Pflegeimmobilien sind eine der derzeit wichtigsten Assetklassen – vor allem wegen des demographischen Wandels. Cureus-COO Christian Möhrke spricht über den Bedarf, geeignete Standorte, den Nachholbedarf in Ostdeutschland und optimale Wege.
„Wir stecken mitten im demografischen Wandel“, sagt Christian Möhrke, Geschäftsführer und COO der Cureus GmbH aus Hamburg, die Pflegeimmobilien im eigenen Bestand hält und auch selbst neue entwickelt. „Der Pflegeimmobilienmarkt kommt schon heute nicht mehr hinterher. Wenn wir als Gesellschaft nicht bald in ernsthafte Versorgungsnöte kommen möchten, müssen wir dringend mehr tun“, mahnt er.
Die Zahlen bestätigen ihn: Einerseits steigt der Bedarf der alternden Bevölkerung an Pflegeplätzen, weil die Zahl der pflegebedürftigen Menschen unweigerlich wächst. Auf 4,1 Millionen beziffert das Statistische Bundesamt ihre Zahl in der aktuellen Pflegebedarfsstatistik des Bundes zum Jahresende 2019 – bis 2040 könnte sie um weitere 40 Prozent steigen. Andererseits stagniert die Zahl der Menschen in stationärer Pflege seit einiger Zeit – ein Warnsignal, dass die zusätzliche Nachfrage also nicht mehr gestillt werden kann und die faktische Kapazitätsgrenze naht.
Kapazitätsgrenze naht: Komplexe Herausforderungen für Pflegeimmobilien
Gründe dafür, dass niemand diese Grenze ganz genau kennt, gibt es einige. Eine rein statistische Auslastung der mehr als 15.000 Pflegeeinrichtungen in Deutschland von 90,6 Prozent klingt auf den ersten Blick beruhigend. Doch Christian Möhrke weist darauf hin, dass nicht alle gemeldeten Plätze auch belegt werden könnten: „In vielen Einrichtungen aus den 1980er- und 1990er-Jahren gibt es noch Zweibettzimmer. Das galt früher als angemessen, heute ist es für viele Betroffene und ihre Familien ein Ausschlusskriterium. Einige Bundesländer schreiben bereits die generelle Einzelbelegung vor.“
Die gesellschaftlichen Ansprüche an die Pflege- und Lebensqualität in den Einrichtungen seien glücklicherweise gestiegen, doch für die Bedarfsberechnung führe dies zu einem Problem. „Je nach Region ist die tatsächliche Nachfrage schon heute sehr viel höher als das Angebot“, weiß Christian Möhrke aus seinen Gesprächen mit Betreibern und Kommunalpolitikern.
Erschwerend wirkt aus Sicht des Cureus-COO die Komplexität des Marktes. Zwar haben sich Gesundheitsimmobilien in den vergangenen Jahren nach Einschätzung vieler Experten inzwischen zur vollwertigen Assetklasse entwickelt – nationale und internationale Investoren haben sie für sich entdeckt, das Transaktionsvolumen verzehnfachte sich zwischen 2010 und 2020 auf fast 3,5 Milliarden Euro. Trotz der damit einhergehenden Professionalisierung ist der Markt jedoch weiterhin großenteils intransparent, denn verlässliche Statistiken über den Bedarf, den Immobilienbestand und geplante Neubauten sind schwierig zu bekommen.
Zudem sorgt der Föderalismus mit 16 verschiedenen Regelwerken in den Bundesländern dafür, dass bundesweit agierende Bauherren ihr Konzept für jeden Neubau mit hohem Aufwand an den Standort anpassen müssen. Die wirtschaftliche Situation vieler Betreiber, die stark von staatlicher Regulierung und der gesetzlichen Pflegeversicherung abhängt, ist ein zusätzlicher permanenter Unsicherheitsfaktor.
