Das traditionsreiche Görlitzer Senckenberg Museum für Naturkunde erhält einen neuen Gebäudekomplex, in dem unter anderem unzählige Sammlungsobjekte und die akademischen Studiengänge untergebracht werden. Das ist über eine der größten baulichen Investitionen im Forschungsbereich bekannt, deren Fassaden- und Dachgestaltung aktuell enthüllt wurden.
Der Freistaat Sachsen errichtet für das Görlitzer Senckenberg Museum für Naturkunde einen neuen Gebäudekomplex. Dieser soll für etwa 60 Millionen Euro Gesamtkosten eine konzentrierte Unterbringung aller Wissenschaftsbereiche mit ihren Sammlungen und Laboren sowie die universitäre Lehre ermöglichen, die bislang auf sieben Häuser über die Innenstadt verteilt sind. Den ersten Spatenstich für das komplexe Bauvorhaben setzten Mitte Oktober 2020 Ministerpräsident Michael Kretschmer und Museumsdirektor Prof. Dr. Willi Xylander.
Große bauliche Investition im Forschungsbereich
„Wir schaffen gemeinsam mit dem Bund einen modernen Campus, der Senckenberg in Görlitz und darüber hinaus noch sichtbarer machen wird. Die Sammlung ist ein großer Schatz, der die Stadt bereichert und noch ein Stück attraktiver für Wissenschaftler und Gäste aus aller Welt macht“, so der sächsische Ministerpräsident. Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow ergänzt: „Der Neubau ist eine der größten baulichen Investitionen im Forschungsbereich. Das traditionsreiche Forschungsmuseum erhält damit hervorragende Zukunftsperspektiven.“
Die Neubauten werden auf die baulichen Besonderheiten des vornehmlich aus der Gründerzeit stammenden Stadtquartiers eingehen und Senckenberg als wichtigste außeruniversitäre Forschungseinrichtung in Ostsachsen im Stadtbild hervorheben, heißt es. Dafür werden die historischen Gebäude am Standort Bahnhofstraße/Jakobstraße um zeitgenössische Elemente mit eigenständiger Identität ergänzt. Die denkmalgeschützten Objekte Pferdestall, Schmiede und Speicher werden gestalterisch und funktional in das neu entstehende Gebäudeensemble integriert.
8.300 Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche
Auf dem neuen Campus entstehen des Weiteren Labor-, Seminar- und Praktikumsräume für die gemeinsamen Studiengänge des Internationalen Hochschulinstituts der TU Dresden und Senckenbergs, einschließlich einer öffentlich zugänglichen Bibliothek und eines Saals für Vorträge und Tagungen. Auch die Verwaltung und die Werkstätten werden am neuen Standort untergebracht, so dass das Senckenberg-Museum am Marienplatz nach dem Umzug aller Funktionsbereiche zukünftig vollständig für Ausstellungen und Vermittlung zur Verfügung steht. Vorgesehen sind insgesamt 8.300 Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche.
Senckenberg-Campus: rund drei Jahre Bauzeit
In einem ersten Schritt beginnen ab Herbst die Sanierungsarbeiten am historischen Speichergebäude, das in den neuen Gebäudekomplex des Senckenberg-Campus eingebunden wird. Parallel dazu werden ab Ende 2020 Tiefbauleistungen durchgeführt, die der Vorbereitung des Baugrubenaushubs an der Bahnhofsstraße dienen. Im Frühjahr 2021 soll dann mit der Errichtung der ersten Neubauten (A, B) des Gebäudekomplexes begonnen werden.
Die Fertigstellung des Senckenberg-Campus, für den der Bund Fördermittel in Höhe von 17,2 Millionen Euro beisteuert, ist für Ende 2023 geplant. Nach Inbetriebnahme beginnt der schrittweise Umzug der über sechs Millionen Sammlungsobjekte voraussichtlich ab Sommer 2024.
