Vom 11. bis 13. Oktober traf sich die Immobilienbranche in München, um die EXPO REAL nach ihrem Corona-bedingten Ausfall im vergangenen Jahr wieder zu einem großen Erfolg zu machen. Doch wie kam die Leitmesse der Branche unter den neuen Vorzeichen tatsächlich an? Ein Stimmungsbild ...
Das Geheimnis ist gelüftet: Bei der EXPO REAL in München waren 1.198 Aussteller aus 29 Ländern und 19.200 Teilnehmer aus 52 Ländern zugegen. Die Top Ten-Besucherländer waren nach Deutschland: Österreich, Niederlande, Großbritannien und Nordirland, Schweiz, Polen, Frankreich, die Tschechische Republik, Luxemburg, Spanien und Italien. Die große Frage: Welchen Eindruck nahmen all diese Menschen von dem Event mit? Ivette Wagner, Redaktionsleiterin der IMMOBILIEN AKTUELL, berichtete für uns von der Leitmesse und machte sich natürlich selbst ein Bild:
IMMOBILIEN AKTUELL über die EXPO REAL 2021
„Kein Gedränge in den Gängen, keine übertriebene Hektik, intime Atmosphäre: Es war viel gerätselt wurden im Vorfeld der EXPO. Und dann war es eigentlich wie immer, nur mit etwas mehr Ruhe. Dazu kam die überbordende Freude gemeinsam an Tischen zu sitzen, einen Kaffee zu trinken und die vergangenen anderthalb Jahre ohne viele Begegnungsmöglichkeiten auszuwerten. Alte Kontakte wurden so erneuert, neue gemacht, mit einigen Geschäftspartnern gab es direkt Termine, um miteinander im Gespräch zu bleiben.
Natürlich fielen die vielen Lounge-Ecken auf, Plätze, an denen vor der Pandemie Unternehmen Stellung bezogen hatten. Zweigeschossige Stände gab es eher selten. Es ging die Kunde um, dass es eine Neben-EXPO in der Innenstadt gab. Ganz individuelle Treffen also. Ja, die gab es. Aber: Die hat es auch schon immer gegeben. Nun wird es spannend, ob die Immobilienbranche die Notwendigkeit einer EXPO bestätigt oder doch lieber auf Privataudienzen setzt. Erster Hinweis: Die Hotels für den EXPO-Zeitraum 2022 sind bereits ausgebucht und die Preise in den noch freien Hotels haben Vor-Pandemie-Messe-Niveau.“
Weitere Meinungen zur EXPO REAL 2021
Neben den Eindrücken unserer unermüdlichen Stimme vor Ort, hat das Team von Feldhoff & Cie. (FCI) weitere Meinungen eingeholt.
Projektentwickler
Klaus Kirchberger, Geschäftsführer, OFB Projektentwicklung GmbH: „Unsere Branche neigt manchmal zur Übertreibung: Viele haben die Expo Real schon totgesagt. Ich bin angenehm überrascht von der Qualität der Gespräche und den hochrangigen Teilnehmern. Die Messe beweist auch jetzt wieder ihren Mehrwert.“
Marcus-C. Huckfeldt-Weber, geschäftsführender Gesellschafter, ADOLF WEBER: „Die positive Aufbruchsstimmung, die einem hoffentlich nahendem Ende der Corona Pandemie entgegensieht, ist weit verbreitet bei der diesjährigen EXPO REAL zu spüren. Aufbruch heißt es jedoch nicht nur in der Post-Pandemiephase, sondern auch in der aktuellen politischen Situation. Viele Messeteilnehmer zeigen sich noch verunsichert, was die Gestaltung der politischen Zukunft unseres Landes angeht und der damit einhergehenden Konsequenzen für die Immobilienwirtschaft.“
Dieter Weiß, Geschäftsführer, REAL ASSET GmbH: „Als Münchner Projektentwickler war die diesjährige Expo Real für uns ein Heimspiel. Es tat gut, viele bekannte Gesichter live zu sehen und alte und neue Kontakte antreffen zu können. Die Aussteller wie auch die Besucher waren deutlich entspannter, was zu mehr Zeit und Raum für gute und intensive Gespräche geführt hat. Denn von Begegnungen und dem persönlichen Austausch leben wir.“
Franz-Josef Lickteig, Geschäftsführer (Sprecher), BPD Immobilienentwicklung GmbH: „Weniger ist mehr. Die Gespräche waren gut und gehaltvoll, weil für den Einzelnen mehr Zeit vorhanden war. Die Expo Real hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig der persönliche Austausch in der Branche ist.“
