Die Immobilienbranche in Europa steht vor zunehmenden Herausforderungen. Steigende Baukosten, Zinsanstiege und der Mangel an verfügbaren Bauflächen erschweren vor allem den Neubau. In diesem Kontext rückt das Bauen im Bestand immer mehr in den Mittelpunkt. Die Sanierung und Revitalisierung bestehender Gebäude bieten nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern tragen auch dazu bei, die immer strengeren Anforderungen an Energieeffizienz und ESG-Kriterien zu erfüllen.
Laut der „Emerging Trends in Real Estate Europe 2024“-Studie von PwC und dem Urban Land Institute (ULI) haben die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen den europäischen Immobilienmarkt stark getroffen. Für 86 Prozent der befragten Experten stellt die Zinsentwicklung das größte Hindernis für Investitionen dar, gefolgt von Inflation (83 Prozent) und steigenden Baukosten (79 Prozent). Diese Faktoren führten zu einem signifikanten Rückgang des Investitionsvolumens im vergangenen Jahr.
Thomas Veith, Head of Real Estate PwC Deutschland und Global Leader Real Estate, betont: „Die Ergebnisse der Studie zeigen zwar, dass die Branche noch abwartet, aber die Erfahrung aus vergangenen Marktzyklen lehrt, dass diese Phasen sehr gute Einstiegschancen für antizyklische Investoren bieten. Dabei werden die Investoren am meisten profitieren, die gleichzeitig die ESG- und Digital-Transformation mitdenken und am Ende die marktgängigsten Immobilien schaffen.“
Nachhaltigkeit und ESG-Kriterien als Schlüsselfaktoren
Die „Emerging Trends“-Studie verdeutlicht zudem, dass ESG-Aspekte bis 2050 den größten Einfluss auf den Immobilienmarkt haben werden. Bereits in den nächsten zwölf bis 18 Monaten sehen vier Fünftel der befragten Experten ESG-Kriterien als entscheidenden Faktor für die Bewertung von Immobilienvermögen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die energetische Sanierung des Gebäudebestandes, die durch Maßnahmen wie Dämmung, Austausch von Fenstern und Türen sowie moderne Heizungsanlagen nicht nur zur Reduzierung des CO?-Ausstoßes beiträgt, sondern auch die Betriebskosten nachhaltig senkt.
Ein Paradebeispiel für eine gelungene Revitalisierung ist das Weisse Quartier im Münchner Stadtteil Giesing, das jüngst mit der höchsten LEED-Zertifizierung in Platin für Nachhaltigkeit ausgezeichnet wurde. Maximilian von der Leyen, Geschäftsführer des zuständigen Projektentwicklers Allgemeine SÜDBODEN, kommentiert: "Es ist möglich, ein über 30 Jahre altes Gebäude auf Neubauniveau zu bringen und dabei höchste Nachhaltigkeitskriterien zu erfüllen.“ Durch die energetische Sanierung und die umfangreiche Begrünung ist das Weisse Quartier zu einem Modellprojekt für nachhaltige Gebäuderenovierung geworden.
BiB Academy: Wegbereiter für eine „Reparatur-Kultur“
Mit der steigenden Bedeutung des Bauens im Bestand wächst auch der Bedarf an qualifizierten Fachkräften, die die komplexen Anforderungen von Sanierung und Revitalisierung bewältigen können. Um diese Lücke zu schließen, hat der Verband für Bauen im Bestand (BiB) im Oktober dieses Jahres eine umfassende Bildungsplattform ins Leben gerufen. „Unsere Akademie bietet eine umfassende Plattform zur Verbreitung von Know-how im Bereich des nachhaltigen Bauens und trägt dazu bei, die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Bauwirtschaft in Bezug auf Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit, Flächenknappheit erfolgreich zu meistern“, erklärt BiB-Vorständin Sarah Dungs.
Ein zentraler Bestandteil der BiB Academy ist die Förderung einer „Reparatur-Kultur“, die auf die Modernisierung und Wiederverwendung bestehender Gebäude anstelle von Abriss und Neubau setzt. Um dies zu erreichen, arbeitet der Verband eng mit Bildungsinstitutionen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen aus der Immobilienwirtschaft, Architektur und dem Bauwesen zusammen. Ziel ist es, das Wissen über nachhaltige Baupraktiken und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Lehre und Ausbildung zu verankern.