Trotz eines um fünf Prozent höheren Haushaltsvolumens schrumpft der finanzielle Spielraum des Infrastrukturministeriums drastisch – Ministerin Regina Kraushaar setzt auf gezielte Kofinanzierungen, Priorisierung und Strukturprüfung.
Die Sächsische Staatsregierung hat sich vergangene Woche auf einen Entwurf für den Landeshaushalt 2025/2026 verständigt. Für das neu aufgestellte Sächsische Staatsministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung (SMIL) stehen damit rund 4,4 Milliarden Euro zur Verfügung. Das entspricht einem Anstieg um fünf Prozent gegenüber dem letzten Doppelhaushalt. Doch trotz dieses Zuwachses ist der finanzielle Spielraum für eigenständige Schwerpunktsetzungen deutlich geschrumpft: Die frei verfügbaren Landesmittel haben sich nach Angaben von Staatsministerin Regina Kraushaar halbiert. Sie spricht von einem „harten Einschnitt“.
Wohnungsbau und Stadtentwicklung: Priorität für Kofinanzierungen
Trotz der angespannten Haushaltslage soll der soziale Wohnungsbau in Sachsen weiterhin stark gefördert werden. Möglich machen das erhöhte Zuweisungen des Bundes, die in Kombination mit Landesmitteln einen hohen Hebeleffekt erzielen. „Mit unserer Haushaltspolitik gelingt es, jeden eingesetzten Landeseuro mit dem Vierfachen an Wert zu vergolden“, sagt Regina Kraushaar. Erfreulich sei zudem, dass sämtliche Bundesmittel für die Städtebauförderung in vollem Umfang kofinanziert werden können. Auch Programme des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) laufen stabil weiter. Hingegen entfällt das Landesrückbauprogramm für Wohngebäude vollständig. Die Wohneigentumsförderung wird fortgesetzt, allerdings in reduziertem Umfang. Ähnlich verhält es sich mit den Landesprogrammen im Bereich Denkmalschutz, die mit rund acht Millionen Euro jährlich dennoch im Bundesvergleich solide ausgestattet bleiben.
Auch die Baukulturförderung – etwa über den Staatspreis für Baukultur – bleibt erhalten. Gleiches gilt für Programme wie „Ab in die Mitte“, die Stadtteilzentren und Innenstädte bei der Entwicklung und Anpassung unterstützen. Die Unterstützung der sächsischen Welterbestätten soll ebenfalls weitgehend fortgeführt werden.
Reaktionen aus der Immobilienwirtschaft: Zustimmung und Skepsis
Die Reaktionen aus der Immobilienwirtschaft fallen gemischt aus. Rüdiger Unger, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Sachsen (vdw Sachsen), lobt in einer Stellungnahme die Zielsetzung der Landesregierung: „Dass Sachsen weiterhin in den sozialen Wohnungsbau investiert und dabei Bundesmittel konsequent hebelt, ist richtig und wichtig.“ Kritik äußert er jedoch an den Einschnitten bei der Wohneigentumsförderung und dem Rückbau: „Gerade im ländlichen Raum bleiben damit wichtige Instrumente auf der Strecke.“
Ronny Kazyska, Immobilienökonom aus Dresden, sieht die mittelfristige Wirkung kritisch, sagt dem MDR: „Mit dem Fokus auf Förderkulissen bleibt zu befürchten, dass kleinteilige Investitionen gegenüber großen kofinanzierten Projekten an den Rand gedrängt werden. Das kann sich negativ auf Quartiersentwicklung und Eigentumsbildung auswirken.“
Christian Schlemper, Sprecher des ZIA – Zentraler Immobilien Ausschuss, Region Ost, begrüßt die Schwerpunktsetzung in der Immobilien Zeitung grundsätzlich, mahnt jedoch langfristige Verlässlichkeit an: „Es ist ein starkes Signal, dass Sachsen die Städtebauförderung voll kofinanziert. Entscheidend wird jedoch sein, ob Kommunen und Wohnungsunternehmen mit langfristiger Planungssicherheit rechnen können – das betrifft insbesondere Denkmalschutz und Eigentumsförderung.“
Mobilität: Schienenausbau verlangsamt – Straßenbau unter Druck
Im Verkehrsbereich liegt der Fokus in den kommenden beiden Jahren auf der Sicherung bereits eingeführter Leistungen. So bleibt die Finanzierung von Deutschlandticket und Bildungsticket gewährleistet, die Zahlungen für Ausbildungsverkehre werden dynamisiert. Im Gegenzug müssen Investitionen in den ÖPNV und in den Straßenbau eingeschränkt werden. Für den Straßen- und Brückenbau stehen 67,5 Millionen Euro zur Verfügung – rund 30 Millionen Euro weniger als ursprünglich für 2024 geplant. Die geplante Finanzierungsbeschränkung betrifft auch den Schienenverkehr: Die Projekte auf den Strecken (Leipzig–) Geithain–Chemnitz sowie Dresden–Bischofswerda (–Görlitz) werden in ihrem Planungsfortschritt ausgebremst.
