobilien. Danach folgen Industrie- und Logistikimmobilien mit rund 13 Prozent. Die Logistik hätte – auch für 2021 – noch viel Potenzial, allein es fehlt in Österreich an Projekten.
Auswirkungen von Corona müssen sich erst noch herauskristallisieren
„Der Blick in die Glaskugel für 2021 ist durchaus eine Herausforderung“, so Martin Müller, Geschäftsführer bei JP Immobilien: „Wir haben in den einzelnen Assetklassen aufgrund der Corona-Pandemie unterschiedliche Auswirkungen, die sich erst in den kommenden Monaten so richtig herauskristallisieren werden.“ Krisengewinner (beziehungsweise im laufenden Jahr besonders nachgefragt) sind aus seiner Sicht Wohnimmobilien, Topbüroobjekte in sehr guten Lagen sowie Logistikimmobilien. Im Bürobereich wird sich die Nachfrage auf langfristig an Mieter bester Bonität vermietete Immobilien konzentrieren, wobei die sonstigen Kriterien wie Lage, technische Ausstattung oder Nachhaltigkeit natürlich ebenfalls erfüllt sein müssen.
„Innovative Konzepte und Projekte werden weiter hoch im Kurs sein, auch was den Faktor Digitalisierung betrifft“, ist Martin Müller überzeugt. Überhaupt werden sich die Kriterien bei der Wahl der Immobilien verändern. Soziales, Umwelt und gute Unternehmensführung als Nachhaltigkeitskriterien (ESG-Kriterien) gewinnen bei den aktuellen Investitionsentscheidungen institutioneller Investoren zunehmend an Bedeutung. „Generell werden die Investoren weiterhin versuchen, Risiken so weit wie möglich zu vermeiden“, meint Michael Ehlmaier.
Große Gewinner 2021 werden Wohnimmobilien sein - außer die Schuhkartons
Definitiv der große Gewinner werden 2021 die Wohnimmobilien sein. Im Wohnsektor wurde 2020 mit über 1,3 Milliarden Euro an Transaktionsvolumen und einem Wachstum von 50 Prozent gegenüber 2019 der Trend der letzten Jahre fortgesetzt. Der große Vorteil ist die Verfügbarkeit von Investmentprodukten, sprich: Wohnbauten. 2021 werden aber neben Wien und Graz auch andere Städte, vornehmlich Landeshauptstädte, für die Investoren von großem Interesse sein. Einzige Ausnahme im Sektor Wohnen: Mikro. Da werde man sich neu sortieren müssen, „Schuhkartons“ in Randlage hätten sich nicht als krisenresistent erwiesen, sagt Felix von Saucken, Head of Residential bei Colliers International.
Etwas langsamer wird die Erholung und damit die Nachfrage bei Ferienunterkünften und Shoppingcentern sein. Stephan Größ, Leiter des Real-Estate-Sektors bei EY Österreich, rechnet damit, dass sich diese erst in den Jahren 2022 oder 2023 erholt haben werden. Aktuell ist für Investoren noch nicht absehbar, welche Hotelbetreiber und -mieter ohne substanzielle Schäden aus der Krise hervorgehen werden.
Wann kommen die ausländischen Investoren wieder?
Corona-bedingt sind Investoren aus Fernost und Übersee nahezu vollständig ausgeblieben und auf einen marginalen Marktanteil von zwei Prozent zurückgefallen. Bis sich die Zeiten bessern und die Reisetätigkeit wieder leichter wird, kommen die Investoren daher aus der DACH-Region. Markus Mendel, EHL Investment Consulting, geht davon aus, „dass sich die Situation für Geschäftsreisen im laufenden Jahr sukzessive normalisieren wird, und damit werden auch nicht deutschsprachige Investoren nach Wien zurückkehren und hier kaufen“.
So entwickelt sich der private Investmentmarkt in Österreich
Was die privaten Investoren betrifft, so stehen sie den großen nicht wirklich nach, findet Marion Weinberger-Fritz, Geschäftsführerin Raiffeisen Vorsorge Wohnung: „Die Nachfrage nach Vorsorgewohnungen ist extrem hoch und reißt bis jetzt auch nicht ab.“ Geld scheint ausreichend vorhanden zu sein, denn Michael Baert, Vorstand der IFA AG, bemerkt „eine Verschiebung hin zu Barzeichnern. Der Anteil liegt derzeit deutlich über 30 Prozent.“ Mit einem kämpfen aber die Privaten ebenfalls, und das ist der Produktmangel. „Die Beschaffung von neuen Projekten ist schwierig“, so Marion Weinberger-Fritz: „Insgesamt, so kann man sagen, geht alles langsamer – ausgenommen der Verkauf von bereits entwickelten, marktreifen Produkten.“
Dieser Artikel erschien zuerst auf immobilien-redaktion.com.