Beginn der Rohbauarbeiten am Senckenberg-Campus in Görlitz
Update vom 02.07.2021: Nach dem Abschluss der Tiefbauleistungen und der Vorbereitung des Baugrubenaushubs startet nun am Senckenberg-Campus der Rohbau für die ersten Neubauten. Der Rohbau der Gebäudeabschnitte A und B wird weitestgehend parallel errichtet. Der Gebäudeabschnitt C, parallel zur Jakobstraße, wird aus baulogistischen Gründen zeitlich etwas nachlaufen.
Der Rohbau für die Häuser A und B soll bis Ende des ersten Quartals 2022 fertiggestellt werden. Die Rohbauarbeiten für Haus C und das Verbindungsbauwerk zum Speicher (Haus D) laufen bis Ende 2022. Nach Fertigstellung des Rohbaus der Häuser A und B wird mit den Dach- und Fassadenarbeiten begonnen. Sobald diese ausreichend vorangeschritten sind, startet der Innenausbau und die Umsetzung weiterer technischer Gewerke. Die bauliche Fertigstellung des Gebäudekomplexes ABC erfolgt bis Anfang 2024, anschließend wird die Inbetriebnahmephase durchgeführt. Die Übergabe an die Senckenberg Gesellschaft ist für Mitte 2024 vorgesehen.
Die geplante Gebäudesystematik im Einzelnen:
Haus A
Haus A präsentiert sich mit einem Schaufenster nach außen. Man erreicht das Haus A im EG über ein offenes Foyer, welchem sich die Bibliothek anschließt und sich über zwei weitere Geschosse ausdehnt, des Weiteren befinden sich im 1. und 2. OG verschiedene Büroraume, wie die Direktion, Verwaltung, IT, Öffentlichkeitsarbeit. Im 3. OG sind Bereiche der Zoologie und die Wirbeltiersammlung vertreten. Außerdem befinden sich notwendige technische Räume für den Netzbetreiber, die Gefahrentechnik und die Abfallentsorgung im Haus A.
Haus B:
Im EG des Haus B befindet sich der große Hörsaal mit den Technik- und Vorbereitungsräumen für Veranstaltungen, sowie notwendiger Nebenbereiche. Dazu gehören noch Praktikums-, Arbeits- und Vorbereitungsräume für die Studenten und die Lehrenden, sowie Beratungsräume. In den anderen Etagen sind die Bodenlabore und Molekularlabore, sowie das zentrale Präparatorium mit Mazaration, Kühl- und Gefriertechnik und das Gefahrenstofflager untergebracht.
Haus C:
Im Haus C sind die drei großen Abteilungen mit ihren Sektionen, Arbeitsräume, technischen Räumen, wie Labore, Mikroskopier und Wägeräume und den verschiedenen Sammlungen, sowie einer Schausammlung untergebracht. Räumlich befinden sich im EG die Botanik, im 1. OG die Bodenzoologie und im 2. und 3. OG die Zoologie.
Untergeschoss des Komplexes
Im Untergeschoss des Gebäudekomplexes befinden sich das Rasterelektronenmikroskop (REM) mit Technik, Büro und Gasen, die Chemische Präparation und auch noch das Ausstellungslager für Großrequisiten.
Grundsteinlegung für Forschungscampus
Update vom 15.10.2021: In der Görlitzer Innenstadt legten Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, Prof. Dr. Wolf-Dieter Lukas, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, und der Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Prof. Dr. Klement Tockner feierlich den Grundstein für den neuen Gebäudekomplex des Senckenberg Museums für Naturkunde. Für Prof. Dr. Klement Tockner tritt die Naturforschung in Görlitz mit ihrer zweihundertjährigen Tradition in eine neue Ära ein. „Hier werden die 125 Mitarbeitenden des Instituts und die 40 bis 60 Studierenden aus den internationalen Studiengängen erstmals Labore mit einer apparativen Ausstattung auf höchstem Niveau sowie modernste Räume für die etwa 6,7 Millionen Sammlungsobjekte und eine digitale Infrastruktur vorfinden.“
Die Bauarbeiten für den neuen Gebäudekomplex an Bahnhofs- und Jakobstraße laufen planmäßig. Die vorbereitenden Arbeiten wie das Ausheben der Baugrube und das Gießen der Bodenplatte sind abgeschlossen. Auch alle grundlegenden Leitungen sind mittlerweile verlegt. Jetzt geht es an den Bau der neuen Häuser des Senckenberg-Campus.
