Die Beteiligung an der EXPO REAL vom 4. bis 6. Oktober 2022 in München hat nahezu Vor-Corona-Niveau erreicht. Die Ausstellung ist gegenüber dem Vorjahr um fast 60 Prozent gewachsen. Der Bedarf, sich angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Perspektiven auszutauschen, war groß – auch bei Bundesbauministerin Klara Geywitz. Wir blicken zurück auf die Messe und haben Stimmen aus der Branche.
Stimmen zur EXPO REAL 2022
Dr. Wulff Aengevelt: „EXPO REAL im intensiven Dialog.“
„Die Orientierung der Branche stand im Fokus. Dabei tauschten sich die Akteure vor dem Hintergrund einer möglichen Rezession intensiv zu den verschiedenen Szenarien hinsichtlich ihrer individuellen Interessenlage aus. Zu den Fachthemen zählte der unzureichende Wohnungsneubau, der die regierungsseits angekündigten Fertigstellungszahlen von 400.000 Einheiten im Jahr aufgrund von Fehlsteuerungen, Fachkräftemangel, Lieferkettenproblemen, stark gestiegener Zinsen und Baupreise deutlich verfehlt.
Auch ESG und die damit verbundene Nachhaltigkeit von Immobilien in Neubau und Bestand gemäß EU-Taxonomie, die verschärften Finanzierungsvoraussetzungen sowie das von Inflation und Energiekrise betroffene Logistiksegment beschäftigten die Experten. Unser Haus veranstaltete dazu Podiumsdiskussionen mit Fachbesuchern vor Ort und per Live-Stream zugeschalteten Immobilienexperten. Vielbeachtet war auch die professionelle Präsentation des Immobilienstandortes Düsseldorf durch OB Dr. Stephan Keller mit zahlreichen stadtbildprägenden Leuchtturmprojekten.
Fazit: Die aktuellen Herausforderungen erfordern mehr denn je Abstimmung und kompetente Transaktionsbegleitung. Dabei müssen alle – Projektentwickler, Investoren, Bestandshalter, Nutzer – Abstriche und Mehrbelastungen hinnehmen. Chancen bieten ein wachsendes Angebot und ein segmentdifferenziert steigendes Renditeniveau bei gleichzeitig selektiverer Auswahl und Bewertung von Immobilien gemäß ihrer Objektqualität, Nachhaltigkeit und Performance.“
Tarik Wolf (QUARTERBACK): EXPO REAL als inspirierendes Event-Highlight:
„Der direkte, persönliche Austausch ist der Kern von Geschäftsbeziehungen und speziell in der Immobilienbranche durch nichts zu ersetzen. In diesem Sinne tat es gut, viele bekannte Gesichter live zu sehen und alte wie neue Kontakte zu aktivieren. Trotz der anhaltenden Krisendichte war die Stimmung überwiegend positiv. Bei den Gesprächen zeigte sich: Neben ESG und Klimaschutz sind es vor allem die Themengebiete Finanzierung und Bauen der Zukunft, welche die Unternehmen derzeit besonders umtreiben.“
Manfred Kronas (Alìtus Capital Partners):
„Nach eineinhalb Dekaden auf der Insel der Glückseligen muss die Immobilienbranche wieder Demut lernen. Zukünftig wird es wieder auf‘s Können ankommen.“ (Zu unserem Gespräch mit Manfred Kronas)
Sascha Becker (Barings)
„Die Stimmung bei der Expo Real war positiver als erwartet, auch wenn es weniger um Transaktionen ging als üblich. Bei allen Schwierigkeiten schauen die meisten positiv nach vorne.“
Christopher Kunze (BayernCare)
„Die Expo Real 2022 war außergewöhnlich. Viele Marktteilnehmer sind deutlich zurückhaltender als in den Vorjahren und die Unsicherheit dominiert. Pflege- und Gesundheitsimmobilien erweisen sich auch in dieser Marktphase als Fels in der Brandung. Die Nachfrage der Investoren nach Projekten ist insbesondere in B- und C-Städten weiterhin hoch. Das Fehlen geeigneter Grundstücke und die mitunter noch knappen Baukapazitäten sind weiterhin eine Herausforderung und lassen dem Thema Bestandsentwicklung eine immer größere Bedeutung zukommen.“
Nils Hübener (Dr. Peters Group)
„Die diesjährige Expo Real war für uns eine erfolgreiche Messe mit guten persönlichen Gesprächen. Bedingt durch die Corona Pandemie gab es bei allen Teilnehmern einen großen Nachholbedarf nach persönlichem Austausch. Die Stimmung unter den Teilnehmern würde ich als verhalten optimistisch bezeichnen. Alle wissen, dass es insgesamt schwerer wird, aber die Immobilienwirtschaft geht auch im Bewusstsein ihrer gemeinsamen Stärke und Verantwortung in diese Zeit.“