Alexander Heinzmann, Geschäftsführer, BPD Immobilienentwicklung GmbH: „Wir sind froh, dass die Messe in München nun wieder stattfinden konnte und wir dadurch bekannte Gesichter wieder sehen und uns persönlich vor Ort über Themen, die die Branche bewegt, austauschen konnten. Insbesondere Sustainability und Digitalisierung waren die großen Trendthemen bei Kommunen, Investoren und der Baubranche.“
Immobilienmakler und Analysehaus
Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter Aengevelt Immobilien: „Die hohen Erwartungen wurden voll erfüllt: Nach zwei Jahren gab es endlich die Fortsetzung der Münchner EXPO REAL, Europas bedeutendster Immobilienmesse. Mit 1.200 Ausstellern und rund 19.200 Fachteilnehmern erreichte der Branchentreff erwartungsgemäß nicht das Vorcorona-Niveau (2.189 Aussteller, 46.750 Fachteilnehmer). Dafür war die Dichte an Entscheidern und Führungskräften deutlich höher und mehr Zeit für intensive Fachgespräche. Auch das Konferenzprogramm war hochkarätig und behandelte ein breites Spektrum. Diskutiert wurden Entwicklungen in den verschiedenen Assetklassen nach Corona, beispielsweise hinsichtlich zukünftiger Büroformen und der Revitalisierung der Stadtkerne.
Wichtige Themen waren insbesondere auch Klimaneutralität und Nachhaltigkeit sowie die Perspektiven der Immobilienwirtschaft nach der Regierungsbildung. Hierzu führte unser Haus Podiumsdiskussionen vor überfüllten Rängen und per Live-Stream zugeschalteten 500 Immobilienexperten durch. Fazit: Zur Erfüllung der ehrgeizigen Klimaziele und Nachhaltigkeit forderte Aengevelt einen interdisziplinären europaweiten Klimapakt. Vielbeachtet war auch die professionelle Präsentation des Immobilienstandortes Düsseldorf durch OB Dr. Stephan Keller mit zahlreichen stadtbildprägenden Leuchtturmprojekten als Beleg für das weiterhin hohe Anlageinteresse der Investoren. Das knappe qualifizierte Produktangebot enttäuschte Schnäppchenjäger. So setzte die EXPO REAL wie in den Vorjahren den Startschuss für das Jahresendgeschäft.
Bestandshalter, Asset- und Investmentmanager
Michael Kunz, CEO, PROXIMUS REAL ESTATE AG: „Es war interessant zu beobachten, dass etliche, die zur Expo angereist sind, sich den Weg zum Messegelände tatsächlich gespart haben. Vielmehr wurden vermehrt Gespräche gleich in der Stadt verabredet und geführt, ohne dass man sich überhaupt auf der Ausstellung hat blicken lassen. Es wird spannend sein zu beobachten, ob die Messe grundsätzlich zum ursprünglichen Vor-Corona-Format zurückfinden wird.“
Dr. Tim Schomberg, geschäftsführender Gesellschafter und CEO, KINGSTONE Real Estate: „Das Messeerlebnis war trotz der außergewöhnlichen Umstände fast wie früher. Es wurde viel und intensiv gearbeitet. In vielen Assetklassen herrscht weiterhin eine große Produktknappheit. Beim Thema ESG wird deutlich, dass die Branche dringend verbindliche und transparente Vorgaben braucht. Unklare regulatorische Standards sorgen derzeit für große Unsicherheit und bremsen Investitionen in nachhaltige Assets.“
Paul Muno, geschäftsführender Gesellschafter KINGSTONE Living & Care: „Die Expo Real hat gefehlt und sich furios zurückgemeldet, die Aufbruchstimmung war überall zu spüren. Es war eine Arbeitsmesse auf hohem Niveau. Das Thema ESG wird in der Branche endlich ernst- und angenommen. Die Assetklasse Healthcare erregt zunehmend Aufmerksamkeit bei Investoren, weil sie stabile und attraktive Renditen in einem immer komplexeren Marktumfeld bietet.“
