PropTechs: „Fürchterlicher Konsolidierungsdruck“

PropTechs: „Fürchterlicher Konsolidierungsdruck“

PropTechs: „Fürchterlicher Konsolidierungsdruck“

Nicolai Roth, Chairman of the Board bei der German Platform for Technology & Innovation (GPTI), und Alexandre Grellier, Mitgründer und CEO des Datenraumanbieters Drooms, blicken auf 2024 zurück und geben einen Ausblick auf Trends.

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Die PropTech-Branche im deutschsprachigen Raum wächst weiter – und steht zugleich unter zunehmendem Druck. Mit 1.264 aktiven Unternehmen verzeichnete das Segment 2024 ein Plus von 41 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch hinter der Dynamik verbirgt sich eine zunehmend fragmentierte Landschaft. Während einige wenige Start-ups große Finanzierungsrunden abschließen, ringen viele andere um ihre wirtschaftliche Existenz.

Nach wie vor mangelt es der Branche nicht an Ideen. „Es gibt viele gute Konzepte, aber viele kleine PropTechs hangeln sich von Finanzierungsrunde zu Finanzierungsrunde. Der sicher geglaubte Durchbruch passiert nicht“, sagt Alexandre Grellier, Mitgründer und CEO des Datenraumanbieters Drooms. Die Zahlen stützen diese Beobachtung: 1,8 Milliarden Euro Risikokapital flossen 2024 in PropTechs, doch 1,2 Milliarden davon gingen allein an zwei Unternehmen – Enpal und Cloover. Acht weitere Start-ups teilten sich den Großteil der restlichen Investitionen. „Alle übrigen PropTechs müssen sich mit nur sieben Prozent zufriedengeben“, bilanziert Nicolai Roth, Chairman of the Board bei der German Platform for Technology & Innovation (GPTI).

Die Luft für kleine Anbieter wird damit dünner. Zwar entstehen weiterhin neue Start-ups, doch der Markt bereinigt sich zugleich. „Es verschwinden PropTechs vom Markt, es kommen aber viele neue dazu“, beobachtet Nicolai Roth. Die Konsolidierung sei in vollem Gange: 38 M&A-Transaktionen wurden 2024 im PropTech-Sektor gezählt. Beispiele dafür liefern Sprengnetter mit der Übernahme von 21st Real Estate, Aareon mit TPG und Scout24 mit dem Neubaukompass.

Was PropTechs heute benötigen, sind Kapital, Schnittstellenkompetenz und ein belastbares Geschäftsmodell. Strategische Investoren spielen dabei eine zunehmend wichtige Rolle. „Wir sehen immer mehr PropTechs, die einen fürchterlichen Konsolidierungsdruck haben“, so Alexandre Grellier. Drooms selbst investiere nur in Unternehmen mit marktfähigen Lösungen und Bezug zur Industrie. „Sie müssen den Ökosystem-Gedanken vertreten und an der Nulllinie zur Profitabilität kratzen.“

Für den Markt bedeutet das: Profitabilität wird zum zentralen Maßstab. Wachstum allein überzeugt Investoren kaum noch. Auch das Narrativ hat sich verändert. Nicolai Roth formuliert es zugespitzt: „Nach vorn wird der blaue Himmel versprochen, hinten raus ist dann oft sehr nebelig und regnerisch.“ Die Folge: Viele Unternehmen setzen Pilotprojekte auf, scheuen aber langfristige Verträge – ein Modell, mit dem die Start-ups kaum Geld verdienen.

Trotz der Hürden setzt sich Technologie in der Immobilienbranche weiter durch. 2024 investierten immer mehr Unternehmen in künstliche Intelligenz, smarte Gebäudesteuerung und Blockchain-Lösungen. „Datenanalyse ist top of mind“, so Nicolai Roth. Ein weiterer Treiber: Nachhaltigkeit: „Die Notwendigkeit, ESG-ready zu werden, verleiht vielen digitalen Lösungen zusätzlichen Schub.“ Für 2025 erwartet der Experte neue Impulse vor allem im Bereich Cybersecurity. „Wir werden in diesem Jahr sehen, dass Unternehmen dafür viel Geld zahlen.“

Doch längst sind es nicht mehr nur junge Unternehmen, die digitale Lösungen vorantreiben. Auch konventionelle Player entwickeln zunehmend eigene PropTechs – aus Kostengründen, aber auch aus strategischer Überzeugung. „Was eigentlich gegen die PropTech-Branche spricht, entwickelt sich ebenfalls weiter: Viele Unternehmen erarbeiten selbst Lösungen. Das gibt eine andere Sicherheit, wenn man das in den eigenen Händen hat“, sagt Nicolai Roth.

Dabei bleibt die Kommunikation zwischen klassischer Immobilienwirtschaft und technologischem Innovationsgeist oft eine Herausforderung. „Es ist schwierig, die beiden sehr unterschiedlichen Sprachen miteinander zu verbinden“, räumt Nicolai Roth ein. „Das hat viele Investoren ernüchtert, sie nehmen die PropTechs heute ganz anders unter die Lupe.“

Der Druck auf junge Unternehmen steigt auch hinsichtlich Produktreife und Funktionalität. Eine Plattform für Due Diligence beispielsweise müsse heute weit mehr leisten als nur Dokumente austauschen, erklärt Alexandre Grellier: „Die Erwartungshaltung ist höher: mit KI Dokumente zusammenfassen, Übersetzungen ermöglichen. Dafür wird ungern gezahlt, aber es wird eine hohe Sicherheit erwartet.“

Was bleibt, ist ein harter Ausleseprozess. Wer bestehen will, braucht ein exzellentes Produkt, ein tragfähiges Geschäftsmodell und idealerweise die Anbindung an ein größeres digitales Ökosystem. Die Wahrscheinlichkeit, als Einzelkämpfer dauerhaft erfolgreich zu sein, sinkt. „Die Chancen als PropTech zu wachsen, sind heute nicht sehr gut – es sei denn, sie haben ein wirklich ausgezeichnetes Produkt“, so Alexandre Grellier. Und selbst dann bleibt die Option, in einen größeren Verbund zu wechseln, stets Teil des Denkmodells: „Spätestens an dieser Stelle zeigt sich dann, ob das Produkt markttauglich ist.“

Auch innerhalb der Branche wird über Ausstiege nachgedacht. „Einige Unternehmen, die sich ihr eigenes PropTech geleistet haben, werden versuchen, es abzustoßen – ohne allzu großen Gesichts- und Finanzverlust“, sagt Alexandre Grellier voraus. Etablieren werden sich in Zukunft eher Partnerschaften als vollständige Übernahmen.

Die GPTI, die als Unternehmernetzwerk 2015 gegründet wurde und heute rund 170 Mitglieder zählt, versteht sich als Brücke zwischen etablierten Akteuren und technologiegetriebenen Start-ups. Ziel sei es, tragfähige Geschäftsmodelle und marktreife Anwendungen zu fördern. Die Voraussetzungen dafür werden strenger – aber auch klarer. Der Markt verlangt nicht nur nach Innovation, sondern nach Ergebnissen.