Seit 2015 werden Pläne für das Dragoner Areal in Berlin-Kreuzberg geschmiedet. Jetzt ist der städtebauliche Entwurf so weit, dass er von den Akteuren als tauglich für das B-Planverfahren erachtet wird. Die Finanzierung des dazugehörigen Gewerbehofes ist noch unklar.
Am Bauzaun hinter dem Finanzamt Kreuzberg kann sich jeder darüber informieren, was auf dem Dragoner Areal und dem Rathaus-Block mal werden soll. Auf großen Tafeln wird das städtebauliche Konzept auf Basis des 2020 gekürten Siegerentwurfes von SMAQ Architektur und Stadt, Man Made Land und Barbara Schindler erörtert: von der Struktur und Lage der Baukörper, über das Mobilitäts- bis hin zum Energiekonzept. Bei der Eröffnung der Freiluft-Ausstellung betonte Christian Gäbler, Staatssekretär für Bauen und Wohnen, die Bedeutung des Projektes: „Es hat Modellcharakter.“
Zukunftsweisende Stadtentwicklung auf ehemaligem Kasernengelände
Das rund 4,7 Hektar große Kasernengelände hinter dem Finanzamt Kreuzberg am Mehringdamm war Mitte des 19. Jahrhunderts ein Kasernengelände und noch heute gibt es dort denkmalgeschützte Backsteingebäude aus dieser Zeit, darunter die alte und die neue Reithalle sowie das Pferdehospiz. Später bot es Raum für vielfältige gewerbliche Nutzungen. Zuletzt gab es 14 Betriebe in diesem Gewerbegebiet – unter anderem eine Polsterei, einen Biomarkt und einen Club.
Durch seine Lage hinter dem Rathaus und dem Finanzamt lag es nicht im Fokus der Aufmerksamkeit. Doch als es 2010 verkauft werden sollte, regte sich Widerstand verschiedener Initiativen, darunter der Gewerbetreibenden. Der Kaufvertrag, den die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIma) mit einem österreichischen Investor geschlossen hatte, wurde rückabgewickelt – und das Gewerbeareal schließlich an das Land Berlin verkauft. Wenn es nach Florian Schmidt geht, Bezirksstadtrat für Bauen und Wohnen und bekennender Stadtaktivist, soll das, was hier nun geplant wird, keine „Insel der Seligen“ sein, sondern als Modell dafür dienen, wie zukunftsweisende Stadtwicklung geht.
Mixed-Use-Quartier auf Dragoner Areal angepeilt
Seit Jahren werden nun Pläne für das Gelände im Herzen Kreuzbergs geschmiedet, unter der großen Überschrift: kooperativ und gemeinwohlorientiert. Die sechs Kooperationspartner sind das Land Berlin, der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, als Vertreter der Zivilgesellschaft, das Vernetzungstreffen Rathausblock, in dem die Gewerbetreibenden engagiert sind, sowie das Forum Rathausblock und darüber hinaus die BIM Berliner Immobilienmanagement sowie die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM).
Gemeinsam ringen sie um Lösungen für vielfältige Probleme und Interessen. Der städtebauliche Entwurf sieht ein Quartier mit einem Mix aus Wohnungen und Gewerbe vor, mit einem Grünzug, einem Freiraum-, Mobilitäts- und einem modernen Energiekonzept, bei dem unter anderem die Wärme des Abwassers genutzt werden soll. Angedacht ist eine klassische Berliner Blockrandbebauung, die sich nach innen öffnet und die historischen Bauten integriert. Nach Norden hin soll es einen Gewerberiegel geben, eine Art Fabrik, aber für vielfältige Gewerbenutzungen, vor allem Handwerk. Dieser Riegel ist auch als Schallschutz für das dahinterliegende Wohngebiet gedacht.
Mindestens 50 Prozent des Wohnraums als gefördert angepeilt
Bei der Präsentation des inzwischen überarbeiteten Konzeptes stellte die WBM-Geschäftsführerin Christina Geib klar: „Im allerbesten Fall werden wir 2025 starten.“ In einem ersten Bauabschnitt soll die WBM im sogenannten Südhof 240 Wohnungen in fünf Gebäuden bauen. Die Grundstücke wurden vom Land Berlin in Erbbaupacht überlassen. Im urbanen Mittelhof ist ein Hochhaus mit 16 Stockwerken geplant. Insgesamt sieht das Konzept den Bau von 470 Wohnungen vor. Noch ist der B-Plan nicht beschlossen, der benötigt wird, damit das Gewerbeareal gemischt genutzt werden kann. Mit dem Einzug der ersten Mieter sei realistisch nicht vor 2027 zu rechnen.
Der Forderung so mancher, dass dort 100 Prozent geförderter Wohnraum errichtet werden müsste, erteilten der Staatsekretär Christian Gäbler, aber auch Christina Geib eine Absage. 50 Prozent seien sicher. Eine Analyse im Umfeld habe ergeben, dass eine Förderung von 80 Prozent der Wohnungen angemessen wäre, mit dem Resultat, dass einige Mieter kleinerer Wohnungen die Wohnungen für Familien quersubventionieren müssten. Wie hoch die Quote am Ende ausfällt, darüber wird derzeit noch diskutiert. In der Diskussion sind die genauen Standorte für die Kita und den Jugendtreff. Eine Idee ist, die historischen Gebäude dafür zu nutzen.
Die Gewerbetreibenden haben die Zusicherung, dass sie auf dem Areal bleiben können. Doch völlig unklar ist derzeit, wie der Bau des Gewerbehofes finanziert werden soll. Birgit Möhring, Geschäftsführerin der BIM, erklärte, dass mit hohen Kosten gerechnet werde, weil eine Tiefgarage gebaut werden müsse, um den Verkehr aus dem Quartier rauszuhalten. „Da ist im Haushalt keinerlei Vorsorge getroffen worden. Wir werden uns überlegen müssen, ob das in irgendeiner Form aus Mitteln des Landes Berlin finanziert werden kann oder ob wir hier private Partner brauchen.“ Spätestens, wenn der Bau des Hochhauses anstehe, müsse es eine Finanzierung geben. Da der Gewerbehof dem Schallschutz diene, sei ein Verzicht darauf extrem schwierig. Das Grundstück dafür wird jedoch nur mit Erbpacht vergeben, so wie alle Grundstücke des Landes Berlin.