Acht Jahre nach Inkrafttreten der als Mietpreisbremse bekannten Regelung zur Begrenzung von Wiedervermietungsmieten ist die Bilanz über ihre Wirkung laut dem Berliner Mieterverein nach wie vor ernüchternd. Ein Großteil der Vermieter ignoriere oder umgehe die im Gesetz verankerte Regelung, dass bei Abschluss eines neuen Mietvertrags die Miete im Grundsatz nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete betragen dürfe.
Besonders häufig überschreiten laut der Studie private Wohnungsunternehmen die zulässige Grenze. Nicht belegte Ausnahmen, Vermietungen auf Zeit sowie teilgewerbliche und möblierte Vermietung werden als Begründungen von Vermietern herangezogen, um die Mietpreisbremse zu umgehen.
Verstöße gegen Berliner Mietpreisbremse sind "beträchtlich"
„Erstmals wird durch unsere Untersuchung deutlich, welche Dimensionen bei der Nicht-Einhaltung einer Rechtsregelung sich auftun. Vermieter nutzen die Komplexität des Instruments für ihre Zwecke und verunsichern ihre Mieter teils mit bloßen Behauptungen“, sagt Wibke Werner, Geschäftsführerin im Berliner Mieterverein. Im Unterschied zu zahlreichen anderen Analysen wurden in der Studie des Berliner Mietervereins knapp 1.000 konkrete Fälle juristisch geprüft und ausgewertet. „Die erhobenen Verstöße im Rahmen der Studie sind beträchtlich, sowohl in ihrer Häufigkeit als auch bei der Höhe der Mietpreisüberschreitungen.“
Wichtige Ergebnisse der Studie
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen laut dem Berliner Mieterverein, dass massiv gegen die Mietpreisbremsenregelung verstoßen worden sei:
- Die Untersuchung verdeutliche demnach, dass Mieter für die Durchsetzung der Mietpreisbremse mindestens Rechtsberatung, häufig sogar die Begleitung durch einen Rechtsbeistand in Anspruch nehmen müssen.
- Von insgesamt 935 Überprüfungsfällen hätten 912 (98 Prozent) die nach Mietpreisbremsen-Gesetz zulässige Miethöhe überschritten.
- Bei etwa der Hälfte aller Fälle hätten die Überschreitungen bei mehr als 50 Prozent über der zulässigen Miethöhe gelegen.
- Am häufigsten hätten entsprechend der Studie private Wohnungsunternehmen die zulässige Miete überschritten: 66 Prozent der Prüffälle gingen auf Überschreitungen durch private Wohnungsunternehmen zurück, knapp 55 Prozent davon mit einer Überschreitung von über 50 Prozent. An zweiter Stelle stünden bei den Verstößen private Einzelvermieter mit einem Anteil von 30 Prozent, von denen mit rund 41 Prozent der Fälle eine Überschreitung über 50 Prozent darstellten.
- In nur 228 Fällen habe sich die Vermieterseite auf Ausnahmen berufen - von denen wiederum nur in 35 Fällen (15,4 Prozent) hinreichende Belege für die Ausnahmetatbestände vorgelegt werden konnten.
Missachtung der Mietpreisbremse ist gesetzeswidrig
„Der offenkundig nachlässige Umgang mit der Mietpreisbremse mündet nicht nur in steigende Wiedervermietungsmieten. Wir haben es hier mit gesetzeswidrig vereinbarten Mieten zu tun. Das Gesetz sieht jedoch keine Sanktionen vor, die Mieten gehen ungefiltert in die Erhebung zur Erstellung des Mietspiegels ein und beeinflussen so das Mietniveau des gesamten Berliner Wohnungsmarktes“, warnt Wibke Werner.
„Wir sind empört, dass die Politik seit Jahren zuschaut, wie die gesetzlich verankerte Mietpreisbremse umgangen wird und damit weit hinter den gewünschten Wirkeffekten in den angespannten Wohungsmärkten zurückbleibt.“
Wie kann man die Mietpreisbremse durchsetzen?
Währenddessen geht der Mietenanstieg in Berlin ungebremst weiter. Allein von 2021 auf 2022 haben sich die Angebotsmieten um neun Prozent auf nun 11,50 Euro pro Quadratmeter erhöht (IBB Wohnungsmarktbericht Berlin 2022). Seit 2012 sind die mittleren Angebotsmieten um 60,3 Prozent gestiegen. Der Berliner Mieterverein sieht entsprechend dringenden Handlungsbedarf und fordert:
- die Streichung der Ausnahmen von der Mietpreisbremse,
- die Sanktionierung von Verstößen,
- eine Erleichterung der Handhabung der Mietbpreisbremse und die Verlagerung derselben auf eine externe Durchsetzungsstelle,
- weitreichende Regelungen zu möblierter Vermietung, Vermietung auf Zeit sowie weiterer Umgehungsschlupflöcher,
- eine Reform des Paragrafen 5 im Wirtschaftsstrafgesetz (WiStrG), um Überschreitungen der zulässigen Wiedervermietungsmiete mit Bußgeldern zu ahnden und
- eine Öffnungsklausel durch den Bund, die den Ländern Kompetenz für die Einführung eines rechtssicheren und anwenderfreundlichen Instruments zur Regulierung der (Wiedervermietungs-)mieten einräumt.