Ingo Hartlief, CEO, DEMIRE AG: „Der direkte persönliche Austausch ist das Lebenselixier der Branche. Die Expo Real 2021 war wichtig und überzeugte mit Qualität statt Masse. Es gab weniger Teilnehmer, aber bessere Gespräche. Wie kaum zuvor waren haben Megatrends und externe Faktoren die Gespräche geprägt. Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Regulatorik und Inflation bestimmten die Gespräche. Die Branche erkennt, dass sich das Nutzer- und Investoren-Verhalten verändert und die Arbeit an der Immobilie und am Mieter gegenüber Spekulationen deutlich in den Vordergrund tritt.“
Tim Brückner, CFO DEMIRE AG: „Die Messe hat den Hunger der Branche nach persönlichen Kontakten verdeutlicht. Für den Büro- und Hotelmarkt sind die Marktteilnehmer zunehmend positiv gestimmt. Steigende Auslastungen und die Rückkehr aus dem Homeoffice geben beiden Assetklassen Auftrieb. Den Ausblick trübt, dass die Banken noch selektiver als bisher unterwegs sind. Man sucht Neugeschäft, aber bitte möglichst ohne Risiko.“
Sandra Lehmann, Managing Director Investor Relations, HAMBURG TEAM Investment Management: „Weniger Messebesucher bedeuten im Umkehrschluss auch weniger Termine. Die Schlussfolgerung, dass die diesjährige EXPO Real allerdings qualitativ schlechter zu bewerten sei als ihre Vorgänger, würde ich dennoch keineswegs unterschreiben. Der Fokus lag in diesem Jahr auf tiefergehenden Gesprächen – und das begrüße ich sehr. Auffällig war, dass sich die Branche derzeit noch intensiver mit den Themen „Altersgerechtes Wohnen“ und „Geförderter Wohnraum“ auseinandersetzt als noch vor zwei Jahren.“
Curth-C. Flatow, Managing Partner, FAP Group: „Auf der Expo Real konnten persönliche Treffen und vor allem auch spontane Meetings nun endlich wieder stattfinden. Und auch trotz Maske hat sich gezeigt: persönliche Gespräche sind durch Nichts zu ersetzen. Insgesamt gute Stimmung, wobei in der Immobilienfinanzierung die Zurückhaltung der Banken ein Thema ist.“
Florian Stöbe, Head of Investment – Germany, Verdion: „Die Hauptthemen in der Logistikimmobilienbranche sind die steigenden Grundstückspreise, ESG-konforme Investments und die Entwicklung der Mieten. Beim letzten Punkt ist die Meinung einstimmig: Wir werden in den kommenden Monaten Mietsteigerungen sehen. Die Teilnehmerzahlen auf der Expo Real sind erwartungsgemäß geringer als in den letzten Jahren. Das tut der Länge des Tages allerdings keinen Abbruch, denn der ein oder andere Termin weniger verschafft Raum für intensivere Gespräche.“
Sascha Becker, Managing Director, Head of Real Estate Germany, Barings: „Die allgemeine Stimmung auf der Messe war sehr positiv und geprägt von Zuversicht und Vertrauen in den deutschen Markt. Eines der Hauptthemen war sicher ESG und das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch viele Jahre so bleiben.“
Immobiliendienstleister
Dirk Tönges, Managing Director MVGM Germany: „Weniger ist manchmal mehr – weniger Hektik, mehr Raum für Qualität und Intensität. Es war in jedem Fall total erfrischend, nach fast zwei Jahren Online-Gesprächen Menschen wieder in die Augen schauen zu können. Persönliche Treffen sind eben doch einfacher und erfolgreicher. Einziger Nachteil dieses Jahr: Mit der Maske im Gesicht sahen alle gleich aus.“
Aart Zandbergen, Gründer und CEO, Reasult BV: „Die Digitalisierung scheint endlich in der Immobilienwirtschaft angekommen zu sein. Projektentwickler kehren Excel den Rücken und suchen zunehmend nach digitalen Lösungen zur Steuerung ihrer Projekte. Der Austausch mit unseren bestehenden und potenziellen Kunden war in diesem Jahr deutlich intensiver als in den Vorjahren – die Anzahl der Besucher dieser EXPO war geringer, deren Qualität nicht.“
