Berliner Immobilienkongress: Was die Immobilienwirtschaft der Hauptstadt 2023 umtreibt

Berliner Immobilienkongress: Was die Immobilienwirtschaft der Hauptstadt 2023 umtreibt

Berliner Immobilienkongress: Was die Immobilienwirtschaft der Hauptstadt 2023 umtreibt
Das Auftaktpanel des Berliner Immobilienkongresses 2023 diskutierte über die Immobilienwirtschaft in Berlin. Copyright: Robert Schmieder auf Pixabay

Mehr als 300 Akteure der Branche diskutierten auf dem diesjährigen Berliner Immobilienkongress der IMMOCOM über die aktuelle Situation und nötige Weichenstellungen für die Zukunft. Wir präsentieren die wesentlichsten Erkenntnisse des Eröffnungspanels, das unter dem Motto "Der Draufblick in unsicheren Zeiten: Was geht Berlin?" stand.

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Mit der Immobilienbranche ist es derzeit so, als hätte jemand in einem Schnellzug die Notbremse gezogen. Jetzt steht der Zug. Und keiner weiß, wie und wann die Fahrt weitergeht. Entsprechend groß ist der Redebedarf über Weichenstellungen für die Zukunft. Zum Berliner Immobilienkongress am 25. Mai 2023 waren mehr als 300 Gäste gekommen, um Wissen und Meinungen im Spannungsfeld von Bedarf, Innovation, verschlechterten Marktbedingungen und Überregulierung auszutauschen.

Ihnen wurden acht Panels mit mehr als 50 Referenten und Podiumsgästen geboten. Der IMMOCOM-Geschäftsführer Michael Rücker erklärte zum Einstieg in die Veranstaltung: „Das ist eine Menge Stoff, aber den brauchen wir in dieser Zeit.“

Koalitionsvertrag: Was ist darin positiv für die Immobilienbranche?

In Berlin ist nach der Wiederholungswahl im Februar ein schwarz-roter Senat am Start. Nach extrem schwierigen Jahren für die Immobilienwirtschaft unter dem R2G-Senat bis 2021 und einer leichten Entspannung unter dem Folgesenat, gibt es nun Hoffnung auf einen anderen Umgang miteinander. Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD diente daher als Einstieg in die Diskussion. So betonte Carsten Sellschopf, Geschäftsführer von Instone Real Estate Development, positive Punkte wie das geplante „Schneller-Bauen-Gesetz“ zur Beschleunigung der Planungsverfahren, die geplante Digitalisierung in den Verwaltungen und Eigentumsbildung für Familien.

Das Auftaktpanel des Berliner Immobilienkongresses 2023. Copyright: IMMOCOM
Das Auftaktpanel des Berliner Immobilienkongresses 2023. Copyright: IMMOCOM

Doch auch im neuen Koalitionsvertrag bildet die Regulierung der Wohnungswirtschaft einen Schwerpunkt: So sollen die Milieuschutzgebiete, in denen Modernisierungen de facto untersagt sind, ausgeweitet und weiter Vorkaufsrechte ausgeübt werden. Fassungslos mache ihn, dass im Koalitionsvertrag unter Beteiligung der CDU von einem Vergesellschaftungsrahmengesetz die Rede sei. „Also soweit Licht und Schatten. Es liegt viel Potenzial in diesem Vertrag, aber jetzt müssen Taten sprechen.“

Für Simon Kempf, Geschäftsführer der DLE Land Development, wurde in diesem Vertrag ein wesentlicher Punkt vergessen: die Mittelschicht. Die Menschen also, die keinen Anspruch auf eine Wohnung für 6,50 Euro pro Quadratmeter haben, sich aber auch keine gegenfinanzierten Mieten von 18 Euro pro Quadratmeter oder eine Eigentumswohnung leisten können.

Abwarten auf dem Wohneigentumsmarkt

Die aktuelle Situation am Berliner Markt wurde nicht durchgängig als schlecht eingeschätzt. Es wird noch gekauft, zumindest im Bereich Eigentumswohnungen. Ein aktuelles Beispiel ist das Projekt Friedenauer Höhe von Instone. Von den 131 Eigentumswohnungen seien bereits 43 verkauft, teilweise zu höheren Preisen als erwartet. Wohnungen sind in Berlin nachgefragt, egal ob Mietwohnungen oder Eigentumswohnungen. Spürbar sei allerdings, dass sich wegen der hohen Finanzierungskosten die Transaktionszeit verlängert habe.

Auch Einar Skjerven, CEO der Skjerven Group zeigte sich kaufbereit, jedoch mit Einschränkungen. Sein Unternehmen erwirbt Bestandsimmobilien und vermarktet sie. Da die Zinsen um das Vierfache gestiegen sind, seien die Preisvorstellungen der Verkäufer für die Objekte zu hoch. Die Zeit von Vervielfältigern um die 30 sei aus seiner Sicht vorbei. 18 bis 25 halte er für realistisch. Er warte daher die Marktentwicklung ab. Auch die Verkäufer warten. Wer eigenkapitalstark ist, verkauft derzeit nicht.