Richtfest für Görlitzer Senckenberg-Campus
Update vom 24.03.2023: Heute wurde in der Görlitzer Innenstadt das Richtfest für den neuen Forschungscampus des Senckenberg Museums für Naturkunde gefeiert. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der Generaldirektor der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung Prof. Dr. Klement Tockner, der Institutsleiter des Senckenberg Museums Prof. Dr. Karsten Wesche und der Leiter der Niederlassung Bautzen des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement Jaroslaw Golaszewsi schlugen symbolisch den letzten Nagel am Dachstuhl ein.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte: „Wissenschaft lebt von Austausch und Begegnung. Dieser Geist lässt sich bald auf dem neuen Senckenberg-Campus besonders gut erleben, denn hier werden Sammlungen, Labore und Lehrgebäude an einem Standort gebündelt. Das Richtfest für den Gebäudekomplex ist ein weiterer Schritt auf dem Weg, das Senckenberg Museum für Naturkunde und Görlitz als Wissenschaftsstandort insgesamt zu stärken.“
Nach derzeitiger Planung ist die Fertigstellung in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2025 geplant. Im Anschluss folgt in mehreren Abschnitten der Umzug der Mitarbeiter und Studierenden sowie der Sammlungsobjekte.
Fassade und Dachgestaltung enthüllt
Update vom 11. Oktober 2023: Unter Leitung der Niederlassung Bautzen des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement entsteht an der Bahnhofstraße Ecke Jakobstraße der neue Senckenberg-Campus Görlitz. Nun wurde das Gerüst an der Fassade des Neubaus zur Bahnhofstraße entfernt. Die enthüllte Fassade und das Dach präsentieren sich den Betrachtern mit einem überraschenden und unkonventionellen Erscheinungsbild, das sich deutlich vom gewohnten Stadtbild abhebt. Lehmfarbene, unregelmäßige Klinker, durchzogen von andersfarbigen Bändern, dominieren die Schaufront des Gebäudes und erregen sofort Aufmerksamkeit. Das Dach setzt dieses künstlerische Konzept fort, indem es die farbigen Bänder der Fassade aufgreift.
Die Gestaltung der Fassade und des Dachs symbolisiert einen der Forschungsschwerpunkte des Instituts - die Erforschung des Lebens in unseren Böden. Die Bodenzoologie ist seit Ende der 1950er Jahre am Görlitzer Naturkundemuseum etabliert, wird in Deutschland und vielen Projekten weltweit betrieben und stellt auch heute noch ein wissenschaftliches Alleinstellungsmerkmal des Instituts dar. Sieben der insgesamt 15 Forschungssektionen des Instituts beschäftigen sich ausschließlich mit den Bodenbewohnern. Die Klinker repräsentieren die Bodenfarbe, während die unterschiedlichen Bänder verschiedene Bodenhorizonte symbolisieren, die in Görlitz unter verschiedenen wissenschaftlichen Aspekten untersucht werden.
Für aufmerksame Beobachter gibt es zudem kleine Extras zu entdecken, wie kleine rote Fassadensteine. In Augenhöhe im unteren Teil der Fassade sind auf ihnen Darstellungen verschiedener Bodentiere wie Springschwänze und Milben zu sehen, die von den Görlitzer Wissenschaftlern erforscht werden. Auch solche Tiere gehören zu den rund sieben Millionen Sammlungsobjekten des Museums, die ab 2026 in den neuen Gebäudekomplex des Senckenberg-Campus umziehen werden. Die Tierdarstellungen auf den Ziegeln stammen von Ekkehart Mättig, dem Grafiker des Senckenberg-Museums.