Dr. Andreas Iding, Geschäftsführer, GOLDBECK Services GmbH: „Nach 2019 war es endlich mal wieder an der Zeit, dass die Branche zusammenkommt – und zwar live vor Ort. Zwar ließ sich der Einfluss der Pandemie auf die Messe erkennen, doch das hat dem Netzwerken keinen Abbruch getan. Wir spüren weiterhin keine Eintrübung des Marktes, ganz im Gegenteil. Die wertvollen Gespräche auf der diesjährigen EXPO waren geprägt von Innovationsdrang und der weiter voranschreitenden Digitalisierung. Dadurch öffnen sich der Branche immer wieder neue Türen – wir müssen uns nur trauen, diese zu durchlaufen, um den Weg für nachhaltige, intelligente Lösungen zu ebnen.“
PropTechs
Rudi Pistora, Head of Sales, PlanRadar: „Der Hunger nach Digitalisierungsstrategien, gerade nach den Herausforderungen der Covid-Pandemie, ist noch nicht gestillt. Vor allem im persönlichen Austausch, der bei der Expo Real endlich wieder stattfinden kann, wird dies deutlich. Dies deckt sich gut mit unserem Bestreben unsere Plattform stets auf die Bedürfnisse unserer Kunden anzupassen und weiterzuentwickeln. Auf der Messe selbst wird vor allem Interesse an den neuen Features unserer Lösung gezeigt, die wir live demonstrieren. Unser Feature Planvergleich sowie der BIM Viewer inklusive Walking Mode wurden dabei häufig zu Demonstrationszwecken angefragt.
Auch das Zeit- und Kostenmanagement bezogen auf die Bauplanung stand im Fokus der Messe. Ziele der Kunden sind das Vermeiden von zeitintensiver sowie unklarer Berichterstattungen. Deutlich wird, dass die Kunden vor allem ein Tool suchen, das flexibel einsetzbar und gleichzeitig benutzerfreundlich ist – 91 Prozent unserer Kunden geben uns dieses Feedback weiter.“
Alexandre Grellier, CEO und Gründer, Drooms: „Corona hat seine Spuren auf der Expo Real hinterlassen. Die Messe ist im Vergleich zu den Vorjahren deutlich ruhiger, es sind viel weniger Besucher vor Ort. Das macht die Expo allerdings von einer Massenveranstaltung zu einem überschaubaren, exklusiven Event. Es bleibt viel mehr Zeit für Gespräche und es gibt weniger Rumgehetze. Das neue Setup mit weniger Ständen macht die Messe luftiger und für die Teilnehmer angenehmer.
Das beherrschende Thema auf der Messe waren die neuen ESG -Anforderungen. Nachhaltigkeit ist europaweit der Top Trend in der Immobilienbranche – das hat schon unsere Drooms-Umfrage zu den Trends, Bedürfnissen und Herausforderungen in der Immobilienbranche im Frühjahr 2021 ergeben. Das Thema ist auch hier in aller Munde, auch wenn noch Unsicherheit herrscht, wie es effizient umzusetzen ist. Für mich steht fest: Geordnete und gepflegte Daten sind die Grundlage für ein aussagekräftiges ESG-Reporting. Denn ohne sie kann die Erfüllung von ESG-Kriterien nicht nachvollzogen und Geschäftsprozesse nicht transparent bewertet und skaliert werden.“
Milan Zahradnik, Gründer und CEO, Propster: „Wir sind positiv überrascht von der diesjährigen Expo Real. Das Interesse und die Nachfrage an Digitalisierungsthemen auf der Tech Alley, dem Ausstellungsbereich für Startups, ist immens. So konnten wir unser Netzwerk erweitern und erfreulicherweise bereits einige Projekte vor Ort abschließen. Man merkt, dass der persönliche Austausch mit der Branche und den Kolleginnen und Kollegen in den letzten eineinhalb Jahren gefehlt hat, weshalb wir uns umso mehr freuen, das nun nachholen zu können.“
Stefan Scheuerle, CEO, Sensorberg: „Es zeigt sich auf der diesjährigen Expo Real, dass unterschiedliche und auch wechselnde Immobilien- Nutzungsszenarien wie auch Mischnutzungen mehr an Bedeutung gewinnen. Seien es Co-Working Flächen in Industrieanlagen wie Self-Storages oder auch Mischnutzungen bei Wohn- und Büro-Immobilien, die meist auch in neueren Quartiersplanungen zu finden sind. Diese Entwicklung spricht in Bezug auf Digitalisierung daher für offene Plattformen, welche nutzungsübergreifend Mehrwerte generieren können.“