Sachsen-Anhalt: Erste große Wohnungsfirmen verkaufen ihre Wohnungen

Sachsen-Anhalt: Erste große Wohnungsfirmen verkaufen ihre Wohnungen

Sachsen-Anhalt: Erste große Wohnungsfirmen verkaufen ihre Wohnungen
In Sachsen-Anhalt stoßen Wohnungsunternehmen erste Wohnungen ab. Copyright: Agnes auf Pixabay

Steigende Energiekosten, Baupreise und Zinsen belasten Wohnungsfirmen in Sachsen-Anhalt: Die städtische Wohnungsgesellschaft in Dessau sucht darum Käufer für 300 Wohnungen. In Thale wurde eine Wohnungsgesellschaft sogar komplett veräußert.

Agentur

Steigende Energiekosten, Baupreise und Zinsen belasten einige große Wohnungsfirmen in Sachsen-Anhalt erheblich. „Vor allem Gesellschaften in ländlichen Regionen, die mit hohen Leerständen kämpfen, bekommen Probleme“, sagt Ronald Meißner, Direktor des Verbandes der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt. Um künftig die Investitionen stemmen zu können, verkaufen erste Unternehmen auch Wohnungen.

Ende Dezember wurde bekannt, dass die städtische Dessauer Wohnungsbaugesellschaft (DWG) aus wirtschaftlichen Gründen rund 300 Wohnungen veräußern will. Es handelt sich dabei um große Plattenbauten. Welche Erlöse erwartet werden, blieb offen. Mit den Einnahmen will Thomas Florian, der seit April 2022 die Geschicke des größten Vermieters der Stadt lenkt, „notwendige Mittel für nachhaltige Aufwertungsmaßnahmen für zukunftsfähige Bestände in der Innenstadt sowie in anderen ausgewählten Bereichen erhalten“. Er betont, dass es in der Vergangenheit bereits Verkäufe gegeben habe.

Hoher Leerstand und hohe Sanierungskosten

Gegenüber IMMOBILIEN AKTUELL kündigte Thomas Florian zudem an, ein 100-Millionen-Euro-Investitionsprogramm aufzulegen, das über mehrere Jahre laufen soll. Der Geschäftsführer will den bestehenden Wohnraum durch Sanierungen deutlich aufwerten, um ihn besser vermieten zu können. In diesem Jahr hatte die DWG erstmals einen Leerstand von unter 30?Prozent. Zum Vergleich: Die großen Vermieter in Halle haben vielfach einen Leerstand, der sich bei drei bis sieben Prozent bewegt.

Bereits Mitte 2021 hatte die DWG die Sanierung eines großen Wohnblocks wegen stark gestiegener Baukosten gestoppt. Der Neubaublock soll nun abgerissen werden. Viele große Wohnungsunternehmen in Sachsen-Anhalt streichen derzeit Bauprojekte. So haben beispielsweise die Wohnungsgenossenschaft Bernburg und die Wohnstätten-Genossenschaft Bitterfeld-Wolfen Neubauprojekte auf Eis gelegt oder verzichten komplett darauf. Verbandschef Ronald Meißner berichtet, dass sich die Baukosten in den vergangenen zwei bis drei Jahren um etwa 50 Prozent erhöht haben. Die Unternehmen würden laufende Projekte zu Ende bringen, aber aktuell kaum Neubauprojekte beginnen.

Investment von 20 Millionen Euro für Thale

Im Oktober 2022 hat die Harzer Kleinstadt Thale sogar ihre Wohnungsfirma komplett verkauft. Die Stadt sah sich nach Angaben von Bürgermeister Maik Zedschack (CDU) nicht mehr in der Lage, den Leerstand und Sanierungsstau bei der Wohnungsgesellschaft Thale zu bewältigen. Der Leerstand hat den Angaben zufolge bei 50 Prozent gelegen. Käufer war die Haas-Gruppe aus Passau (Bayern), ein Kaufpreis wurde nicht genannt. Für die Mieter wurde ein Mieterschutzkonzept vereinbart. 20 Millionen Euro will das Familien-Unternehmen in den kommenden Jahren in den 750 Wohnungen umfassenden Bestand investieren. Thale liegt am Harz-Rand, und ist ein beliebter Tourismus-Ort, eine Seilbahn führt zum bekannten Hexentanzplatz. Die Haas-Gruppe vermarktet die Wohnungen nun unter www.günstiger-wohnen.com.

In Sachsen-Anhalt gibt es laut Wohnungsverband knapp 40 kommunale Wohnungsfirmen, die einen Leerstand von mehr als 15 Prozent aufweisen. Ab diesem Wert sehen Immobilienfachleute die Unternehmen auf längere Sicht in ihrem Bestand gefährdet.

„Keine Schieflage durch Gaspreise“ bei Wohnungsunternehmen in Sachsen-Anhalt

Die Liquidität der kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen wurde in den vergangenen Monaten laut Verbandschef Ronald Meißner auch stark durch die steigenden Energiepreise belastet. So hätten sich die Gaspreise gerade bei Wohnungsfirmen im ländlichen Raum teilweise verdrei- und vervierfacht. „Die Kosten mussten die Unternehmen vorfinanzieren“, so Ronald Meißner. Einige hatten daher freiwillige Abschlagserhöhungen mit den Mietern vereinbart.

Durch die Gaspreisbremse und sinkende Gas-Großhandelspreise habe sich die Lage inzwischen etwas entspannt. „Mir ist kein genossenschaftliches oder kommunales Unternehmen in Sachsen-Anhalt bekannt, das in Schieflage geraten ist“, so Ronald Meißner. Davor hatte Jens Zillmann, Verbandsdirektor der kommunalen Wohnungsfirmen in Sachsen-Anhalt, im Sommer 2022 noch gewarnt. Die Verbände befürchteten im schlimmsten Fall Zusatzkosten wegen hoher Energiepreise von 1,2 Milliarden Euro im Jahr.

Ohnehin ist die Lage sehr unterschiedlich: Nach Ronald Meißners Angaben gibt es in Sachsen-Anhalt auch noch viele große Wohnungsfirmen, die ihre Heizkosten gar nicht oder nur leicht anheben müssen. Bei etwa 40 der 191?kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsfirmen gebe es gar keine Preisanpassungen. „Die Unternehmen profitieren von langlaufenden Energie-Lieferverträgen.“ In den Großstädten Halle und Magdeburg sei die Fernwärme zudem vergleichsweise günstig, so dass die Preisbremse nicht greife. Dort werde eine 60 Quadratmeter-Wohnung bei den großen Wohnungsfirmen im Schnitt nur um 25 Euro pro Monat teurer.

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