Sebastian Schels (RATISBONA Handelsimmobilien)
„Auf der Expo Real 2022 ist die Notwendigkeit, Gebäude nachhaltig zu bauen, wirklich von niemandem mehr bestritten worden. Dies ist ein wichtiger Ausgangspunkt, jetzt müssen greifbare Beispiele in hoher Taktfrequenz folgen. Erste Leuchtturmprojekte sind gut, aber es ist nötig eine Massenmarktfähigkeit zu schaffen. Wir sollten mutiger werden, neue Konzepte zu denken, auch wenn es an der ein oder anderen Stelle unbequem ist. Deshalb muss für eine gelingende Bauwende die Branche verinnerlichen, dass die Bausubstanz von heute das Rohstofflager von morgen ist. Bei hoher Ressourcenknappheit und gestiegenen Energiekosten können wir es uns nicht leisten, Kreislauffähigkeit weiterhin zu ignorieren. Ernüchternd ist hier beispielsweise, dass auf der Messe kaum jemand vom Cradle-to-Cradle-Konzept gehört hat.“
Sebastian A. Lüdke (SURPLUS Equity Partners)
„Die diesjährige Expo Real war – zum Teil – geprägt von einer Lustlosigkeit der Branche, sich mit der offensichtlich herausfordernden Zukunft auseinanderzusetzen. Nach dem Motto: Augen zu und durch. Ich bin der Meinung, dass wir signifikante strukturelle Veränderungen erleben werden, auf die die Branche mit Innovation, Dynamik und Weitblick reagieren muss.“
Sander van de Rijdt (PlanRadar)
„Nach der eher verhaltenen Messe 2021 überzeugte die Expo Real 2022 wieder in gewohnter Qualität. Auch hier wird deutlich, dass der gemeinsame Austausch der Impulsgeber für Innovationen in unserer Branche ist. Das Trendthema in diesem Jahr war, wie sich die durch die Klimakrise bedingten Veränderungen auf die Gebäude der Zukunft auswirken. Damit bietet sich für die Immobilien- und Baubranche die Chance, mit digitalen Lösungen nachhaltig zu bauen und entsprechend zu reagieren.“
Norman Kustos (neotares)
„In einem abgekühlten Marktumfeld, wie wir es derzeit erleben, bedarf es einer großen Portion Aufgeschlossenheit für Neues und Kreativität. In unseren Gesprächen auf der Expo Real 2022 wurde deutlich, dass das Thema Nachhaltigkeit nun endgültig in den Köpfen der Branche angekommen ist und bei der Umsetzung neuer und moderner Arbeitswelten immer häufiger Berücksichtigung findet. Auch die Ressource Personal rückt in den Fokus – mit Blick auf die externen Einflüsse sind Team- und Fachkräftestärkung wichtiger denn je. Arbeitgeber dürfen den Mehraufwand ihrer Mitarbeitenden in der aktuellen Situation nicht aus den Augen verlieren und müssen gezielte Maßnahmen für Zufriedenheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz ergreifen.“
Tina Siebenhaar (BCLP)
„Die Messe zeigt: Es sind weiterhin Opportunitäten auf dem Markt vorhanden, sie müssen aber eben noch tiefer geprüft werden, sowohl rechtlich wie auch wirtschaftlich. Aus den vielen Gesprächen nehmen wir eine sehr positive Stimmung wahr. Auch wenn so manches auf der Messe angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage doch erstaunlich erscheint.“
Zahlen, Fakten und eine Bauministerin, die den Schulterschluss mit der Branche sucht
„Die EXPO REAL bestätigt in einer Zeit des Umbruchs, wie wertvoll sie als Austausch- und Informations-Plattform für die Immobilienwirtschaft ist“, erklärt Stefan Rummel, für die EXPO REAL verantwortlicher Geschäftsführer der Messe München. „Sieben Hallen, 1.887 Aussteller und knapp 40.000 Teilnehmer – die Messe hat mit dieser Beteiligung nahezu das Niveau aus dem Jahr 2019 erreicht.“
Alle Ausstellungsbereiche sind wieder deutlich gewachsen: die Assetklassen Wohn- und Büroimmobilien, Hotel, Logistik und Handel, die internationalen Gemeinschaftsstände sowie die der Regionen und Städte sowie die Startups und Technologieanbieter. Zudem war die Ukraine mit einem Forum vertreten, um Möglichkeiten für den Wiederaufbau zu evaluieren. Zentrale Themen auf der Messe waren Teuerungen und Inflation, Zinspolitik, ESG-Anforderungen, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und die wirtschaftliche Gesamtsituation.