Ein skalierbarer Standard für alle Bundesländer
Pflege ist und bleibt also ein hochpolitisches Thema, doch diesbezügliche Statements lehnt Cureus ab. „Das ist nicht unser Job. Unser Produkt ist unsere Antwort auf die praktischen und die politischen Rahmenbedingungen“, stellt Christian Möhrke selbstbewusst klar. Dieses Produkt habe das Unternehmen selbst als skalierbaren Standard für moderne Pflegeimmobilien entwickelt, der ausnahmslos in allen Bundesländern anwendbar sei.
Dafür wurden, wie der Experte anschaulich berichtet, in jahrelanger Detailarbeit alle Aspekte einer zeitgemäßen Pflegeimmobilie durchleuchtet und stetig weiterentwickelt: „Wir sind mit der Stoppuhr durch die Flure gelaufen, um die optimalen Wege für das Personal zu finden.“ Die Raumaufteilung, die Zahl der Betten auf einem Stockwerk, die Fensteranordnung – von innen nach außen sei die Systempflegeimmobilie auf die Praxis hin optimiert.
Dabei möchte Möhrke betonen, dass Cureus keine Einheitsimmobilien mit seriellen Verfahren aus dem Boden stampfe. Alle Gebäude werden konventionell Stein auf Stein errichtet und architektonisch auf den Standort sowie die Anforderungen der Behörden und des Betreibers angepasst. Im Inneren folgen die Gebäude einheitlichen Standards und sind ausgestattet wie ein gutes Hotel, aber bei der Gebäudeform, der Fassade, der Form des Daches und den Außenbereichen sei eine große Bandbreite möglich.
Überhaupt möchte Cureus keine Missverständnisse erzeugen: „Unser Systemansatz betrifft weniger das Gebäude als solches, sondern vielmehr die zugrundeliegenden Prozesse. Wir haben für alle Projektphasen feste Abläufe und Standards definiert“, erklärt der Geschäftsführer. Abstimmungen mit dem späteren Betreiber, Bauanträge, Abnahmen, Übergaben – all das erfolge immer nach demselben Prinzip und sorge dadurch auch für mehr Geschwindigkeit im Erstellprozess.
Professionelle Akquise und großer Nachholbedarf bei Pflegeimmobilien im Osten
Zentral für dieses System ist auch die Akquise, für die spezialisierte Inhouse-Teams zuständig sind. Denn Cureus hat ambitionierte Wachstumsziele in Deutschland. „Unserer Recherche nach ist aktuell kein Wettbewerber in der Lage, beim Preis-Leistungs-Verhältnis und den Fertigstellungszeiten unsere Benchmarks zu erreichen“, sagt Christian Möhrke.
38 Objekte mit rund 4.000 Pflegeplätzen halte Cureus aktuell im Bestand, weitere 98 mit etwa 10.000 Einheiten sollen bis zum Jahr 2025 fertiggestellt werden. Dennoch suche man weiter nach geeigneten Standorten – der Bedarf sei schließlich auf absehbare Zeit kaum zu stillen. „Gerade die ostdeutschen Bundesländer haben einen großen Nachholbedarf – die Versorgungsquote ist fast flächendeckend unzureichend“, so die Einschätzung des COO.
Die Standortanforderungen unterscheiden sich laut Cureus allerdings nicht generell von denen herkömmlicher Residenzen. Umsetzen könne man ein Projekt ab einer Grundstücksfläche von 2.500 bis 3.000 Quadratmetern. Wichtig sei vor allem eine gute Infrastruktur, am besten eine zentrumsnahe Lage in größeren Städten. „Eine hohe Lebensqualität für Bewohner und Pflegekräfte ist für uns ein zentrales Anliegen“, führt Christian Möhrke aus. „Wir möchten mit unserem Ansatz auch zu besseren Arbeitsbedingungen in der Pflege beitragen.“
Eine veraltete Einrichtung in der Peripherie, ohne Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, ohne ärztliche Versorgung und Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe – das sei heutzutage nicht mehr zeitgemäß, weder für die Gepflegten, noch für die Pflegenden.