Der Mietendeckel für Berlin: Ewige Diskussionen, tausend Meinungen, immer neue Entwicklungen - und das über einen viel zu langen Zeitraum. Manche sehen in ihm ein Allheilmittel für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum in der Hauptstadt, für andere ist er der Sargnagel für den eh schon stark angeschlagenen Wohnungsmarkt. Eins ist sicher: Der Gesetzesentwurf zum Mietendeckel ist seit dem 22. Oktober 2019 vom Senat verabschiedet. Im Januar 2020 soll das Gesetz kommen. Achim Amann, Immobilienexperte und Geschäftsführer von Black Label Immobilien, über sechs Irrtümer rund um den Mietendeckel.
Irrtum #1: Es wird mehr bezahlbare Wohnungen geben
Ganz sicher nicht, solange es kein vernünftiges Förderprogramm für Neubau von Wohnungen gibt. Nur durch Neubau entsteht mehr Wohnraum, und ein breiteres Angebot kann den Markt entlasten. Momentan geschieht das Gegenteil. Durch den Mietendeckel überlegen sich Leute zweimal, ob sie überhaupt Mietwohnungen in Berlin bauen wollen. Platz genug gäbe es in Berlin, denn die Stadt kann an vielen Stellen noch verdichtet werden. Gerade auch innerhalb des S-Bahn-Rings.
Irrtum #2: Die Mieten in Berlin werden auf fünf Jahre eingefroren
Vermieter werden immer Mittel und Wege finden, Mieten zu erhöhen. Zum Beispiel, indem sie möbliert vermieten. Oder nur noch befristete Mietverträge abschließen. Im allerschlimmsten Fall werfen sie Mieter raus und vermieten neu. Das verschärft die Probleme am Mietmarkt und schafft einen Grau-Markt. Damit ist niemandem geholfen.
Irrtum #3: Maklern wird das Wasser abgegraben
Im Gegenteil. Gierigen Immobilienmaklern spielt der Mietendeckel in die Hände, denn Berlin ist nach wie vor ein attraktives Pflaster. Die Situation wird noch schlimmer für Mieter. Schwarze Schafe in der Branche verlangen für die sogenannte Vermittlung einer normalen Mietwohnung innerhalb des Mietendeckels Cash von Mietern. Das passiert aber leider jetzt schon wegen der Mietpreisbremse. Die fairen Makler machen sowas nicht und somit haben Wohnungssuchende gar keinen Support mehr.
Irrtum #4: Wir bekommen traumhafte Wiener Verhältnisse
Wien ist traumhaft, der Wohnungsmarkt dort aber nicht. Es herrscht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der es gar keinen richtigen Markt gibt, stattdessen spricht man dort von ‚Mietadel‘. Wohnungen mit alten Mietverträgen werden dem Markt durch Untervermietung und Weitergabe entzogen. Bei Neuvermietungen ist der Markt extrem eng, aufgrund des mangelnden Angebots auch teuer und somit alles andere als fair. Tendenzen in diese Richtung gibt es schon heute in Berlin.
Irrtum #5: Gierige Vermieter werden in ihre Schranken gewiesen
Die schwarzen Schafe der Branche werden immer ein Schlupfloch finden. Aber für faire Vermieter hat die Mietpreisbremse mitunter ruinöse Folgen. Bürger, die sich als Altersvorsorge eine Eigentumswohnung gekauft haben, können diese nur schwer halten. Dabei wissen wir alle, dass wir privat und zusätzlich zur Rente fürs Alter vorsorgen müssen. Besonders wenn unvorhergesehene Schäden auftreten, wird es teuer. Und an Modernisierungsmaßnahmen ist für diese Vermieter in der aktuellen Lage gar nicht zu denken. Das wird sich langfristig negativ auf die Substanz der Stadt auswirken.
Irrtum #6: Der Mietendeckel vertreibt Spekulanten
Falsch. Der Mietendeckel vertreibt genau die seriösen Investoren, die fair Geld verdienen wollen. Gierige Spekulanten werden jedoch sogar angezogen. Wer jetzt noch in den Berliner Mietmarkt investieren wird, das sind Leute, die ganze Portfolios aufkaufen und warten können. Sie haben ganz sicher nicht das Wohl der Mieter im Blick, sondern lediglich die Maximierung ihrer eigenen Rendite. Und die Politik lässt sich wie ein Bär durch die Manege treiben durch ebensolche Spekulanten. So geschehen mit ADO Properties – die haben Sozialwohnungen gekauft, die das Land Berlin nunmehr für den doppelten Preis zurückgekauft hat. Modernisiert wurden die Wohnungen nur rudimentär, die Zeche zahlt der Steuerzahler.
Fazit: Der Mietendeckel wird das Gegenteil von dem bewirken, was er bewirken soll
Alles in allem ist der Mietendeckel ein einseitiger Eingriff in den Markt, der genau das Gegenteil von dem bewirken wird, was er bewirken sollte. Ganz zu schweigen von der zusätzlichen Belastung für ohnehin schon überforderte Bezirksämter, die die Umsetzung kontrollieren müssen. Das Land Berlin sollte lieber härter durchgreifen, wenn Baugrundstücke nicht bebaut werden und dafür Sorge tragen, dass neue Wohnungen entstehen. Die Lage in Berlin kann sich nur entspannen, wenn alle Beteiligten fair miteinander arbeiten.