Politik und Branche im engen Austausch: Klara Geywitz sucht Schulterschluss
Bundesbauministerin Klara Geywitz suchte auf der EXPO REAL den Schulterschluss mit der Immobilienwirtschaft und stellte sich auf zwei Podien der Diskussion zu bezahlbarem Wohnen. Die Herausforderungen beim Wohnungsbau sind vielfältig: steigende Baukosten, Bürokratie, Fachkräftemangel, Klimaschutz, demographischer Wandel. Es gehe darum, „die Rahmenbedingungen zu schaffen, um in Deutschland rentabel bauen zu können und gleichzeitig die Kapazitäten auszuweiten“, so Geywitz. „Dazu müssen wir die Produktivität steigern, mehr in die Vorfertigung gehen, die gesamte Kette von Bauplanung, -antrag und -ausführung digitalisieren und den sozialen Wohnungsbau fördern“.
Wohin steuert die Branche?
Mit welchen Rahmenbedingungen wird sich die Immobilienwirtschaft auseinandersetzen müssen? Dazu gab der Chefvolkswirt der Commerzbank, Dr. Jörg Krämer, seine Einschätzung ab: Er erwartet auf viele Jahre eine Inflation von weit über zwei Prozent, einen Leitzinsanstieg auf historisch betrachtet moderate drei Prozent, eine Rezession – aber keinen Einbruch beim Arbeitsmarkt angesichts des Arbeitskräftemangels und des demographischen Wandels, so dass die Nachfrage zum Beispiel bei Wohnimmobilien bleiben wird.
Fabian Hellbusch, Leiter Marketing Kommunikation von Union Investment, erklärt: „Vor der Kulisse der vielfältigen Umbrüche hat die EXPO REAL 2022 wichtige Orientierungshilfe und ein gutes Sentiment geliefert, wo in den nächsten sechs bis neun Monaten Abwarten oder doch eher das sehr gezielte Ausnutzen von Marktchancen die klügere Strategie sein wird.“ Gerade jetzt sei die Messe wichtig, „um aktuelle Herausforderungen zu diskutieren, um sie zu bewältigen und gemeinsam attraktive Wachstumschancen zu identifizieren", so Frank Pörschke, CEO von P3 Logistic Parks.
Die EXPO REAL 2022 in Zahlen
Knapp 40.000 Teilnehmer aus 73 Ländern (2019: 46.747 / 76) kamen zur EXPO REAL nach München. Die Gesamtteilnehmerzahl unterteilte sich in rund 19.500 Fachbesucher (2019: 22.065) und 20.456 Unternehmensrepräsentanten (2019: 24.682). Die Top Ten-Besucherländer waren nach Deutschland: Großbritannien und Nordirland, Niederlande, Österreich, Polen, Schweiz, Frankreich, Tschechien, Luxemburg, USA und Spanien.
Die 1.887 Aussteller kamen aus 33 Ländern (2019: 2.189 / 44). Die Top Ten-Ausstellerländer waren neben Deutschland: Österreich, Niederlande, Schweiz, Polen, Großbritannien und Nordirland, Frankreich, Portugal, USA und Tschechien gleichauf, Rumänien. Internationale Gemeinschaftsstände kamen aus Österreich („Austria“, „Europa Mitte“), der Schweiz („Swiss Circle“), den Niederlanden („Holland Property Plaza“, „Holland Metropole“) und ein USA-Pavillon. Am CareerDay nahmen 45 Aussteller teil, um Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen.
Die nächste EXPO REAL findet vom 4. bis 6. Oktober 2023 statt.