Regina Kraushaar äußert sich deutlich: „Ich freue mich, dass es mir gelungen ist, im Landesamt für Straßenbau und Verkehr geringere Einsparungen durchzusetzen. Doch die Einschränkungen bei Straßen- und Schienenprojekten machen mir Sorgen. Denn Infrastruktur ist zwar nicht alles, aber ohne Infrastruktur ist alles nichts. Das erleben wir hautnah in Bad Schandau und Dresden.“ Sie kündigte an, sich für eine zielgerichtete Verwendung des angekündigten Bundes-Sondervermögens einzusetzen – insbesondere für den Erhalt von Brücken und Straßen.
Ländliche Entwicklung: Erhalt ja, Ausbau nein
In der ländlichen Entwicklung bleibt die LEADER-Förderung – trotz um zehn Prozent gekürzter Landes-Kofinanzierung – bestehen. Programme wie das Regionalbudget und die Verfahren der Ländlichen Neuordnung laufen auf vergleichbarem Niveau weiter. Neue Projektaufrufe im Programm RegioPlan sowie bei den Regionalen Initiativen sind allerdings nicht vorgesehen. Weitergeführt wird das Programm „Vitale Dorfkerne und Ortszentren im ländlichen Raum“, das sich in den letzten Jahren als wichtiger Baustein für die Belebung ländlicher Strukturen erwiesen hat.
Strukturentwicklung und Vermessungswesen: Zeitliche Streckung statt Streichung
Im Bereich der Landesentwicklung und des Vermessungswesens soll es keine vollständigen Kürzungen geben. Stattdessen werden Projekte priorisiert und zeitlich gestreckt. Der Fachbereich Strukturentwicklung bleibt – Stand heute – von Einsparungen verschont.
Regina Kraushaar betont den Gestaltungsanspruch ihres Hauses: „Mit dem Haushaltsentwurf wollen wir trotz erheblicher Sparzwänge Sachsen zukunftsfest machen. Wir wollen klug steuern und alle Potenziale nutzen – gemeinsam mit Bürgern, Kommunen, Vereinen, Kammern und Unternehmen.“ Gleichzeitig kündigte sie an, auch interne Strukturen des Ministeriums auf den Prüfstand zu stellen.
Der Sächsische Landtag wird voraussichtlich im Juni 2025 abschließend über den Doppelhaushalt entscheiden. Im vorangegangenen Doppelhaushalt 2023/2024 standen dem früheren Staatsministerium für Regionalentwicklung rund 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung. Hinzu kamen LEADER-Mittel in Höhe von 80 Millionen Euro. Für Verkehr und Straßenbau im damaligen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr waren rund 2,3 Milliarden Euro vorgesehen – ohne Berücksichtigung von Personal- oder Sondermitteln. Der neue SMIL-Haushalt vereint nun beide Ressorts – und damit auch die Herausforderungen.