Sachsen-Anhalt: Erste städtische Wohnungsgesellschaft insolvent

Sachsen-Anhalt: Erste städtische Wohnungsgesellschaft insolvent

Sachsen-Anhalt: Erste städtische Wohnungsgesellschaft insolvent
In Sachsen-Anhalt musste die erste städtische Wohnungsgesellschaft Insolvenz anmelden. Copyright: Jens Junge auf Pixabay

Wegen Leerstand und steigender Zinsen ist die finanzielle Lage vieler kommunaler Wohnungsgesellschaften in Sachsen-Anhalt angespannt. Nun ist die erste städtische Gesellschaft pleite. Die Umland Wohnungsbau aus Egeln (Salzlandkreis) hat bereits Anfang Juli Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Das heißt, das Unternehmen will sich aus eigener Kraft sanieren.

Immobileros

Nach eigenen Angaben vermietet und betreut das Unternehmen 1.600 Wohnungen in der Region Börde und dem Harzvorland. Der Leerstand in den Objekten lag zuletzt bei 32 Prozent, berichtete der Verband der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt (VdW). Zudem soll ein Schuldenberg von etwa 20 Millionen Euro die Bilanz belasten.

Sanierungsplan für Umland Wohnungsbau wird ausgearbeitet

Nach Angaben des vorläufigen Sachwalters Lucas Flöther waren die Gläubiger nicht mehr bereit, „weiter Geld in das Unternehmen zu stecken“. Der hallesche Insolvenzverwalter wird nun zusammen mit der Unternehmensführung einen Sanierungsplan ausarbeiten. Die Finanzierung für die kommenden sechs Monate sei gesichert. Lucas Flöther hat zuletzt große Insolvenzfälle wie die Fluggesellschaften Air Berlin und Condor betreut. Dass das Gericht ihn als Sachwalter bestellt hat, zeigt, welche Relevanz dem Fall beigemessen wird.

Verkäufe und Auflösungen städtischer Wohnungsgesellschaften

Die Insolvenz der städtischen Gesellschaft wird nach Ansicht von VdW-Direktor Jens Zillmann nicht die letzte Pleite gewesen sein, „wenn wir nicht entschieden gegensteuern“. Jens Zillmann hat einen Brandbrief an die Landesregierung geschrieben, in dem er die Lage düster schildert. In den vergangenen Jahren verlor der Verband mit 80 städtischen Wohnungsunternehmen bereits drei Mitglieder. In der Stadt Thale (Harz) wurden die Wohnungen an einen Investor aus Bayern verkauft, in Burg (Jerichower Land) an Berliner Investoren und in Nachterstedt (Salzlandkreis) wurde die Wohnungsgesellschaft aufgelöst.

Extrem hoher Leerstand in ländlichen Gebieten

Probleme haben kommunale und auch genossenschaftliche Gesellschaften in den ländlichen Regionen. Während der Leerstand bei den großen Vermietern in Halle (Saale) auf sieben Prozent und in Magdeburg auf fünf Prozent gesunken ist, liegt er auf dem Land in der Spitze bei 36 Prozent. Als prekär bezeichnet Jens Zillmann vor allem die Situation in einigen Kleinstädten in den Landkreisen Mansfeld-Südharz, Harz, Salzlandkreis und Anhalt-Bitterfeld. Bereits die Hälfte der kommunalen Wohnungsfirmen in Sachsen-Anhalt hätte einen Leerstand von mehr als 15 Prozent – und sei damit langfristig im Bestand gefährdet. Insgesamt liegt der Leerstand bei rund 300.000 kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungen in Sachsen-Anhalt bei 12,5 Prozent.

Viele kommunale Gesellschaften haben vor allem DDR-Wohnblocks im Bestand. Die wurden nach der Wende zwar saniert und modernisiert, Neubauten wurden aber erst in den vergangenen Jahren vorgenommen. In den bestehenden, älteren Wohnungen leben meist Rentner und Sozialhilfeempfänger. Wenn ein Mieter stirbt oder ins Altersheim geht, wird es schwer, einen Nachmieter zu finden. Die Sanierung einer Wohnungsgesellschaft braucht nach Lucas Flöthers Angaben Zeit. Denn der Leerstand lässt sich nicht schnell senken. Die Umland Wohnungsbau wird nun versuchen, mit Banken eine neue Finanzierung auf die Beine zu stellen. Das Unternehmen ist laut Lucas Flöther für Beteiligungen offen, will aber selbst wieder auf die Beine kommen. Gelingt das nicht, drohe ein kompletter Verkauf oder eine Zerschlagung.

Für Sanierung pro Wohnung 5.000 bis 6.000 Euro gefordert

Generell gilt: Während der Niedrigzinsphase konnten alle großen Wohnungsfirmen in Sachsen-Anhalt ihre Schulden tragen, mit den steigenden Zinsen von mehr als vier Prozent wird das laut Verbandsdirektor Jens Zillmann schwieriger. Seiner Ansicht nach können die Probleme nur gemeinsam mit Land und Bund gelöst werden. So fordert er beispielsweise Fördermittel für Investitionen. „Aktuell gibt es da nichts“, so der Verbandschef. Auch wirbt er dafür, mehr Flüchtlinge dezentral in den leeren Wohnungen unterzubringen. Allerdings würden die Wohnungsunternehmen Mittel für das Herrichten der Quartiere benötigen. Pro Wohnung seien das zwischen 5.000 und 6.000 Euro. Der Wohnungsverband verweist auf Thüringen. Dort zahlt das Land pauschal einen Zuschuss von 5.000 Euro pro Wohnung, die zur Flüchtlingsunterbringung genutzt wird.

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