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Flexibilität auf dem Officemarkt notwendig

Klaus-Peter Hesse, Geschäftsführer bei der Hamburger ECE, der Shoppingcenter und Großimmobilien entwickelt und betreibt, berichtet aus seinem Bereich, dass es durchaus Angebote gebe. Die Preise würden nachverhandelt. Firesales erwarte er erst zum Jahresende. Schwierig sieht es derzeit auf dem Markt für Büroimmobilien aus – zumindest bei klassischen Objekten. Da ist Flexibilität gefragt.

So ist es der DIE AG gelungen, einen Teil des Mizar Gate Office in Berlin-Schönefeld zu vermieten, indem die Flächen in ein Hotel umgewandelt werden. Das Unternehmen entwickelt derzeit auch eines der größten Gewerbebauvorhaben in Berlin, das Behrensufer in Berlin-Oberschöneweide, mit einer geplanten Mietfläche von 235.000 Quadratmetern. Der Geschäftsführer Robert Sprajcar gab sich jedoch gelassen. „Ich mache mir keine Sorgen, weil das kein klassisches Büroprojekt ist.“ Geplant wurde ein Gewerbequartier in Nachbarschaft der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, das in Sachen autarker Energieversorgung eine Vorreiterrolle spielen soll.

Berliner Immobilienkongress 2023 fragte,
 was in Berlin geht. Copyright: IMMOCOM
Berliner Immobilienkongress 2023 fragte, was in Berlin geht. Copyright: IMMOCOM

Prognosen für den Markt sehr unterschiedlich

Wann der Markt generell wieder anzieht? Die Experten gaben unterschiedliche Prognosen: Sie schätzen innerhalb von sechs Monaten und drei Jahren. Der Architekt Eike Becker hält Stillstand bis dahin für falsch und antizyklisches Planen für richtig. Wer jetzt Baurecht schaffe, könne nach der Krise mit den Projekten durchstarten. Er appellierte deutlich an die gesellschaftliche Verantwortung der Immobilienbranche, der sie nicht gerecht werde:

„Wir müssen gemeinsam über bessere Lösungen nachdenken.“

Wenn bei Steigen der Baupreise und der Zinsen preisgünstiger Wohnraum entstehen soll, müssen die Kosten sinken. Darin waren sich die Experten im Podium einig. Stellschrauben für die Branche seien das Digitalisieren der Prozesse und serielle Fertigung. Benedict Heidbüchel, Head of Investor Relations der SEMUDO AG, betonte, dass das Einsparpotenzial beim Modulbau bei 25 bis 30 Prozent liege und in Genehmigungsverfahren daher priorisiert werden sollte.

Förderpolitik muss verändert werden

Für viele private Investoren ist das Segment Wohnungsneubau allerdings durch staatliche Regulierung und immer neue Anforderungen unattraktiv geworden. Stefanie French, Vorstand der Familienstiftung Becker & Kries, betonte mit Blick auf den Neubau: „Die Förderpolitik muss verändert werden. Man kann nicht etwas wollen, dass nicht bezahlbar ist, jedenfalls nicht in Größenordnungen.“ Möglichkeiten seien ein Abschreibungsmodell, also Sonderabschreibungen wie nach der Wende – oder staatlich garantierte Mieten.

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen sind wiederum verpflichtet, auch unter den schwierigen Marktbedingungen, zu bauen. 6.500 Neubauwohnungen sollen sie pro Jahr liefern. Maren Kern, Vorständin des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), machte einmal mehr deutlich, dass höhere Mieten auch im Bestand realisiert werden müssen, wenn die Unternehmen nicht in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sollen.

Ein Projekt, das zum großen Teil von landeseigenen Unternehmen gestemmt werden muss, ist das Schumacher Quartier auf dem ehemaligen Flughafenareal Tegel: ein Modellvorhaben für den urbanen Holzbau mit mehr als 5.000 Wohnungen. Das Land Berlin hält an dem Projekt trotz gestiegener Kosten fest. Frank Wolters, der neue kaufmännische Geschäftsführer der verantwortlichen Tegel Projekt GmbH, kündigte an, dass 2025 mit der Vermarktung der Flächen begonnen werde. Doch es bleibt dabei, dass der Boden nur im Erbbaurecht an LWUs, Baugruppen, Genossenschaften und Anbieter von Sonderwohnformen vergeben wird.

Der IMMOCOM-Chef Michael Rücker zeigte sich zufrieden mit dem Informations- und Gedankenaustausch. „In den Vorträgen, aber auch in den Gesprächen am Rand ist sehr deutlich geworden, dass eine wesentliche Ursache für den Wohnungsmangel und die Hemmnisse für den Neubau in der Regulierung des Wohnungsmarktes liegt.“ Das grundlegende Verständnis der steuernden Wirkung von Angebot, Nachfrage und Preis scheine verloren gegangen zu sein. „Darüber werden wir in Zukunft reden müssen.“

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