Im Chemnitzer Stadtteil Altendorf wird das Areal eines ehemaligen Güterbahnhofes zum gewaltig dimensionierten grünen Wohnquartier umgestaltet.
Die ausschließlich dem Güterverkehr dienende Bahnstrecke zwischen Küchwald und Obergrüna wurde 1903 eröffnet, um die Chemnitzer Industrie an die wichtigsten sächsischen Verkehrsknotenpunkte anzubinden. Mit ihrer Stilllegung im Jahr 2004 hatte unter anderem auch der Haltepunkt Chemnitz-Altendorf ausgedient. Mit einem Schlag existierte eine große Brachfläche, die allmählich verfiel.
Sieben Jahre später setzten erste Bemühungen ein, dem Gelände entlang des Pleißenbachtals zwischen den Wohnvierteln Kaßberg, Flemminggebiet und Schlosschemnitz mittels Konversion neues Leben einzuhauchen. Den eigentlichen Startschuss für die Entwicklung gab eine 2015 erarbeitete Rahmenplanung, welche die Stadt gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG in Auftrag gab. Experten- und Bürgerdialoge gehörten als fester Bestandteil zum Planungsprozess.
Mehrstufiger Rahmenplan für die Konversion des Bahnhofs Chemnitz-Altendorf in ein Wohnquartier
- Stufe eins sah die Entwicklung eines neuen Landschaftsparks entlang des Pleißenbachs vor.
- Stufe zwei beinhaltete die Umnutzung von Güterschuppen und Kühlhaus am ehemaligen Güterbahnhof. Beide Bestandsgebäude galt es als Zeitzeugen der Industriekultur zu erhalten und in Wohnraum oder soziokulturelle Einrichtungen zu wandeln. Entlang der Paul-Jäkel-Straße konnten sich die Planer nicht störendes Gewerbe vorstellen – waren aber auch einer alternativen Wohnbebauung gegenüber nicht abgeneigt. Des Weiteren reservierten sie im Bereich Gutsweg/Ladestraße eine Fläche für eine Kindertagesstätte.
- In der dritten Stufe fokussierte der Rahmenplan im Bereich Paul-Jäkel-Straße/Gutsweg auf Geschosswohnungsbau. Westlich des Güterschuppens, entlang der bestehenden Ladestraße, sah die Planung Stadthäuser oder Einfamilienreihenhäuser vor. Hofhäuser, gemeinschaftliche Wohnanlagen für Familien sowie institutionelle oder kommerzielle Sonderformen wie barrierefreie Wohnungen oder Seniorenwohnungen waren vorstellbar.
- Stufe vier verlegte sich auf eine Fläche im Westen des Plangebietes, wo große Einfamilienhäuser oder Stadtvillen entstehen sollten. Die verkehrstechnische Erschließung des sogenannten Quartieres Bahnhofsareal Altendorf könnte weitgehend mittels bestehender Wege und Straßen erfolgen.
Stadt Chemnitz entwickelt Grünzug im Quartier Bahnhofsareal Altendorf
Die Deutsche Bahn AG schrieb im Mai 2016 die Flächen um die stillgelegte Bahnstrecke zum Verkauf aus. Die Stadtverwaltung erhielt den Zuschlag für den südlichen Teil des Areals, also die Flächen des alten Gleisbestandes direkt am Pleißenbach, um hier den geplanten Grünzug zu entwickeln. Auf Grundlage des Rahmenplanes und einer vertiefenden Studie mit dem Titel „Grünzug Pleißenbach“ konkretisierte die Leipziger Firma Station C23 – Architekten und Landschaftsarchitekten PartG mbB im Jahr 2019 die Ziele und Maßnahmen. Die Objektplanung soll in den nächsten zwei Jahren in allen Details finalisiert werden, sodass bestenfalls im Herbst 2022 die Arbeiten vor Ort beginnen können.
MIB AG realisiert Wohnbebauung im neuen Chemnitzer Wohnquartier
Seit 2017 konkretisierte die Verwaltung gemeinsam mit dem neuen Grundstückseigentümer, der MIB AG, einem Projektentwickler mit Sitz in Berlin und Leipzig, die städtebauliche Rahmenplanung. Im Dezember 2017 verkündete die MIB AG, in zwei Bauabschnitten Wohnbebauung realisieren zu wollen. Sehr detaillierte Planungen liegen für den Bauabschnitt A entlang der Paul-Jäkel-Straße vor. Vorgesehen ist eine mäanderförmige Gebäudestruktur, in der etwa 14 Gebäude mit circa 135 Wohnungen vor- und zurückspringen, um auf der lärmabgewandten Seite nach Süden Raum für ruhige gemeinschaftliche Gartenhöfe zu bieten. Die zwei- bis viergeschossigen Gebäude besitzen ein zusätzliches Staffel- oder Dachgeschoss und können sowohl als Reihenhäuser als auch für Geschosswohnungen genutzt werden. Die MIB AG rechnet mit einer Rechtsgültigkeit des Bebauungsplans im Sommer 2020.
Im Bauabschnitt B, dem zentralen Bereich des Altendorfer Bahnhofes, sind die Planungen noch nicht so weit fortgeschritten. Hier sollen in circa 30 Parzellen in erster Linie Einfamilien- und Reihenhäuser sowie sieben Mehrfamilienhäuser mit rund 65 Wohnungen entstehen. Diese orientieren sich am Bestand entlang des Gutsweges. Der bestehende Güterschuppen wandelt sich wie vorgesehen in loftähnliche Wohnbereiche. Ein entsprechender Bebauungsplanentwurf für den Abschnitt B soll im Herbst 2020 in die Öffentlichkeitsbeteiligung gebracht werden, so dass der Bebauungsplan eventuell noch Ende 2020 verabschiedet wird.
Während die Planungen also noch laufen, begannen bereits Ende 2019 die von der Stadt Chemnitz verantworteten Rückbauarbeiten an den Gleisanlagen. Im Januar 2020 vermeldete die MIB AG, dass sie die Abrissarbeiten auf dem von ihr erworbenen Areal begonnen habe. Der Projektentwickler möchte seinen Teil der Umwandlung der 16 Jahre alten Brache zwischen 2021 bis 2023 realisieren.
Visualisierung: So könnte der Grünzug im neuen Chemnitzer Wohnquartier aussehen. Quelle: Station C23, Architekten und Landschaftsarchitekten PartG mbB, Leipzig