Die Thüringer Wohnungswirtschaft schlägt Alarm. „Wenn wir jetzt nicht die mittelständische regionale Bauwirtschaft unterstützen, droht dort der Exitus im Wohnungsbau. Es sieht aktuell wirklich dramatisch aus“, sagt Frank Emrich, Verbandsdirektor des Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V. (vtw).
Das verdeutlichen die aktuellen Genehmigungs- und Fertigstellungszahlen insbesondere bei Mehrfamilienhäusern, die das Thüringer Landesamt für Statistik im November 2023 veröffentlicht hat. Und diese Zahlen würden laut vtw weiter sinken: Im November 2023 schätzten die Mitglieder des Verbandes ein, dass nur rund zwei Drittel der für 2024 geplanten Neubauten realisierbar seien. 2025 verringere sich dieser Anteil auf 44 Prozent. Zusätzlich werde rund ein Drittel der geplanten Modernisierungsmaßnahmen in der Qualität reduziert werden. Die Gründe dafür seien explodierende Baupreise und zu knappe Fördermittel. Zu dieser abnehmenden Tendenz neuer Wohnungen komme die Tatsache, dass jedes Jahr 1.000 Thüringer Sozialwohnungen verloren gingen (wenn sie aus der Preisbindung fallen).
Wohnungswirtschaft benötigt Investitionssicherheit
Gutes und bezahlbares Wohnen sei entsprechend akut gefährdet, ganz zu schweigen von Klimaneutralität in absehbarer Zeit. Die Wohnungswirtschaft benötige dringend Investitionssicherheit durch klare und vereinfachte Spielregeln. Die Richtlinie zur Wohnraumförderung müsse den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst und eine deutlich höhere Förderung des bezahlbaren Wohnens – pro neuer Wohnung und im gesamten Fördervolumen – zur Verfügung gestellt werden, um die aktuelle Entwicklung zu bremsen.
Passiere das nicht, werde die Wohnungsknappheit größer und die vorhandenen Wohnungen substanziell schlechter. Die Thüringer würden mehr Schwierigkeiten bekommen, guten und bezahlbaren Wohnraum zu finden, was den sozialen Frieden gefährde. Gerade die schwachen Mitglieder der Gesellschaft würden bereits jetzt häufig an die Grenzen geraten.
vtw fordert mehr Landeswohnraumförderung für Thüringen
Frank Emrich fordert deshalb: „Dauerhaft mindestens 150 Millionen Euro Landeswohnraumförderung pro Jahr, die Absicherung der Bundeszuschüsse für Thüringen durch Haushaltsmittel von mindestens 20 Millionen Euro in 2024 und die Stärkung des Wohnungsbauvermögens – einem klugen Instrument aus 2012, um das uns Nachbarländer schon lange beneiden. Außerdem brauchen wir auf Bundesebene Zinszuschüsse, um Darlehen mit einem Prozent Nominalzins zu ermöglichen. Nur so wird das Ziel der klimaneutralen Gebäude unterstützt.“
Thüringens Baugewerbe bestätigt düstere Zukunftsaussichten
Gegenüber der dpa bestätigte der Hauptgeschäftsführer des Thüringer Handwerkstags, Thomas Malcherek, die verhaltenen Zukunftsaussichten. Demnach mache er sich für 2024 vor allem Sorgen um den Bereich des Bauhandwerks, zu dem in Thüringen etwa jeder vierte Betrieb gehöre. Die Neubauprojekte von privaten und gewerblichen Auftraggebern sowie Projektentwicklern seien dramatisch gesunken ebenso wie die Zahl der Baugenehmigungen. Folglich müssten steuerliche Anreize für den Wohnungsbau her, damit Investoren wieder mehr Geld in den Kauf und die Modernisierung von Mehrfamilienhäusern stecken.